Das Öl, die Macht und Zeichen der Hoffnung. Klaus Stieglitz
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СКАЧАТЬ auf schlechtes Wasser zurückgeführt. Als Grund vermuteten die Menschen Abfälle aus der Ölindustrie. Dort würden Chemikalien zum Einsatz kommen und wohl einfach in die Umwelt entsorgt. Genaues wisse man aber nicht. Die Kontaktleute richten einen fast verzweifelten Appell an uns. Sie hätten weder Mittel noch Möglichkeiten, Untersuchungen anzustellen und Beweise zu erbringen. Aber Hoffnungszeichen müsse doch von Deutschland aus etwas ausrichten können?

      *

      Bei Hoffnungszeichen sind die Mitarbeiter des Sudan-Projekts genauso alarmiert. Wasser ist das große und übergreifende Thema vieler Menschenrechtler in dieser Zeit. Am 23. Dezember 2003 hat die 58. Generalversammlung der Vereinten Nationen die zehn Jahre dauernde Internationale Aktionsdekade »Wasser für das Leben« ausgerufen.1 Sie begann am Weltwassertag, dem 22. März 2005, und endete am 22. März 2015.2 In diesem Zeitraum sollen weltweit Entscheidungsträger und die breite Öffentlichkeit für Wasserthemen sensibilisiert und darauf hingewirkt werden, dass bereits eingegangene Verpflichtungen umgesetzt werden.3 Bis 2015 soll die Anzahl der Menschen, die keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser und zu angemessener sanitärer Versorgung haben, halbiert werden.4 Nicht nachhaltige Wassernutzungsformen sollen beendet werden.5

      Noch ist das Recht auf sauberes Trinkwasser nicht verbrieftes Recht. Die Weltgemeinschaft arbeitet allerdings mit zunehmender Kenntnis der bestehenden Notlagen und der immer absehbareren dramatischen Folgen daran. Für Menschenrechtsaktivisten wie Hoffnungszeichen steht außer Frage, dass es ein Menschenrecht auf sauberes Wasser gibt.

      Was wir von Hoffnungszeichen im Sudan vorfinden werden ist ungewiss. Vielleicht sind es nur Gerüchte, das kam schon vor. Allerdings bewertet unser Kontaktmann, dessen Urteil unser volles Vertrauen genießt, die Situation als sehr ernst. Deshalb gibt es nur eine richtige Entscheidung: Wir müssen den Befürchtungen auf den Grund gehen. Aber wie? Man könnte nach den möglichen Quellen von Verunreinigungen suchen und Proben nehmen. Unsere nächste Menschenrechtserkundungsreise in den Sudan ist schon in Vorbereitung, die Ölfördergebiete stehen nun auch auf dem Reiseplan. Die Entnahme von Wasserproben ist Neuland für Hoffnungszeichen, aber auch hier gilt: Was sich praktisch umsetzen lässt, wird gemacht.

      Der erste Schritt erfordert keinen großen Aufwand: Klaus Stieglitz ist mit dem Mitarbeiter eines Wasserlabors in der Nähe des Bodensee befreundet. Von seinem Freund lässt er sich zeigen, wie Wasserproben zu nehmen, Schnelltests durchzuführen und die Proben für eine Laboruntersuchung zu präparieren sind. In einem anderen Labor am Bodensee sollen auch die notwendigen weiteren Analysen durchgeführt werden. Probenbehälter werden zur Verfügung gestellt, Formulare für die anstehenden Probennahmen entworfen.

      → Exkurs: Der Süden lernt,

      seine Interessen wahrzunehmen

      Anders als der chaotische Gesamteindruck des zerrissenen Landes mit all seinen widerstreitenden Kräften und Interessen vermuten lässt, gibt es auch im Sudan klar definierte Leitsätze für den Umgang mit den Ölvorkommen und ihrer sozial- und umweltverträglichen Nutzung. Von mangelnder Kenntnis des Gefährdungspotenzials kann keine Rede sein.

      Die streitenden Parteien des Bürgerkriegs hatten im Verlauf der Friedensverhandlungen bereits im Januar 2004 bei ihrem Treffen in Kenia festgelegt, dass bei der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen Nachhaltigkeitsstandards zu beachten seien. Das am 7. Januar 2004 im kenianischen Navaisha unterzeichnete Grundsatzprotokoll wurde als Kapitel III Bestandteil des Umfassenden Friedensabkommens von 2005.6 Konkret formulierten die Parteien unter Punkt III. 1.10 des Protokolls über die Teilung des Wohlstands als Leitprinzip für den verantwortungsvollen Umgang mit vorhandenen Ressourcen, »… dass die am besten bekannten Methoden bei der nachhaltigen Nutzung und der Kontrolle der natürlichen Ressourcen befolgt werden sollen«.7 Das heißt nichts anderes, als dass bei der Ausbeute der natürlichen Ressourcen des Landes internationale Standards eingehalten werden sollen.

      Die Grundsätze für die Nutzung der Ölvorkommen werden in Unterpunkt 3 dieses Protokolls gesondert ausgeführt. In Bezug auf die Umwelt- und soziale Verträglichkeit der Ölförderung werden klare Vorgaben gemacht. Vertreter von Regierung und Rebellen waren sich demnach zu diesem Zeitpunkt voll bewusst, dass die Ölförderung mit besonderen Eingriffen in Natur, Umwelt und Lebensraum von Mensch und Tier verbunden ist, die es zu gewärtigen gilt. Nationales Interesse und öffentliches Wohl werden zwar als erstes der zu beachtenden Interessen bei der Erschließung und Förderung von Öl benannt,8 gleichrangig danebengestellt werden aber die Interessen der betroffenen Regionen9 und die Interessen der lokalen Bevölkerung.10 Abschließend enthält die Aufzählung der für alle weiteren Entscheidungen maßgeblichen Voraussetzungen die Einhaltung der nationalen Umweltvorschriften, der Richtlinien für die Erhaltung der Biodiversität und der Prinzipien für den Schutz des kulturellen Erbes.11 Zugleich wird eine paritätisch besetzte National Petroleum Commission (NPC) ins Leben gerufen, die unter anderem beauftragt ist, ein an den oben genannten Punkten ausgerichtetes Regelwerk für die Ölindustrie zu erschaffen.12 Ausschließlich diese NPC soll in Zukunft Verträge mit Ölförderern aushandeln.

      Zumindest auf dem Papier endet damit die Zeit, in der die Bewohner des Südsudan Verfügungsmasse des Nordens waren, die nach Bedarf benutzt, vertrieben oder ausgemerzt wurde. Noch bis ins Jahr 2003 hinein kam es trotz diverser Waffenstillstandsabkommen immer wieder zu Kampfhandlungen zwischen Regierungstruppen und Rebellen sowie massiven Übergriffen gegen die Zivilbevölkerung. Grund war zum einen die Absicht, die Kontrolle über die Ölquellen zu behalten beziehungsweise zu erlangen, maßgeblich auf Regierungsseite war jedoch, ihren vor Ort aktiven Vertragspartnern ungestörtes Arbeiten zu ermöglichen. Bereits seit 1999 berichteten Menschenrechtsorganisationen immer wieder von Angriffen auf die Zivilbevölkerung, um sie aus dem Einzugsbereich der Ölquellen zu vertreiben.13 Mit Unterbrechungen gelang es den Ölsuchern mit dieser Art von Unterstützung, trotz des Bürgerkriegs ihre Probebohrungen fortzusetzen und Ölquellen zu erschließen.

      Das Comprehensive Peace Agreement (CPA) macht nun erstmals die Südsudanesen zu gleichberechtigten Partnern. Vertreter der Rebellenpartei erhalten volle Einsicht in die bestehenden Verträge mit Ölförderfirmen und werden mandatiert, zur Beurteilung der Auswirkungen dieser Verträge technische Experten zu beauftragen.14 Besonders hervorgehoben wird dabei die Evaluierung der bereits vorhandenen Auswirkungen. Die Vereinbarungen bleiben auch nicht Tinte auf geduldigem Papier: Im Jahr 2006 überträgt die Sudan People’s Liberation Army (SPLA) norwegischen Experten die Erstellung eines Gutachtens über die bisherigen Auswirkungen der Ölförderung im Südsudan und die sich daraus ergebenden Folgerungen für den zu erwartenden weiteren Ausbau der Ölindustrie.15

      In den Jahren 2007 und 2008 bereist ein Team des Norwegian Directorate for Nature Management den Sudan. Nach Gesprächen mit Regierungsvertretern und Offiziellen in Khartum und Juba besuchen die Experten vorhandene Industrieanlagen und Entsorgungsanlagen, um sich vor Ort ein Bild von den Auswirkungen und Herausforderungen der Erschließung und Förderung von Öl im Südsudan zu machen. Maßstab für die Evaluation sind die geltenden internationalen Standards, die Erfahrung im Umgang mit den bekannten Risiken in anderen Ländern mit vergleichbarer On-shore-Ölförderung und die besonderen Bedingungen vor Ort. Probenentnahmen von Wasser, Boden oder lebenden Organismen aus dem Umfeld der Ölbohr- und Förderanlagen finden kaum statt. Das Verfahren ist üblich: Das Ergebnis der Evaluation zielt zunächst darauf ab, den Rahmen aufzuzeigen, aus dem dann die weiteren, konkreten Maßnahmen abzuleiten sind: ein Anfang, mitten in der schon fortgeschrittenen Erschließung des Öls im Südsudan.

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      Am 6. Februar 2008 brechen zwei Mitarbeiter von Hoffnungszeichen zu einer 10-tägigen Reise in den Südsudan auf. Begleitet werden wir von zwei einflussreichen Journalisten. Einer ist Kenianer und arbeitet für die Nachrichtenagentur »AFP« (Agence France Presse). Er stößt in Nairobi zu unserer Reisegruppe. Das »AFP«-Büro in Nairobi ist gut besetzt und interessiert sich sehr für den Südsudan. Der »AFP«-Mitarbeiter wird nach dieser Reise eine Reihe von Berichten absetzen, СКАЧАТЬ