Sternentage. Frank Westermann
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Название: Sternentage

Автор: Frank Westermann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Andere Welten

isbn: 9783862871827

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СКАЧАТЬ Luckys Erklärung für das Phänomen und ich hatte keinen Grund daran zu zweifeln. Trotzdem blieben eine Menge Fragen offen:

      Wurden alle, die den Übergang in die Stammeswelt mitgemacht hatten, irgendwann wieder in die alte Realität zurückversetzt?

      Wenn ja, was geschah dann mit den Doppelidentitäten? Ich hatte immerhin Flie und Winnie in zwei Realitäten erlebt.

      Oder waren Lucky und ich besondere Fälle, wobei bei mir der starke Wunsch nach einem Handeln in sozialen und politischen Zusammenhängen eine Rolle gespielt hatte?

      Diese und andere Fragen hätte uns höchstens ein Beobachter beantworten können und sowohl der erste als auch Adlerauge hatten ihre Mission beendet. Ich bezweifelte allerdings, ob wir selbst mit Hilfe eines Beobachters imstande waren, dieses Zusammenspiel von anscheinend subjektiven und objektiven Realitäten zu erfassen. Aus Gründen unserer eingeengten Sozialisation waren wir bestimmt zu verkorkst, um sowas verstehen zu können.

      Mir hatten ja schon Traumschwesters Erklärungen erhebliche Schwierigkeiten bereitet.

      Ein weiteres Problem war für mich die Aufarbeitung der Zeit, die ich auf den Südlichen Inseln verbracht hatte.

      Dort hatte ich zwar zum ersten Mal das Gefühl gehabt, mich nicht nur für mich sinnvoll politisch und persönlich zu engagieren, aber das unrühmliche Ende dieser Phase steckte mir doch sehr in den Knochen. Wie hatte es nur so schnell zum Abbruch jeglicher verbindlichen Beziehungen kommen können? Die Gruppe war unter dem Repressionsdruck von außen und den starken inneren Spannungen wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen. Nach Lercs Tod und dem Abbruch der Beziehung zu Jenka hatte ich mich gefühlt wie ein einsames Blatt im Wind und wusste weder aus noch ein. Lucky hatte da ein paar gute Gedanken, die mich auf die Spur meiner Unzufriedenheit brachten.

      »Vielleicht haben euch die Anfangserfolge ein ganz falsches Bild von eurer Gruppe geliefert«, meinte er. »Ihr wart nie die militanten Kämpfer, die ihr sein wolltet, auch wenn ihr euch das so lange eingeredet habt. Als dann die ersten Misserfolge eintraten, konntet ihr die Zerstörung dieses Bildes nicht verkraften.«

      »Genau«, stimmte ich ihm zu. »Vor allem, weil wir die Misserfolge nicht verarbeiten konnten. Wir hatten kaum jemals über uns persönlich geredet, so dass die miese äußere Situation nur zu einer noch mieseren inneren führte. So kam es dann auch zu den Verzweiflungstaten von Lerc oder Hancos. Das waren ja totale Alleingänge, weil niemand vom anderen wusste, wie er oder sie sich fühlte.«

      »Tja, und genau so ein Alleingang war dein Rückzug auch. Wahrscheinlich wärst du hinter deinen Büchern verstaubt, wenn du mit Jungos Hilfe nicht auf Pantar gestoßen wärst.«

      »Ein sehr nettes Bild«, knirschte ich missmutig. »Aber es passt wohl ganz gut. Was mir noch wichtig erscheint, ist, dass ich trotz aller Zusammenhänge nie ein so starkes Selbstbewusstsein entwickelt hatte, dass ich mich über Wasser halten konnte. Ich habe mich vielen in der Gruppe nie ebenbürtig gefühlt und meine Beziehung zu Jenka war zum Schluss doch sehr von Eifersucht und Selbstmitleid geprägt gewesen. Wahrscheinlich habe ich mich immer zu sehr an andere Leute rangehängt, in der Stammeswelt waren es Willoc, Adlerauge und Traumschwester und auf den Inseln Lerc und die Gruppe. Klar, es ist wohl gut, solche Freunde zu haben, aber man darf nicht von ihnen abhängig sein, in so Beziehungskisten merkt man das ja besonders.«

      »Leicht gesagt«, gab Lucky zu bedenken. »Aber schaff diese Gratwanderung erstmal. Hast du schon mal einen total unabhängigen Menschen erlebt, der nicht eifersüchtig oder deprimiert werden kann? Dazu sind die gesellschaftlichen Zustände doch auch wieder viel zu schlecht. Wahrscheinlich packt man das nur, wenn man erlebt hat, dass man sehr viel Vertrauen zu sich selbst haben kann, und dass einen die Repression von außen nicht fertigmachen kann.«

      »Na, das ist ja schon bald eine Idealvorstellung: du kannst doch sehen, wie immer wieder alles auseinandergefallen ist: das Camp, die Wohngemeinschaft, die Gruppe, Change ... Letzten Endes sind die Herrschenden immer nur etwas angekratzt worden und wir mussten aufstecken.«

      »Du spinnst doch!« protestierte Lucky. »Du hast doch erst den Anfang einer Revolte miterlebt. Und nur, weil eure Gruppe auseinandergefallen ist, kannst du doch nicht urteilen, dass alles schlecht war. Wie ich das in den letzten Tagen, nachdem ihr mich rausgeholt habt, in den Nachrichten mitgekriegt habe, lief bei weitem nicht alles so, wie die Herrschenden es sich vorstellten. Zumindest war es eine ganz schön explosive Situation.«

      »Stimmt ja«, gab ich zu. »Manchmal gehe ich da wohl wirklich etwas zu sehr von mir aus. Ist irgendwie auch so ein blöder Pessimismus. Obwohl ich ja durchaus Anderes erlebt habe. Zum Beispiel in der Geld-Stadt. Da haben es die Leute wirklich geschafft, weil sie eine viel breitere Basis hatten. Da gab's massenhaft Streiks und Sabotage ... In Neu- Ing oder auf den Inseln hatte ich immer den Eindruck, dass die meisten Leute entweder durch die Medien so total verblödet sind oder zu eingeschüchtert. Außerdem war dieser ganze Widerstand immer so zersplittert.«

      »Sag mal, was willst du eigentlich mit deiner Rückschau erreichen?«

      »Tja, ich denke doch, dass ich mir über einiges klar werden kann. Jetzt hab ich doch Zeit, mal über alles nachzudenken. Vielleicht krieg ich ja was raus, was mich weiterbringt. Sonst macht man ja immer die gleichen Fehler nochmal.«

      »Aber grübel nicht zu viel! Ob du etwas gelernt hast, wird sich erst in der Praxis zeigen. Ich glaube, das Denken allein hält einen nicht von Fehlern ab.«

      »Du hast gut reden«, warf ich ihm vor. »Wo soll denn hier die Praxis herkommen. Außer dir sind weder Leute da, mit denen ich was auf die Beine stellen könnte, noch ist die Umgebung dazu angetan, mich sonderlich zu aktivieren.«

      Lucky sagte nichts weiter dazu.

      Unser anfänglicher Elan, was die Kurzos betraf, ließ allmählich immer weiter nach. Wir schafften es einfach nicht, an sie ranzukommen. Auch die wiederholte Nutzung des Archivs führte uns in dieser Hinsicht nicht wesentlich weiter. Sicher gab es einen Weg, aber uns fiel nicht viel mehr ein, als zu versuchen, die Kurzos auf bestimmte Sachen anzusprechen. Das misslang meist kläglich angesichts ihrer Wortkargheit. Alles blieb oberflächlich und unbefriedigend, so dass wir bald ganz aufsteckten. Umso isolierter fühlten wir uns natürlich. Die Hilflosigkeit, unsere merkwürdige, technische Umgebung genügend zu begreifen, kam noch dazu.

      Wir verbrachten deshalb viele Stunden zusammen an den Außenbildschirmen, beobachteten fasziniert die Sterne oder das, was die Kurzos Grauzone nannten, wenn sich das Raumschiff mit Überlichtgeschwindigkeit fortbewegte. Aus diesen Situationen entstanden meist unsere tieferen, »philosophischen« Gespräche, bis uns auch diese nicht mehr weiterbrachten, außer dass wir uns gegenseitig mehr kennenlernten. Und das war ja auch schon eine ganze Menge.

      Was Lucky betraf, entwickelte er mit der Zeit ein ungewöhnliches Interesse an der technischen Seite unseres Abenteuers.

      Es beschäftigte sich mit der Art des Schiffsantriebs und ließ sich hartnäckig alle möglichen Details von den Kurzos erläutern. Ja, er machte sogar regelrechte Schulungskurse mit, um wenigstens theoretisch einige Geheimnisse der Kurzo-Technik und Wissenschaft zu entschleiern. Ich wunderte mich nicht wenig über seine sonderbare Leidenschaft, kannte ich ihn doch mehr als lustigen Bücherwurm aus seiner Bibliothekszeit. Ich nahm an, dass ihn seine vorangegangenen Erlebnisse auf diese Weise verändert hatten.

      Ich selbst kümmerte mich eine Zeit lang ausgiebig um das Archiv, um meine Neugier zu befriedigen. Der Computer stellte sich als wesentlich kooperationsbereiter als die Kurzos raus. Ich interessierte mich für alles und nichts und wusste oft nicht, wo ich mit fragen anfangen sollte. Als hauptsächliche Bildschirmlektüre diente mir das schon erwähnte СКАЧАТЬ