Verlogen, dumm und unverschämt. Christof Wackernagel
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Название: Verlogen, dumm und unverschämt

Автор: Christof Wackernagel

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Essay-Reihe

isbn: 9783944369518

isbn:

СКАЧАТЬ in meiner spezialzelle ist alles extra regelbar von außen – daß sie es nicht machen, ist begründet in dem versuch, mich zur mitarbeit am überwachungs- und kontrollsystem zu zwingen (sparen sich ja einen kontrollgang, wenn ich mich selber melde bei ihnen): zur zusammenarbeit.

      die alternative, vor der man hier steht, könnte wirklich das paradebeispiel aus dem lehrbuch für »behavior modefication« sein: entweder du arbeitest freiwillig am projekt der zerstörung deiner identität mit und kriegst dafür sofort äußerliche erleichterungen, oder du verweigerst es und kannst nicht mal mit grundrechten rechnen.

      da ich es aus diesen gründen strikt ablehne, mir licht zu »erbitten«, bin ich gezwungen, meist stehend am fenster zu lesen oder mir eine art stehpult aus dem stuhl und der schranktür auf dem tisch zu bauen, damit die schreibmaschine so steht, daß man lesen kann, was man schreibt.

      inzwischen machen sie, wenn sie sehen oder hören, daß ich schreibe – und manchmal sogar schon, als ich zeitung las – ab und zu von alleine das licht an: fürsorgliche belagerung …

      aber das reicht alles noch nicht aus, um »ausreichende sicherheit bei der verwahrung eines gefährlichen terroristen zu gewährleisten«, es sind zwar schon speziell gegen mich gerichtete maßnahmen, aber sie ergeben sich alle aus der struktur frankenthal und deren spitze »verrücktenstation«, lassen sich einfach oder durch optimierung des vorhandenen durchziehen. alles bisher geschriebene bildet zusammengenommen nur die basis für das, was dann wirklich noch speziell gegen mich durchgezogen wird, die dafür »notwendige« spannung und atmosphäre, das richtige verhältnis gefangener/bewacher herstellen soll, und auch tut.

      als da sind:

      – unterbringung auf der suizidstation trotz gegenteiligen beschlusses des haftrichters.

      – 129 a, »normalvollzug«: also alle für uns üblichen kisten von lochblech/fliegengitter über tägliche razzia bis zur trennscheibe bei besuchen, zähl ich nicht alles noch mal auf, weil es bekannt und gleichgeschaltet ist, darf man nur zwecks überblick nicht vergessen.

      – unberechenbarer zustand: »das verfahren« (der haftbedingungen) »ist für die häftlinge nicht mehr kalkulierbar« (ba-wü jumi eyrich) – ein paar »verfahrens«beispiele, um diesen zustand herzustellen:

      – leeres glas, bei dem ich mühsam den aufkleber weggekratzt hatte, damit es schön neutral und »eigen« aussieht, plötzlich wegnehmen, nachdem ich jahrelang kaffee oder haferflocken etc. darin aufbewahrt hatte. = »verboten bei uns«, könne ja »neues kaufen« (und wieder paar monate behalten und dann irgendwann, wenns einem paßt, weggenommen kriegen)

      – ebenfalls nach monaten plötzlich shampoo rausnehmen und nur beim duschen rausrücken = »verboten«

      – oder auch, nachdem sie wochenlang rumlagen: ersatzbatterien rausnehmen = »nicht gestattet«

      – oder auch tagesweise ändern: ersatztauchsieder rein und wieder raus, je nach bewacher

      – reinschauen in die olg-kontrollierte post

      – wegnehmen großer briefumschläge

      – schwankende essenszeiten, vor allem abends, wo zeitung und (wenn) post kommt, zwischen 15:30 und 18:30, bis zu 3/4 stunden nach den anderen oder zwei stunden vor ihnen – und neben der erhöhten abhängigkeit und demonstration der willkürlichen verfügbarkeit, die mit sowas hergestellt werden soll – für jeden furz brauchst du die typen –, hast du im lauf der zeit bei jedem zurückkommen vom hof, wenn sie ihre razzia gemacht haben, das angespannte gefühl, was wohl jetzt wieder ist, ob vielleicht radio oder schreibmaschine mal wieder zur »überprüfung« wegmüssen (2 wochen – das radio ist plombiert!), ob vielleicht die schere zu groß ist, die postkarten nicht »vorschriftsmäßig« an dem dafür vorgesehenen brett hängen, sondern zuviel wand verdecken oder ob vielleicht heut mal wieder »zuviel« bücher gezählt worden sind (mal wird der kalender mitgezählt oder ein minireclambuch, mal nicht …) oder »zuviel« aktenordner – alles originalbeispiele.

      eines der subtilsten und garantiert wirksamsten beispiele dieser form von psychologischer kriegsführung im wahren sinne des wortes ist noch folgendes:

      – türschloß »nachprüfen«: plötzlich dreht sich der Schlüssel in der tür, das ebenso bekannte wie hässliche und aufregende geräusch. da es aber außerhalb der essenszeiten ist (bei denen auch alles andere normale wie post etc. erledigt wird), sofort erhöhte alarmbereitschaft, starker adrenalinstoß: im besten falle könnte es ein unerwarteter (anwalts) besuch sein, zu rechnen ist aber meist mit irgendeiner normalerweise unangenehmen auseinansetzung mit anstaltsleitung oder deren adlati, und im negativsten fall stehen nach so einem schlüsselrumdrehn draußen acht mann vom bka und wollen »fingerabdrücke« unter zuhilfenahme von besenstangen, knien in weichteilen, haare ausreißen, kopf auf den boden schlagen und spitziges unter die fingernägel: wenn dir das zweimal passiert ist, ist der adrenalinstoß nicht mehr abzustellen, vor einiger zeit war dann auch mal wieder das bka da, ging zwar sofort wieder, aber als erinnerung reicht’s.

      – offen willkürliche(s) demütigung/unterwerfungsritual:

      nach einer beschwerde über ein an den arsch gefaßt werden beim abtasten und einem antrag, die abtasterei ganz wegzulassen: anordnung, jedesmal ganz ausziehen, und zwar zum einzelhofgang, der von vier mann überwacht wird, im hof des verwaltungsbaus stattfindet (also nebenbei von der halben belegschaft überwacht wird) und bei dem auch sämtliche drei türen währenddessen mindestens einmal überprüft werden, ob sie auch wirklich zu sind; außerdem sich die bewacher bei jeder runde an ein anderes fenster stellen, damit ich nicht berechnen kann, wo sie stehen, oder wenn ich sie am türfensterchen stehen sehe, (manchmal nicht rechtzeitig) wegtauchen – sich dazu vorher und nachher nackt ausziehen zu müssen, kommt in etwa dem verlangen gleich, in der hocke über den hof zu hüpfen und zu bellen

      – ich lehne das natürlich ab und habe seitdem keinen hofgang mehr.

      – ausziehen auch zum trennscheibenbesuch, der von lka und anstalt überwacht wird – inkonsequenterweise lehne ich die besuche nicht ab. ausziehen auch – ebenfalls vorher und nachher – bei ra-be-such im trennscheibenraum mit lochblech am fenster. kann ich nicht ablehnen.

      – isolation:

      ich hab noch keinen gefangenen außerhalb meiner zelle gesehen, gänge werden total evakuiert, kommt man vom einen in den anderen gang, rechtzeitig vorher stop, vorhut sichert die lage, verscheucht evtl. noch rumlaufende gefangene und erst wenn alles frei ist, kann ich kommen, selbst zur essensausgabe durch die klappe müssen die gefangenen inkl. hausarbeiter in die zellen.

      – die nebenzelle wird ständig umgelegt (einmal, nachdem ich extra beim besuch erwähnt hatte, daß ich mit dem nebenmann geredet hatte, weil ich wußte, daß er noch ein paar tage dort hätte bleiben müssen, wurde er am selben abend noch verlegt), im hof kann ich welche spazieren gehen sehen – der ansatz eines versuchs, mit mir zu reden, wird mit abbruchsandrohung beantwortet, meine zelle ist ja auch gleich am anfang, wo auch die bewacher stehen.

      – physische gewaltandrohung/übermachtdemonstration:

      4 mann, meist aber 5 oder 6, spitze waren bis jetzt 8 – acht – mann vor der tür im evakuierten gang, sobald ich den kleinen zeh aus der zelle setze, die alarmstufe eins ins gesicht geschrieben. sprechfunkgeräte umgehängt, sofort einer vor, je einer neben und einer hinter mir.

      – abtasten war dann meist auch von hinten, einer »sichert«, »strategisch plaziert«, den »fluchtweg« zum gang hin (20 meter weiter die nächste verschlossene tür). einer überwacht das ganze aus überblick habender position. in dieser marschordnung dann zum hof oder СКАЧАТЬ