Die Stimme. Bernhard Richter
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Название: Die Stimme

Автор: Bernhard Richter

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

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isbn: 9783894878207

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СКАЧАТЬ und Berechnungen zu diesem Phänomen 1825 veröffentlichte (Roget 1825). Der Begriff Stroboskopie ist aus dem Griechischen entlehnt (griech. strhóbos, »Wirbel, Sichdrehen«, u. skopeĩn, «betrachten, beobachten«). Einer der ersten Anwender des stroboskopischen Prinzips, Simon Ritter von Stampfer (1790–1864), prägte 1832 diesen Begriff, da er die Bewegungsdarstellung durch eine mit Schlitzen versehene Drehscheibe erzeugte, die sogenannte »Stroboscopische Scheibe von Prof. Stampfer«, auch als »Lebensrad« oder »optische Zauberscheibe« bezeichnet. Ein modernes Stroboskop erzeugt in sehr regelmäßiger zeitlicher Abfolge Lichtblitze. Wird ein bewegtes Objekt kurz beleuchtet, kann seine Bewegung in einzelnen Bildern dargestellt werden. Beim Verfahren der Laryngo-Stroboskopie wird die Blitzlichtbeleuchtung durch die Frequenz der Stimmlippenschwingungen gesteuert (»getriggert«), indem die Blitze im Vergleich zur Frequenz der Stimmlippenschwingungen immer etwas langsamer sind – sozusagen »hinterherhinken«. Dadurch entstehen Einzelbilder aus verschiedenen glottalen Zyklen, die zu einem virtuellen glottalen Zyklus zusammengesetzt werden (Abb. 63). Durch diese Technik wird deshalb immer nur ein geringer Ausschnitt der tatsächlichen Stimmlippenschwingungen dargestellt.

      Abb. 63: Einzelbilder einer Stimmlippenschwingung in der Stroboskopie mit »Randkantenverschiebung« des Epithels; Aufnahme mit Mediastroboskop der Fa. Atmos

      Gegenüber dem Verfahren der Stroboskopie bietet die Hochgeschwindigkeitsglottografie, wie sie mit einer Echtzeitkamera durchgeführt werden kann, die Möglichkeit der Aufnahme von mehreren Tausend Bildern pro Sekunde. Obwohl schon seit Ende der 1930er Jahre mit Hochgeschwindigkeitsaufnahmen experimentiert wird (Farnsworth 1940; Timcke 1958), hat diese Methode noch keinen Einzug in die klinische Routine gefunden (Wittenberg et al. 2005; Deliyski u. Hillmann 2010). Sie wird jedoch zunehmend in der stimmphysiologischen Grundlagenforschung angewendet (Echternach et al. 2010c). Für den klinischen Gebrauch sind bisher Geräte zugelassen, die, wie z. B. die HRES Endocam der Fa. Wolf, 4000 Bilder pro Sekunde aufnehmen können (Abb. 64). Dies bedeutet, dass bei einer Grundfrequenz von 100 Hz immerhin 40 Bilder und bei einer Grundfrequenz von 400 Hz noch 10 Bilder pro glottalem Zyklus für die weitere Auswertung zur Verfügung stehen. Gegenüber dem Verfahren der Stroboskopie, welches lediglich durch Einzelbilder aus verschiedenen glottalen Zyklen einen virtuellen glottalen Zyklus zusammensetzt, ermöglicht die Echtzeitkamera die wirkliche Betrachtung einzelner glottaler Zyklen, was gerade bei der Fragestellung der Registerübergänge mit schnellen glottalen Zyklusänderungen von entscheidender Bedeutung ist.

      Abb. 64: Bildschirmdarstellung der HRES Endocam (Fa. Wolf) mit Audiosignal, Kymografie, Flächenfunktion und Kontur des mittleren Trajektors

      Bei aller – durchaus berechtigten – Technikbegeisterung sollte man nicht vergessen, dass ein technisches Gerät immer nur so »schlau« sein kann, wie der Anwender, der es bedient. Es ist deswegen unabdingbar, dass neben den Möglichkeiten, die eine Technik bietet, immer auch zeitgleich ihre Limitationen mitbedacht werden. So bietet die Stroboskopie eine sehr gute visuelle Darstellung, die jedoch subjektiv mit viel Erfahrung interpretiert werden muss. Es sollte immer eine gleichberechtigte Wertigkeit von Hören, Sehen und eigenem Denken gewahrt bleiben. Für die korrekte Einordnung des endoskopischen Bildes in die funktionellen Aspekte der Stimmbildung müssen also über die optische Darstellung hinaus immer, sozusagen »zwingend«, der Klang der Stimme sowie die gesangliche und stimmliche Leistungsfähigkeit beurteilt werden.

      Immer wieder erlebt man in der stimmärztlichen Sprechstunde, dass Sänger, die wegen eines eigentlich banalen Infektes einen HNO-Arzt fern des Heimatortes aufsuchen – der sie nicht kennt und der manchmal wenig Erfahrung in der Betreuung von Sängern aufweist – nach einer laryngoskopischen Untersuchung zu hören bekommen: »Ihre Stimmlippen schließen nicht richtig«, oder schlimmer noch: »Sie haben ja Knötchen auf den Stimmlippen« (Richter 2011a). Sänger sind durch solche Äußerungen maximal zu verunsichern! Bei jeder fraglichen Schlussinsuffizienz gilt die Faustregel: Wenn im Stimmklang keine Behauchung zu hören ist, dann liegt auch keine Schlussinsuffizienz der Stimmlippen vor! Gründe für eine vermeintliche Schlussinsuffizienz gibt es mehrere. So ruft die Untersuchungssituation mit einer starren Optik durch den Mund durch die herausgezogene Zunge – und die Angst vor dem Würgereiz – nicht selten eine scheinbare Schlussinsuffizienz als Artefakt hervor, da zu leise und zu behaucht phoniert wird (Abb. 65a). Auch ist bei höheren Stimmen eine Lücke in den hinteren Abschnitten der Stimmlippen, ein sogenanntes posterior gap, als physiologisch anzusehen (Abb. 65b).

      Häufig ist auch eine terminologische Unschärfe in der Einteilung von gutartigen Stimmlippenveränderungen zu beobachten, indem alle Veränderungen unter der irreführenden Bezeichnung »Knötchen« subsumiert werden, obwohl echte Knötchen sehr selten sind (Kunduk u. McWhorter 2009).

      Abb. 65 a/b: Inkompletter SL-Schluss: a) bei zu leiser behauchter Phonation bedingt durch die herausgezogene Zunge und die Angst vor dem Würgereiz, b) posterior gap als physiologische Lücke im intercartilaginären Anteil v. a. bei hohen Stimmen (vgl. Kap. 2, S. 48)

      Abb. 66 a/b: Funktionelle Phonationsverdickungen a) kurz vor Stimmlippenschluss, b) Respirationsstellung

      Zudem ist es keinesfalls eine Rarität, dass bei professionellen СКАЧАТЬ