Mars. Asja Bakić
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Название: Mars

Автор: Asja Bakić

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: kurze form kf

isbn: 9783957324887

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СКАЧАТЬ in die Tiefe zog. Vorher hatten sie nicht gewusst, wie dieses Monster heißt, aber als sie den Brunnenbauer sahen, war ihnen alles klar. Das Monster hieß Zoran, und es war aus dem Wald herausgekommen. Es brauchte den See nicht mehr.

      4.

      »Mindestens achthundert Mark?«, fragte die Großmutter, als sie zurückkamen.

      »Das hat Zoran gesagt«, antwortete der Onkel. »Er hat gesagt, dass es sich nicht lohne, weniger als acht Meter in die Tiefe zu gehen. Und da viele Brunnen ausgetrocknet sind, wird man vermutlich noch tiefer graben müssen.«

      »Ich finde es seltsam, dass er so viel Arbeit hat und so schlecht lebt. Wofür verwendet er das viele Geld?«

      Der Onkel sagte nichts. Er wischte sich mit der Hand über die Stirn, er war ganz nass geschwitzt. Die Kinder gingen zum Haus ihrer Tante und setzten sich auf die Treppe. Sie warteten auf ihre Cousins und ihre Cousine und darauf, dass ihre Tante Kuchen mitbringen würde. Die Großmutter musste auf ihren Zuckerspiegel achten und deshalb buk sie zum großen Bedauern ihrer Enkelinnen keine Kuchen und Torten mehr. Die Mädchen warfen Steinchen auf die staubige Straße.

      »Was meint ihr, was für einen Schatz hat der Onkel wohl?«, fragte eine der Schwestern.

      »Einen großen Schatz!«, antwortete die jüngste Schwester.

      Mit ihren Armen beschrieb sie die genaue Größe.

      »Von hier bis zum Mond!«, fügte sie hinzu.

      »Da ist bestimmt viel Gold«, stellte die älteste Schwester fest und verfiel wieder in ihre Träumerei.

      Die Mädchen wollten gerade aufstehen und den Feldweg entlanglaufen, als die Verwandten eintrafen. Mittags wurde reichlich gegessen. Die Erwachsenen unterhielten sich über die Dürre und den neuen Brunnen. Die Großmutter und die Tante vereinbarten am Ende, nur einen Brunnen bohren zu lassen und sich die Kosten zu teilen.

      »Ich hoffe nur«, sagte die Oma, »dass Zoran Wasser findet. Manchmal kommt es mir so vor, als sei diese ganze Gegend ausgetrocknet. Als wäre das Wasser anderswohin geflüchtet.«

      »Es ist sicher irgendwohin geflüchtet, wo bessere Menschen leben«, sagte der Onkel und blickte in den Himmel.

      Zoran kam am nächsten Tag, um zu schauen, was es mit dem Wasser auf sich hatte. Er hatte zwei Lötdrähte in der Hand, die an einem Ende nach unten gebogen waren. Er nahm die Drähte an diesen improvisierten Griffen in beide Hände und begann, um den alten Brunnen der Großmutter zu laufen. Die Drähte reagierten schwach: Sie wichen nicht auseinander. Die Wasserader musste sich an einem anderen Ort befinden.

      Zoran lief herum und suchte nach Wasser. Die Kinder sahen ihm zu. Sie waren sich einig, dass sie ihn merkwürdig fanden und nicht mochten. Er wirkte auf sie unehrlich und abweisend. Schließlich wollten sie ihm nicht mehr zusehen und gingen in den Schuppen, setzten sich auf einige Holzscheite und unterhielten sich darüber, wie man ein Monster erkennt und entlarvt.

      »Vielleicht verändert sich sein Gesicht, wenn wir ihm diese Drähte wegnehmen«, sagte einer der Jungen.

      »Ich glaube, die haben nichts damit zu tun«, sagte eine seiner Cousinen. »Gestern hatte er sie nicht und trotzdem sah er genauso aus wie heute.«

      Während die Kinder im Schuppen beratschlagten, begleiteten die Erwachsenen mit besorgten Blicken den Brunnenbauer.

      »Hier! Hier werden wir bohren«, sagte Zoran nach einer Weile.

      Alle atmeten auf, nur die Kinder sahen sich gegenseitig besorgt an.

      »Was, wenn er anstelle von Wasser das Gold findet?«, fragten sie sich.

      5.

      Zoran sagte, dass er die alten Brunnen zuschütten würde, nachdem der neue gebohrt worden sei. Die Kinder wollten sich nicht mit Bohren beschäftigen, obwohl sie darin lustige sexuelle Konnotationen erkannten. Sie wussten, dass der Brunnenbauer einen speziellen Lastwagen mit einem Bohrer besaß und dass er Beton rühren und eine Wasserpumpe einbauen würde. Von all dem hatten ihnen die Erwachsenen erzählt.

      Während er die Bohrung vorbereitete, unterhielt sich Zoran mit den Erwachsenen über Politik (die neunziger Jahre hatten gerade begonnen). Über die Inflation (der Dinar war nie schwächer gewesen). Aber vor allem über das Verschwinden einiger alter Frauen aus dem Nachbardorf.

      »Keine von ihnen litt an Demenz«, sagte die Großmutter besorgt. »Es ist schon komisch, dass Frauen einfach so verschwinden.«

      »Sie lebten allein«, sagte der Onkel. »Ihre Kinder haben sich nicht um sie gekümmert, vielleicht sind sie ins Ausland gebracht worden.«

      »Oder ins Altersheim«, fügte die Tante hinzu.

      »Das ist merkwürdig«, sagte Zoran, »manchmal habe ich Angst, da ich auch allein lebe.«

      »Du bist jung, dich rührt niemand an«, beteuerte die Großmutter.

      Die Tante lachte.

      »Vielleicht haben sie das Wasser mitgenommen«, sagte sie.

      »Alles ist möglich«, sagte der Onkel. Doch er irrte sich. Einige Dinge waren keinesfalls möglich. Zum Beispiel war es unmöglich, dass Zoran plötzlich den Kindern sympathisch wurde. Die Kinder beobachteten ihn aufmerksam aus großer Entfernung.

      »Wir sollten ihm auflauern«, schlug die älteste Enkelin vor.

      Die anderen Kinder waren damit nicht einverstanden.

      »Er lebt zu weit weg, es ist besser, wenn wir ins Feld gehen und später Maiskolben braten.«

      Am Abend versammelten sich die Kinder um das Feuer und lachten und spielten. Sie hörten auf, über Zoran nachzudenken, sie beobachteten nicht mehr, was er tat.

      In der Nacht schleppte Zoran zwei Riesensäcke über ihren Hof. Zement? Bauschutt? Niemand konnte ihn sehen, alle schliefen. Die Kinder lagen aufgereiht wie ordentlich sortierte Zeitschriften – von der ersten bis zur letzten Nummer. Der Onkel war im Sessel eingeschlafen. Die Oma lag in ihrem Bett. Auch das benachbarte Ferienhaus lag im Dunkeln. Man konnte die Hand nicht vor Augen sehen. Es gab keine Hunde, die wegen Zoran hätten anschlagen können. Niemand hatte einen Hund, da hier niemand mehr wohnte. Wer hätte den Hund füttern sollen? Die Kinder hätten schon gewollt, aber Kinder wollen allerlei.

      Im Schutz der Smolućaer Nacht setzte Zoran seine Beschäftigung mit den Brunnen fort, die er am nächsten Tag zuschütten wollte. Er warf jeweils einen Sack in die beiden ausgetrockneten Brunnen. Eigentlich warf er sie nicht, nein – er ließ sie langsam an einem Seil bis zum Boden sinken. Bevor er begonnen hatte, sie herabzulassen, riss einer der Säcke ein wenig ein, doch man konnte nicht sehen, was sich darin befand. Er war leise, warf eine dünne Schicht Erde über beide Säcke, warf noch mehr Erde darauf und ging zurück nach Hause. Er stolperte kein einziges Mal, er kannte jedes Steinchen und jeden Hang – er war hier großgeworden, er kannte diese Gegend besser als alle anderen zusammen. Während er langsam den Hang nach oben ging, war er geistig völlig abwesend. Er dachte nicht über seine Kindheit nach. Er dachte nicht über seine Familie nach, nicht über seine Mutter und seinen Vater, die jeden Tag im Feld verbracht hatten. Sie pflegten, ihn in einem Fass zurückzulassen, oder sie banden ihn an СКАЧАТЬ