Deutsche Geschichte. Ricarda Huch
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Название: Deutsche Geschichte

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Sachbücher bei Null Papier

isbn: 9783962817725

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СКАЧАТЬ be­trach­te­te. Als je­mand die hei­li­ge Hil­de­gard von Bin­gen frag­te, wie sich die Be­vor­zu­gung des Adels in den Klös­tern mit den For­de­run­gen des Chris­ten­tums ver­tra­ge, sag­te sie: »Wer wür­de sein Vieh zu ei­ner Her­de und in ei­nem Stal­le ver­ei­ni­gen? Och­sen, Esel und Scha­fe?« Die Ver­mi­schung füh­re zum Hass, wenn Hoch­ge­bo­re­ne den Nied­rig­ge­bo­re­nen wei­chen müss­ten. Gott un­ter­schei­de das Volk auf Er­den, gleich­wie er im Him­mel En­gel, Erz­en­gel, Thro­ne, Herr­schaf­ten, Che­ru­bim und Se­ra­phim un­ter­schei­de. In spä­te­rer Zeit sag­te Eras­mus von Rot­ter­dam in Be­zug auf das Dom­ka­pi­tel von Straß­burg: »In dies Kol­leg hät­te Chris­tus ohne Dis­pens nicht auf­ge­nom­men wer­den kön­nen«, und ähn­lich ein jun­ger Ka­no­ni­ker um 1500: »Wenn heu­te der Herr auf Er­den wan­del­te, wür­de das Stift von St. Al­ban (in Mainz) ihn ab­wei­sen.« Es ist be­rech­net wor­den, dass von 900-1500 von 166 Erz­bi­schö­fen 134 edel­frei, 10 von Mi­nis­te­ri­al­a­del, 4 bür­ger­lich wa­ren. Hein­rich II. war nach Lud­wig dem From­men der ers­te Kai­ser, der ei­ni­ge Un­freie we­gen ih­rer Tüch­tig­keit zu Bi­schö­fen mach­te. Man muss zu­ge­ben, dass der Adel im frü­hen Mit­tel­al­ter die große Nach­fra­ge nach tüch­ti­gen Män­nern aus­gie­big be­frie­di­gen konn­te.

      Es fiel den Zeit­ge­nos­sen auf, dass un­ter den be­nach­bar­ten Völ­kern eine so stren­ge Tren­nung un­ter den Stän­den wie in Deutsch­land nicht be­ob­ach­tet wur­de. Der Oheim Fried­rich Bar­ba­ros­sas, Bi­schof Otto von Frei­sing, er­zählt von den lom­bar­di­schen Städ­ten, ih­rer Frei­heits­lie­be, ih­ren Kon­suln, die »zur Un­ter­drückung des Hoch­muts«, wie er sagt, aus je­dem Stan­de ge­wählt wur­den. Sie hal­ten es nicht für un­wür­dig, sagt er, an Jüng­lin­ge nie­de­ren Stan­des und Ar­bei­ter ver­ächt­li­cher, auch me­cha­ni­scher Ge­wer­be, wel­che an­de­re Völ­ker von den ed­le­ren und freie­ren Stu­di­en wie eine Pest fern­hal­ten, den Gür­tel der Rit­ter­schaft oder den Grad der Wür­den zu ver­lei­hen. Nicht ohne Be­wun­de­rung fügt er hin­zu, dass die lom­bar­di­schen Städ­te an Reich­tum und Macht über an­de­re Städ­te des Erd­krei­ses her­vor­ra­gen. Die Klös­ter der klu­nia­zen­si­schen Rich­tung, die von Wes­ten her ein­drang, mach­ten kei­nen Un­ter­schied zwi­schen den Stän­den.

      Der Stan­des­hoch­mut hat einen ver­ständ­li­chen Sinn, wenn die die­nen­de Schicht sich aus Kriegs­ge­fan­ge­nen zu­sam­men­setzt, aber schon mit dem 9. Jahr­hun­dert fin­gen die är­me­ren Frei­en an, in die Klas­se von Hö­ri­gen her­ab­zu­sin­ken, und die­ser Vor­gang nahm in den fol­gen­den Jahr­hun­der­ten zu. Es war ein Un­glück, für das an­fangs kaum ein ein­zel­ner ver­ant­wort­lich zu ma­chen war. Die Ur­sa­che lag haupt­säch­lich dar­in, dass sich vie­le klei­ne Bau­ern dem Kriegs­dienst, den die be­stän­di­gen Über­fäl­le durch feind­li­che Völ­ker er­for­der­ten, da­durch ent­zo­gen, dass sie ihr Gut geist­li­chen oder welt­li­chen Gro­ßen zu Le­hen auf­tru­gen und von die­sen ab­hän­gig wur­den. Auch ist es so, dass in Zei­ten der Na­tu­ral­wirt­schaft die Erde die Men­schen ent­we­der zu erb­li­chen Ei­gen­tü­mern oder zu Hö­ri­gen macht; sie ver­wach­sen so oder so mit dem Bo­den. Je­der große Grund­be­sit­zer trach­te­te da­nach, mög­lichst viel hö­ri­ge Leu­te zu be­kom­men, die den Bo­den be­bau­ten, und wenn er Stücke sei­nes Lan­des in Erb­pacht an Freie aus­tat, so er­leich­ter­te ihm die Ver­wal­tung und das Ge­richts­we­sen, sie in Ab­hän­gig­keit her­ab­zu­drücken. Nicht grund­sätz­lich, aber tat­säch­lich fie­len Ar­mut und Ab­hän­gig­keit meist zu­sam­men. Im 11. Jahr­hun­dert wur­den die be­deu­ten­de­ren Frei­en noch als zur Hul­di­gung des neu­er­wähl­ten Kö­nigs zu­ge­zo­gen er­wähnt; der freie, aber arme Bau­er nahm am Schick­sal des ar­men Hö­ri­gen teil. Die schwä­bi­schen Bau­ern, die zur­zeit Hein­richs IV. dem Ge­gen­kö­nig Ru­dolf, ih­rem Her­zog, zu­zo­gen, wur­den von den sie be­sie­gen­den Rit­tern ent­mannt, weil sie, ob­wohl freie Leu­te, als un­wür­di­ge Geg­ner an­ge­se­hen wur­den, nicht Fein­de, son­dern Knech­te, die ge­gen Her­ren die Waf­fen zu tra­gen wag­ten. Wie viel Gro­ßes auch der mit­tel­al­ter­li­che Adel in Deutsch­land ge­schaf­fen hat, sein Stan­des­hoch­mut, der zwi­schen Hoch­ge­bo­ren und Nied­rig­ge­bo­ren eine un­über­brück­ba­re Kluft schuf, wur­de Deutsch­land ver­derb­lich; er war die Ur­sa­che, dass sich im sel­ben Vol­ke zwei Völ­ker ge­gen­über­stan­den, die sich we­ni­ger ver­stan­den und mehr hass­ten als frem­de Völ­ker.

      Von den Tu­gen­den, mit de­ren Be­sitz der Adel sei­nen Herr­schafts­an­spruch recht­fer­tig­te, war Tap­fer­keit die vor­nehms­te. Sie war die selbst­ver­ständ­li­che Ei­gen­schaft des Ed­len. Rauf­lust war da­bei; aber es ge­hör­te dazu vor al­len Din­gen die Kraft, Ge­fah­ren nicht zu scheu­en und dem Tode furcht­los zu be­geg­nen. Ein über­schäu­men­des Kraft­ge­fühl er­zeug­te die Lust am zi­schen­den Schwert, am sau­sen­den Speer, Rausch des Blut­ver­gie­ßens, das Be­wusst­sein der Ehre, die stol­ze Hal­tung vor dem Fein­de, in To­des­qua­len. Tap­fer­keit flö­ßte so viel Ach­tung ein, dass sie auch den Feind, ja selbst den Ver­rä­ter lieb ma­chen konn­te. Den sla­wi­schen Prin­zen Gott­schalk, der auf die Nach­richt, dass sein Va­ter von ei­nem Sach­sen er­mor­det war, das Klos­ter ver­ließ, in dem er er­zo­gen war, und un­ter den Sach­sen wü­te­te, schon­te Her­zog Bern­hard von Sach­sen, in des­sen Hän­de er schließ­lich fiel, weil er sei­ne Tap­fer­keit be­wun­der­te, und entließ ihn un­ge­kränkt nach Eng­land. Nie ver­ga­ßen auch die Mön­che, die Ge­schich­te schrie­ben, Waf­fen­kämp­fe mit sicht­li­chem An­teil zu schil­dern. Tap­fe­re Ta­ten si­cher­ten un­ver­gäng­li­ches Erin­nern; von dem Sach­sen He­ri­ger, der als Ge­fan­ge­ner die Dä­nen in ein Moor führ­te, wo sie mit ihm un­ter­gin­gen, wur­de lan­ge ge­sun­gen und ge­sagt. Ein grie­chi­scher Schrift­stel­ler er­zählt uns die fol­gen­de Ge­schich­te von ei­nem Deut­schen, der wäh­rend des von Bar­ba­ros­sa un­ter­nom­me­nen Kreuz­zu­ges in der Nähe von Iko­ni­um hin­ter sei­nen Lands­leu­ten zu­rück­ge­blie­ben war. Er war von rie­si­gem Wuchs und un­ge­heu­rer Kraft und zog sein er­schöpf­tes Ross am Zau­me hin­ter sich her. Auf ein­mal er­schie­nen etwa fünf­zig is­ma­e­li­ti­sche Rei­ter, bil­de­ten einen Kreis um ihn und be­schos­sen ihn von al­len Sei­ten. Er deck­te sich mit sei­nem Schild und ging ver­gnüg­lich wei­ter, un­be­küm­mert um die feind­li­chen Ge­schos­se, als wäre er ein Fels. Als aber ei­ner der Rei­ter nä­her her­an­kam und mit dem Sä­bel auf ihn ein­hau­te, wur­de er un­ge­dul­dig, nahm sein Schwert und schlug mit ei­nem Hieb die Vor­der­fü­ße des feind­li­chen Pfer­des ab, als wä­ren es Gras­hal­me, dann spal­te­te er mit ei­nem zwei­ten nicht nur den Kopf, son­dern den gan­zen Ober­kör­per des Geg­ners, so­dass der­sel­be in zwei Hälf­ten aus­ein­an­der­fiel, und dass der Schnitt noch tief in den Rücken des Pfer­des ein­drang. »Wie ein Löwe, der sich auf sei­ne Kraft ver­lässt, zog er ge­mäch­lich wei­ter, ohne sei­nen Schritt zu be­schleu­ni­gen, und traf abends im La­ger sei­ner Lands­leu­te ein.« Of­fen­bar ent­zück­te den Grie­chen, wie hoch­mü­tig er sonst auf die Bar­ba­ren her­ab­sah, die gran­dio­se Na­tur­er­schei­nung sol­cher Rie­sen­lei­ber, in de­nen das Herz fried­lich schlägt, wäh­rend die Faust ver­nich­ten­de Schlä­ge aus­teilt. Das Be­wusst­sein über­le­ge­ner Kraft er­mög­lich­te dem Na­men­lo­sen, auf kah­ler Ebe­ne mit­ten durch die Schlacht zu schlen­dern, als tra­be er durch die Däm­me­rung sei­nes rau­schen­den Ei­chen­wal­des. Ähn­lich war der Thur­gau­er, der die Wil­zen und Ava­ren wie Gras auf der Wie­se mäh­te und wie СКАЧАТЬ