Deutsche Geschichte. Ricarda Huch
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Название: Deutsche Geschichte

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Sachbücher bei Null Papier

isbn: 9783962817725

isbn:

СКАЧАТЬ ein an­de­res Klos­ter zu ge­hen, und er wähl­te Or­bais in der Di­öze­se Sois­sons. Mit der Hef­tig­keit ei­nes auf­ge­stau­ten Ta­ten­dran­ges ver­tief­te er sich in die Schrif­ten des hei­li­gen Au­gus­ti­nus und ent­deck­te die Leh­re von der Gna­den­wahl, die er kampf­lus­tig und trot­zig zu ver­brei­ten such­te als eine Wahr­heit, die die Kir­che der Chris­ten­heit vor­ent­hal­ten habe. Er über­zeug­te man­che, ge­wann nam­haf­te An­hän­ger; aber da sich zwei mäch­ti­ge Fein­de ge­gen ihn ver­bün­de­ten, sein al­ter Geg­ner, Hra­ba­nus Mau­rus, der in­zwi­schen Erz­bi­schof von Mainz ge­wor­den war, und der ge­walt­tä­ti­ge Hink­mar, Erz­bi­schof von Reims, bei­de star­ke Per­sön­lich­kei­ten, ge­lehrt und herrsch­süch­tig, un­ter­lag er. Durch Gei­ßel­hie­be zum Schwei­gen ge­bracht, ver­fiel er schließ­lich in Wahn­sinn. Dass die Leh­re von der Gna­den­wahl als ket­ze­risch ver­ur­teilt wur­de, ent­sprach dem klu­gen und mil­den Geist der ka­tho­li­schen Dog­ma­tik, die den Lai­en vor dem Gift all­zu tief boh­ren­der Ge­dan­ken be­wah­ren woll­te; den per­sön­li­chen Hass, der sich in der Art, wie man ihn be­han­del­te, er­weist, mag zu ei­nem Teil das stol­ze und recht­ha­be­ri­sche We­sen des Un­glück­li­chen, der um sei­ne Leh­re als um sei­ne Ra­che kämpf­te, ver­schul­det ha­ben.

      An­de­ren wur­de der Zwang zur Läu­te­rung, wie dem jun­gen Rhä­tier Vik­tor in Sankt Gal­len, der sehr ge­lehrt, aber auch an­ma­ßend und wi­der­spens­tig war, von sei­nen Fein­den ge­blen­det wur­de, dann als Leh­rer an die Schu­le des Bi­schofs von Straß­burg kam und im Rufe der Hei­lig­keit starb. Für die­je­ni­gen, die an­ge­bo­re­ne star­ke Kräf­te des Geis­tes und Ge­mü­tes nicht vom Ir­di­schen auf das Himm­li­sche über­tra­gen konn­ten, wur­de das Klos­ter zum Ge­fäng­nis; und als Ge­fäng­nis diente es auch ab­sicht­lich. Das war sei­ne düs­te­re, sei­ne un­heim­li­che Sei­te. Die Kö­ni­ge be­nutz­ten die Klös­ter, um ge­fähr­li­che Geg­ner, etwa An­füh­rer über­wun­de­ner Völ­ker oder Stäm­me oder Prä­ten­den­ten aus der ei­ge­nen Fa­mi­lie, Brü­der, na­tür­li­che Söh­ne, Nef­fen, ver­schwin­den zu­las­sen. So en­de­ten Thas­si­lo, der letz­te bay­ri­sche Her­zog aus der Dy­nas­tie der Agi­lol­fin­ger, im Klos­ter Lorsch, Kö­nig Lo­thar, der Sohn Lud­wigs des From­men, im Klos­ter Prüm in der Ei­fel.

      Übte das Klos­ter auf die Wi­der­stre­ben­den Ker­ker­druck aus, so konn­te es de­nen, die sich ein­ord­ne­ten, zum Pa­ra­die­se wer­den. Die re­gel­mä­ßi­ge Ein­tei­lung des Ta­ges und der Nacht, der Wech­sel zwi­schen Tä­tig­keit, be­schau­li­cher Be­trach­tung und Ge­spräch wirk­ten be­ru­hi­gend. Vor al­len Din­gen mil­der­te das trös­ten­de Wort des Freun­des auch herbs­tes Lei­den. Gab es nei­di­sche, ge­häs­si­ge, bös­ar­ti­ge Mön­che, so wa­ren doch auch sol­che da, die durch Güte Frie­den und durch Be­ga­bung Glanz über ihre Um­ge­bung aus­gos­sen. Dem Um­stän­de, dass Schwa­ben von je­her Dich­ter er­zeug­te, ist es zu ver­dan­ken, dass uns Kun­de denk­wür­di­ger Per­sön­lich­kei­ten über­lie­fert ist, die die Zier­de schwä­bi­scher Klös­ter wa­ren. In Sankt Gal­len leb­te Not­ker, der trotz sei­nes Zun­gen­feh­lers ein ver­ehr­ter Leh­rer war, der stren­ge Zucht mit zärt­li­cher Für­sor­ge und Ver­ständ­nis für je­den ein­zel­nen zu ver­ei­nen wuss­te. Der zar­te, ma­ge­re Mann, dem doch die Kraft nicht fehl­te, den Teu­fel zu über­win­den, der ihm zu­wei­len nach­stell­te, lieb­te die jun­gen Wil­den und hat­te Nach­sicht für die Über­schäu­men­den; in sei­nen Ar­men, un­ter sei­nen gü­ti­gen Wor­ten starb der trot­zi­ge Wolo, der ihn eben noch be­lei­digt hat­te, und sein Lieb­ling war der mut­wil­li­ge Sa­lo­mon, der spä­ter als Bi­schof von Kon­stanz der Präch­ti­ge und Glück­li­che ge­nannt wur­de. An künst­le­ri­scher Be­ga­bung war al­len Tu­ti­lo über­le­gen. Er dich­te­te, mal­te, mo­del­lier­te und kom­po­nier­te, be­son­ders be­wun­der­te man sein Sai­ten­spiel. Eine El­fen­bein­schnit­ze­rei von sei­ner Hand, die noch vor­han­den ist, stellt den hei­li­gen Gal­lus dar, wie er den Bä­ren be­lohnt, der ihm Holz zu­trägt. Er lieb­te die Na­tur und das Wan­dern, und sei­ner Künst­ler­schaft ver­dank­te er, dass er oft an aus­wär­ti­ge Klös­ter be­ru­fen wur­de, um Auf­trä­ge aus­zu­füh­ren. Von den schwä­bi­schen Ek­ke­har­den wa­ren meh­re­re dich­te­risch be­gabt. Ek­ke­hard I. war der Dich­ter des Wal­tha­ri­lie­des, dem die la­tei­ni­sche Spra­che lei­der den Stem­pel des Aka­de­mi­schen auf­ge­drückt hat, des­sen Se­quen­zen und Hym­nen den Got­tes­dienst zu ver­schö­nen be­stimmt wa­ren. Die über­lie­fer­ten An­fangs­wor­te: O mar­tyr ae­ter­ni pa­tris und A­do­re­mus glo­rio­sis­si­mum las­sen uns die fei­er­li­che Pracht die­ser Ge­sän­ge ah­nen. Ek­ke­hard IV., der die Ge­schich­te sei­nes Klos­ters wie einen bunt­be­bil­der­ten Tep­pich vor uns aus­ge­brei­tet hat, dür­fen wir als den ers­ten No­vel­len­dich­ter un­se­rer Li­te­ra­tur be­trach­ten, einen kun­di­gen Men­schen­dar­stel­ler, einen nach­denk­li­chen, lieb­rei­chen und hu­mor­vol­len Zuschau­er des Le­bens. Ek­ke­hard II. un­ter­schied der Beiname Pala­ti­nus, der Hö­fi­sche; er war aus­ge­zeich­net durch Schön­heit, vor­neh­me Hal­tung und die Über­le­gen­heit, die das Be­wusst­sein ge­fäl­li­ger Er­schei­nung, Klug­heit und küh­le Ge­müts­art ver­lei­hen. Er muss­te der Her­zo­gin Had­wig von Schwa­ben den Vir­gil er­klä­ren und es scheint, dass sie mehr Zu­nei­gung für ihn hat­te, als er er­wi­der­te. Er be­saß eine be­son­de­re Kunst­fer­tig­keit im Aus­ma­len von Hand­schrif­ten.

      Leuch­ten des Klos­ters Rei­chenau und der da­ma­li­gen Welt wa­ren Wal­afried Stra­bo, von dem lieb­li­che ly­ri­sche Ge­dich­te er­hal­ten sind, und Her­man­nus Kon­trak­tus, der von Kind­heit an ge­lähm­te Sohn ei­nes Gra­fen von Ve­rin­gen. Ob­wohl er nicht ge­hen, nur müh­sam spre­chen und kaum die Hand zum Schrei­ben be­we­gen konn­te, sein Le­ben ge­krümmt im Stuh­le sit­zend zu­brach­te, wur­de er Abt des Klos­ters, war er be­rühmt als Mu­si­ker, Theo­lo­ge, His­to­ri­ker.

      Als Ent­gelt da­für, dass im Klos­ter eine Grup­pe von Men­schen den ewi­gen Op­fer­rauch des Ge­be­tes zum Him­mel auf­stei­gen ließ und die Ge­bo­te des Herrn der Lie­be stell­ver­tre­tend für das gan­ze Volk auf sich nahm, wid­me­te man den Mön­chen au­ßer­or­dent­li­che Ver­eh­rung. Als ein­mal Kai­ser Kon­rad II. zu In­gel­heim Os­tern fei­er­te, lei­te­te Ek­ke­hard IV., da­mals Vor­ste­her der Schu­le zu Mainz, den Got­tes­dienst und hat­te schon die Hand zur Vor­füh­rung der Se­quenz er­ho­ben, als die Bi­schö­fe, die ne­ben dem Kai­ser sa­ßen, die­sen um Er­laub­nis ba­ten, ih­ren ehe­ma­li­gen Leh­rer bei dem, worin er selbst sie un­ter­wie­sen habe, zu un­ter­stüt­zen. Da der Kai­ser Ge­wäh­rung nick­te, voll­führ­ten sie mit Ek­ke­hard, der Trä­nen der Freu­de wein­te, die hei­li­ge Hand­lung. In­des­sen nicht nur dass die Ehr­furcht vor dem Leh­rer die Schü­ler bis in die höchs­ten Wür­den be­glei­te­te, das gan­ze Volk brach­te den Mön­chen Ver­eh­rung ent­ge­gen, und die Ver­eh­rung äu­ßer­te sich in Schen­kun­gen, die die Klös­ter reich mach­ten. Sie wur­den da­durch in­stand ge­setzt, Geld­ge­schäf­te zu trei­ben, und wenn das auch schäd­li­che Fol­gen hat­te, in­dem es die­je­ni­gen, wel­che der Welt ab­ge­sagt hat­ten, in sehr welt­li­che In­ter­es­sen ver­strick­te, so voll­zog doch das Klos­ter als eine Art Bank eine Funk­ti­on, die in dem re­ger sich ent­fal­ten­den kul­tu­rel­len Le­ben nicht feh­len durf­te.

      Nie wie­der hat es eine Ein­rich­tung ge­ge­ben, die wie das Klos­ter der СКАЧАТЬ