Название: Gesammelte Werke
Автор: Ernst Wichert
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027237517
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Nur zwei von den Brüdern erhoben sich. Einige andere hätten ihn wohl wählen mögen, aber sie bedachten seine Gefangenschaft und des Ordens Not.
Wohlan denn, fuhr der Wahlkomtur fort, so nenne ich von ganzem Herzen als den Würdigsten den Bruder Heinrich von Plauen, vormals Komtur von Schwetz, nachmals Statthalter und Verteidiger unseres Haupthauses. Wer stimmt für ihn?
Da standen sie alle auf und riefen: Er soll unser Meister sein!
Nun klopfte der Wahlkomtur an die Tür. Sie wurde aufgeschlossen, und die Wache begleitete die dreizehn Wähler zum Kapitelsaale zurück.
Dort saßen die Ritter schweigend ringsum. Die Wähler traten in die Mitte, und der Wahlkomtur sprach: Einhellig haben wir zum Meister des Ordens auserkoren den Bruder Heinrich von Plauen, bisherigen Statthalter, dessen Tapferkeit und Ausdauer wir's danken, daß wir die Meisterwahl in der Marienburg, des Ordens Haupthause, vornehmen konnten. Ihn halten wir nach unserm Gewissen für den Würdigsten unter allen Brüdern zu diesem Amte. Saget nun, ob ihr darauf unsere Vollmacht bestätigen wollt?
Unter den Brüdern entstand eine freudige Bewegung. Aber der Deutschmeister sorgte dafür, daß die Handlung in aller Ordnung zu Ende ging, trat auf und rief: Nimmt das Kapitel diese Wahl an? Da tönte ein lautes »Ja« von aller Mund; Plauen aber stand da, keines Wortes mächtig, das Haupt gesenkt und das Kinn in die Hand gestützt.
Der Deutschmeister brachte ihm den hochmeisterlichen Schild und Waffenrock und hieß die jüngeren Brüder ihn kleiden. Der Landmeister von Livland verneigte sich vor ihm, und alle die anderen Ritter brachten ihm ihre Huldigung.
Dann öffnete sich die Tür. Die Hüter derselben sagten es weiter dem draußen harrenden Volke, auf wen die Wahl gefallen sei. Tausend Stimmen riefen jubelnd den Namen nach. Nun läuteten die Glocken, in der Ordenskirche intonierte die Orgel.
Und in feierlichem Zuge führten die Brüder gesamt den gewählten Meister dorthin und vor den Altar. Dort überreichte ihm der Deutschmeister den altertümlichen Hochmeisterring, weit genug für den Daumen, besetzt mit einem Rubin und zwei Diamanten, nach der Überlieferung denselben Ring, den einmal Papst Honorius III. Hermann von Salza gegeben hatte, dazu das Ordenssiegel und ermahnte ihn dabei mit feierlichen Worten, allezeit seiner hohen Pflichten eingedenk zu sein und sich zu erinnern, daß er dereinst vor Gottes Gericht werde Rechenschaft geben müssen von seiner Verwaltung.
Dessen will ich eingedenk sein, antwortete Plauen, solange Gott mir das Leben schenkt und mich in Würden läßt. Ihr aber sorget mit mir, daß diese Würde nie eine Unwürde werde, so vor Gott als vor den Menschen – nicht um meinetwillen, sondern des Ordens und des Landes willen, die eine starke Hand brauchen. Helfet mir dazu, liebe Brüder. Dann gab er dem Deutschmeister und dem begleitenden Priester den Bruderkuß, wie es die alte Sitte gebot.
So ward Heinrich von Plauen Hochmeister des Deutschen Ordens, und nie mit schwereren Sorgen hatte ein Meister vor ihm sein verantwortliches Amt angetreten, wohl aber auch nie einer mit mehr redlichem Willen, sich ganz an dasselbe hinzugeben. Er nahm vorerst nicht von der hochmeisterlichen Wohnung Besitz, sondern ließ sich zurückführen in das einfache Gemach, das er während der Belagerung als Statthalter innegehabt hatte. Und wie damals nach seiner Wahl fühlte er auch jetzt das Bedürfnis, eine Stunde mit sich allein zu sein, während die Boten auf schnellen Withingpferden nach allen Windrichtungen ausjagten, dem Lande das frohe Ereignis zu verkünden.
Er legte die Hände gefaltet auf das Psalterbuch und die schwere Stirn darauf. Bezeuge mir's, Herrgott im Himmel, murmelte er, daß kein ehrgeiziger Gedanke, solche Fürstlichkeit zu gewinnen, meine Seele bewegt hat alle die Zeit, die Du mir vergönnt hast, in Deinem Dienste zu streiten. Unwürdig wäre ich dieses Amtes, wenn ich es erstrebt hätte als ein Gnadengeschenk von Dir. Hast Du's aber meinen Schultern aufgelegt als eine schwere Last, so will ich's mannhaft tragen nach meiner Kraft, die Deine Kraft ist. Bin ich verschuldet als Mensch, so lege meine Sünden des Ordens Meister nicht auf, sondern entledige ihn solcher Schwachheit und gib ihm zu wissen und zu tun, was das Rechte sei. Gefällt es Dir aber, ein anderes Werkzeug zu wählen, so rufe mich ab, daß ich mich demütige vor den Brüdern oder vor Deiner Gnade, und verwirf mich, wenn ich mir selbst gelebt habe. Mein Irren und Fehlen aber rechne mir nicht an. Amen – amen!
Unter denen, die auf dem Burghof standen und der Verkündigung der Meisterwahl harrten, war auch Hans von der Buche. Kaum war der Name genannt, als er forteilte nach der Vorburg und in des Gießmeisters Wohnung. Und so war er wirklich nach seinem Wunsch der erste, von dem Waltrudis erfuhr, was geschehen war. Das ist ein großes Glück für Euch, Fräulein, sagte Frau Ambrosius, daß Euer Schutzherr Fürst des Landes geworden ist. Nun wird es Euch an nichts fehlen, solange Ihr lebt. Hoffentlich erinnert sich seine Gnade auch unserer geringen Dienste.
Waltrudis aber jubelte nicht auf, sondern sie stand da mit feuchten Augen und antwortete: Gebe Gott, daß ich ihn nicht verloren habe! Was ist ihm nun die arme Waise?
Da reichte der Junker ihr die Hand und sprach, von einer Befürchtung anderer Art ergriffen: Laßt es zwischen uns bleiben, wie es war.
Ihr Gesicht erheiterte sich. Sie strich das Goldhaar von der Stirn zurück, nickte ihm freundlich zu und sagte leise: In alle Ewigkeit!
22. HOCHMEISTER – LANDESFÜRST!
In den nächsten Tagen wurde in der Marienburg viel Rat gepflogen zwischen dem neugewählten Hochmeister und dem Deutschmeister und livländischen Landmeistern nebst ihren Gebietigern, wie man das Land wieder herstelle und zugleich kräftig zum Kampf rüste. Plauen drang auf Anspannung aller Kräfte. Aber es war eine schwere Aufgabe, die Mittel zur Fortsetzung des Krieges zu beschaffen, das mußte er schon jetzt erkennen. Des Ordens Kassen waren geleert, seine Vorräte aufgezehrt, seine Burgen beschädigt, seine Söldner noch nicht abgelohnt; und der ertragfähigste Teil des Landes in einem breiten Striche lag völlig verwüstet da, selbst der Unterstützung bedürftig, die großen Städte aber hatten dem König geschworen und wollten erst ihres Eides entledigt sein, ehe sie wieder offen sich dem Orden zuwandten, denn sie fürchteten mehr Jagellos Rache als die strafende Hand ihrer alten Herren.
Mit des Kapitels Zustimmung besetzte der Hochmeister dann auch die entledigten Ämter. Der alte Werner von Tettingen blieb Ordensspittler. Hermann Gans, ein sehr tapferer und in der Brüderschaft angesehener Ritter, wurde zum Großkomtur ernannt, Albrecht von Tonna zum Oberst-Trappier. Behemund Brendel, bisher Stellvertreter des Vogts der Neumark, übernahm das jetzt doppelt schwierige Amt des Oberst-Treslers. Zum Ordensmarschall aber ernannte Plauen wohlbedacht den Mann, dessen Name neben dem seinen bei der Hochmeisterwahl genannt war und dem er selbst als Wähler seine Stimme gegeben hätte: Michael Küchmeister von Sternberg, mit der Bedingung, daß er sein Amt anträte, sobald er aus der Gefangenschaft gelöst sein werde, denn noch war er nicht frei. Stimmte er auch in vielem nicht seiner Meinung bei, wie er ihn kannte, so hielt er ihn doch für so klug als tapfer und meinte sich seiner Freundschaft zu versichern, wenn er ihn neben sich auf den wichtigsten Platz setzte. Gebührte doch dem Ordensmarschall die Führung des Heeres im Kriege! Wohl dachte er im stillen bei sich, daß er lieber mit ihm getauscht hätte. Auch Komture wurden neu ernannt. Für das Haus Danzig setzte der Hochmeister seinen Bruder Heinrich ein. Denn Johann von Schönfels hatte sich schwach bewiesen und war ihm nicht СКАЧАТЬ