Название: Gesammelte Werke
Автор: Ernst Wichert
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027237517
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Witowd aber biß die Zähne zusammen und murmelte: Seine Zaghaftigkeit ist schuld, wenn wir trotz der Übermacht den Tag verlieren.
Er wäre für Polen verloren gewesen, wenn Ulrich von Jungingen weniger ritterlich gedacht und gefühlt hätte. Drei Stunden lang stand nun schon sein Heer, und der Mittag nahte heran. Von allen Seiten bedrängte man ihn, daß er des Feindes Zögern nützen und ihn überfallen solle, ehe er sich zur Schlacht geordnet hätte. Unwillig aber wies er diesen Rat zurück. Es ziemt uns nicht, sagte er, zu kämpfen wie wilde Horden und den Feind anzufassen, ehe er gerüstet dasteht. Ein Ritter legt seine Lanze nur ein gegen den festen Schild des Gegners in Waffen; eine Ehre soll es ihm sein, zu siegen. Sie haben uns herausgefordert, und sie sollen uns auf dem Plan finden. Die ganze Christenheit sieht auf uns; ritterlich wollen wir ihre Sache verfechten.
Da sah der Ordensmarschall wohl ein, daß der Meister fest war in seinem Entschluß, und da er selbst ritterlich dachte, konnte er ihn nicht schelten. Selbst meinte er nun aber etwas zur Förderung tun zu müssen, damit das Heer nicht ermüde. Mehrere edle Ritter aus seinem Gefolge sagten ihm, es sei Kriegsgebrauch, sobald das eine Heer bereit wäre und das andere erwartete, demselben ein Schwert zu schicken und es zum Kampf zu rufen. Dem stimmte Wallenrod zu, und ohne den Meister zu befragen, wählte er zwei Herolde zu dieser Botschaft, den Herold des Königs Sigismund von Ungarn, den schwarzen Adler im goldenen Felde auf der Brust tragend, und den Herold des Herzogs von Stettin, ebenso mit dem roten Greif im weißen Felde geschmückt, und schickte sie nach dem königlichen Zelte, indem er ihnen zwei nackte Schwerter mitgab.
Als die Herolde dort anlangten, fanden sie gerade Witowd bei dem König. So hatten sie keinen weitern Weg nötig. Jagello mußte sie wohl empfangen und ließ sich dazu von den Geistlichen nach einem Sessel führen. Witowd stellte sich neben ihn, auf sein mächtiges Schwert gestützt. Führt sie ein, befahl er, da der König zögerte.
Die Herolde traten vor, und der eine sprach mit lauter Stimme: Sehet da, wir reichen euch zwei Schwerter, das eine Euch, Herr König, das andere Euch, Großfürst Witowd, und rufen Euch damit zum Kampfe. Zögert nicht länger, die Zeit verderbend! Warum verbergt ihr euch in den Wäldern, warum entzieht ihr euch dem Kampfe, dem ihr doch nimmermehr entgehen könnt? Wohlan, wählet den Kampfplatz, wo ihr wollt, und nehmt diese Schwerter euch zur Hilfe zum Beginn des Kampfes! Und so legten sie die nackten Schwerter vor die Fürsten hin.
Da wollte Witowd grimmig auffahren und mit seiner Waffe eine schnelle Antwort geben. Der König aber hielt ihn zurück und erwiderte in salbungsvollem Tone: Hilfe haben wir niemals von einem andern erbeten als von Gott: in seinem Namen nehmen wir auch diese Schwerter an. Doch die Wahlstatt zu wählen geziemt uns nicht; wo sie Gott uns gibt, wollen wir sie nehmen als gegeben und erwählt.
Damit entließ er die Herolde.
Witowd aber, als sie sich entfernt hatten, stieß zornig sein Schwert gegen den Boden, daß es in der Scheide klirrte, und rief: So dürfen sie uns höhnen, weil wir feige Memmen sind! Der Mut wird ihnen wachsen, wenn wir so die Zeit verstreichen lassen; unsere Völker aber müssen zaghaft werden. Vergiß nicht, Vetter, daß ich reichlich Ursache hatte, dir zu zürnen und dich deinem Schicksal zu überlassen, denn du hast Eide gebrochen und bist schuld an meines Vaters Tode und hast mich hinterlistig in deine Gewalt gebracht, und jetzt duldest du mich nur neben dir, weil du mich brauchst.
Sieh, das ist alles vergessen des Eides wegen, den ich in deine Hand schwur auf dem Rudauer Schlachtfelde, daß ich nicht ruhen wolle, bis der Deutsche Orden vernichtet worden. Dazu kam ich her mit meinen Litauern. Wisse denn auch, daß ich dich zwingen werde zur Schlacht. Ich breche vor mit den Meinigen. Folge mir zum Siege, oder lasse mich schmachvoll im Stich! Wie du willst!
Mit diesen Worten verließ er das Zelt und ritt zu seinen Scharen auf dem rechten Flügel. Er zog sie aus den Wäldern heraus und stellte sie in drei Treffen auf, gute tausend Schritt Entfernung dem Ordensheer gegenüber, dahinter aber eine starke Reserve in vier Linien.
Nun ließ auch der König Zindram Befehl geben, die Polen auf dem linken Flügel in Schlachtordnung zu stellen, ebenfalls in drei Treffen, denn er hatte Volks genug, und es blieben ihm noch reichlich Truppen zum Rückhalt. Als ihm nun die Meldung gebracht ward, daß alles gerüstet sei, bestieg er ein Pferd und begab sich zu den Truppen. Die Anführer wurden zusammenberufen, und er hielt eine kurze Ansprache, ihren Mut anzufeuern. Mitzukämpfen aber gedachte er nicht. Im Schutz einer starken Leibwache zog er sich zu den Reservetruppen zurück, immer darauf bedacht, bei einem unglücklichen Ausgange sich die schnelle Flucht zu sichern. Sein feiges Herz hatte gezittert, als er die eiserne Phalanx des Ordensheeres gesehen. Zindram übergab er das Kommando. Ich vertraue dir viel an, sagte er. Dieser Tag entscheidet über das Schicksal zweier Reiche.
Der kleine Mann schüttelte den Kopf. Ich glaube nicht, antwortete er. Die Partie steht ungleich. Wenn wir in diesem Kampfe unterliegen, so gewinnt Polen nur nichts; wenn der Orden unterliegt, so verliert er mit der Schlacht das Land.
Jagello verzog sein häßliches Gesicht zu einem bitteren Lächeln.
Du denkst nur an Polen – ich aber trage eine Krone. Wenn ich die Schlacht gewinne, dann wird sie festsitzen auf meinem Haupte. Wenn ich besiegt nach Krakau zurückkehre –
Dann wird Zeit sein, daß Ew. Gnaden diesen Fall bedenken, ergänzte der Kronfeldherr. Hoffen wir auf den Sieg! Der Feind sieht stark aus; täuscht mich aber meine Erfahrung diesmal nicht, so sind seine Linien zu weit ausgedehnt. Darauf baue ich meinen Plan.
In Gottes Namen denn! sagte der König, bekreuzte seine Brust und ritt weiter.
14. DIE SCHLACHT BEI TANNENBERG
Der Sturm hatte sich gelegt. Um die Mittagszeit standen nur noch vereinzelte Wölkchen am Himmel; die Sonne brannte auf das Tannenberger Feld nieder, unter der stechenden Hitze litten die gepanzerten Männer und die Pferde unsäglich.
Witowd zügelte seine Ungeduld nicht länger und schritt mit seinen Litauern auf dem rechten Flügel dem Feinde entgegen.
Dies war das Zeichen zum Beginne der Schlacht.
Sofort legten auf den Anhöhen drüben die Stückknechte ihre brennenden Lunten an die Geschützrohre, die Blitze zuckten, und wie Donner rollte es durch die Talmulde. Bald krachten die Kanonen an der ganzen Schlachtlinie des Ordensheeres entlang, eine ohrbetäubende Musik.
Aber so groß der Lärm war, so gering zeigte sich die Wirkung der Kugeln beim Feuern von der Höhe herab. Die schweren Rohre konnten nicht gut nach der Tiefe gerichtet werden, und nach jedem Schusse gehörten viele Menschen dazu, das Geschütz, dem eine Unterlage auf Rädern fehlte, wieder in die frühere Lage zu bringen. Deshalb gab der Hochmeister den Befehl, das Feuer einzustellen, und ließ die Trompeten zum Angriff blasen.
Mit freudigem Kriegsrufe antworteten seine mutigen Scharen und stürzten sich dem Feinde entgegen, der mit wildem Geschrei heraneilte. Auf der Ebene stießen die beiden Heere in mächtigem Anprall gegeneinander. Die Lanzen splitterten, die Schilde barsten, die Schwerter blitzten im Sonnenlicht, die Eisenpanzer klirrten unter der Wucht der Hiebe, die Pfeile zischten durch die Luft, weithin hörbar war das Schlachtgeschrei der Kämpfenden, Rosse und Menschen wälzten sich niedergeworfen und blutend am Boden. Mann stand gegen Mann, keiner wollte weichen; mit gleicher Tapferkeit und Wut wurde hier und dort gekämpft, schrittweise machten СКАЧАТЬ