Gesammelte Werke. Ernst Wichert
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Ernst Wichert страница 53

Название: Gesammelte Werke

Автор: Ernst Wichert

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027237517

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СКАЧАТЬ Morgengrauen war das Ordensheer auf. Das Lager blieb bei Frögenau stehen, die Kriegsscharen marschierten dem Dorfe Grünwalde zu. Von dort, aus mäßiger Höhe, konnte man über eine flache Talmulde hin drüben am Rande des Gehölzes die Vorposten Witowds erkennen.

      Mit dem Rücken gegen Grünwalde gekehrt, hatte der Meister vor sich ein weites, ödes Feld, braune Heide zwischen fernem Gehölz. Links lag das Dorf Tannenberg auf einer sanften Erderhöhung, die sich nach rechts mit mancherlei Unterbrechungen bis zu einem Wäldchen fortsetzte. Dahinter noch mehr rechts lagen die Dörfer Schönwäldchen und Seemen an den sumpfigen Ufern des Semnitzflusses und des Großen Damerausees. Die Entfernung zwischen Dorf Tannenberg und dem Walde mochte fünftausend Schritte und mehr messen. Dort stellte der Meister, bis gegen die Absenkung vorrückend, sein Heer in zwei Treffen hintereinander auf. Kleine Korps zur Beobachtung des Feindes, wenn derselbe etwa eine Umgehung versuchen wollte, schob er links über Tannenberg und rechts über den Wald hinaus. Eine Reserve postierte er in drei kurzen Linien vor das Dorf Grünwalde und hinter das zweite Treffen. Eine kleinere Abteilung wurde bei Seemen hinter den Semnitzfluß gelegt, für alle Fälle den dortigen Übergang zu decken. So stand nach einigen Stunden das Heer in Schlachtordnung und erwartete den Angriff. Die Banner und Fahnen flatterten lustig in dem noch immer scharfen Winde. Vor das erste Treffen war das schwere Geschütz aufgepflanzt, wo irgendeine Erhöhung des Erdbodens seine Wirkung zu verstärken versprach.

      Der Hochmeister aber, in strahlender Rüstung, ritt die langen Linien auf und ab mit zahlreichem Gefolge von Rittern, Knappen und Hauptleuten, überall freundlich grüßend und ermunternd. Traf er auf eine auserlesene Schar oder einen Führer, der ihm wohlbekannt und seiner Achtung wert war, so hielt er wohl auch an, lenkte sein Pferd seitwärts und unterhielt sich eine Weile. Das große Banner des Hochmeisters hatte er seiner Schar vorbehalten, das kleine war beschützt durch viele edle Kreuzherren und vorzügliche Söldner aus Deutschland, die dazu erwählt waren. Das Banner des Ordens: auf weißem, an der Seite zweimal geschlitztem Tuch ein geradliniges schwarzes Kreuz, führte der Ordensmarschall Friedrich von Wallenrod selbst als Kriegsoberster. Er hatte die Franken um sich geschart, da er selbst ein Franke von Geburt war und sein Geschlecht dort zu Hause. Dessen Wappen, auf rotem Felde eine silberne, viereckige, auf dem Helm sich wiederholende Schnalle, trug ein Anverwandter, der mit auserlesener Mannschaft dem Orden zugezogen war. Mit ihm sprach der Meister lange.

      Fast noch länger aber mit dem edlen Ritter Georg von Gersdorf, der die Fahne des heiligen Georg, das Hauptbanner der Söldner, trug: ein weißes Kreuz auf rotem Grunde, der oberste Zipfel des Tuches ausgespitzt. Weiter folgte das Banner des Ordenstreslers; seine Zeichnung war gut gewählt: ein großer weißer Schlüssel mit drei kleinen schwarzen Kreuzen im Bart. Unter dem Großkomtur Konrad Lichtenstein standen die Söldner aus Österreich und Ordensbrüder. Die Fahne dort mit dem schwarzen Ochsenkopf, die Nasenlöcher durchbohrt von einem Ringe, gehörte Graudenz an, und der Komtur Wilhelm von Helfenstein führte sie. Und so trug jeder Komtur sein sonderliches Banner. Auch die Bischöflichen fehlten nicht. Da zeigte Marquard von Riesenburg das Banner des pomesanischen Bischofs: auf rotem Felde ein goldener, mit schwarzen Linien eingezeichneter Adler, der ein Schriftband in den Klauen und um den Kopf einen Kreis wie einen Heiligenschein trug, zwischen zwei Bischofsstäben. Das des ermländischen Bischofs aber hatte ein weißes Opferlamm, aus dessen Brust Blut in eine Schale floß. Drei rote Mitren waren auf die Fahne des Bischofs von Samland gemalt, und in der Nähe derselben flatterten auch die Fahnen der drei Städte Königsberg, jede mit einer Krone geziert zum Andenken an den erlauchten Stifter König Ottokar von Böhmen.

      Wer kennt nicht der Thorner Wappen, das offene Tor mit Fallgatter und drei Türmen darüber, rot in weißem Felde? Es schmückte auch ihr Kriegsbanner, und der Bürgermeister von Thorn, Albrecht Rothe, führte es. Der Hochmeister ritt zu ihm heran und reichte ihm vom Pferde die Hand, damit man ringsum sehe, daß er den Thornern Vertrauen schenke und dem bösen Gerücht nicht glaube, sie hörten auf die Einflüsterungen des polnischen Königs und sehnten sich fort vom Orden. Eine Strecke weiter standen die Elbinger unter ihren Hauptleuten in drei Rotten; die Pfeifer und Trompeter spielten aber jetzt nicht auf wie beim Marsch, sondern sie waren Wappner geworden wie die anderen. Das Banner des Ordenshauses Elbing führte der oberste Spittler, Werner von Tettingen, ein schon bejahrter Mann, der aber doch nicht fehlen wollte im Kampfe.

      Weiterhin die Fahne mit dem schrägen schwarzen Balken auf weißem Tuch gehörte Johann von Schönfels zu, dem Danziger Komtur. In seiner Nähe, aber doch gesondert von seiner Schar, standen die Männer der Stadt Danzig, wohl zwölfhundert an Zahl; ihr tapferer Hauptmann war Albrecht Mantel, ihr Fähndrich Andreas Fechter, aus berühmtem patrizischem Geschlecht. Auch hier hielt Herr Ulrich von Jungingen und tauschte freundliche Worte mit den Führern, denn es war ihm von Wert, die großen Städte sich und seinem Orden zu verbinden.

      So stand das Heer schon lange in Schlachtordnung, als die Polen erst drüben auf den Höhen am Marensefluß und Laubensee und in den Gebüschen und Waldlichtungen bemerkbar wurden. Der König war vor Tagesanbruch aus seinem Lager bei Gilgenburg aufgebrochen, brauchte aber viele Stunden Zeit, sich mit Witowds Heer zu vereinen. Seiner eigenen Kriegskunst vertraute er wenig. In dem Schwertträger von Krakau, Zindram von Waschkowycz, hatte er aber seinem Heere einen ebenso tapfern als umsichtigen Führer gegeben. Zindram war klein und unansehnlich, aber die Polen wußten, daß sie sich auf ihn verlassen konnten. Freilich hatte er nicht völlig freie Hand, da der König sich die wichtigsten Entscheidungen vorbehielt.

      Übrigens gedachte Jagello sich nicht zu nahe ans Kampfgetümmel zu wagen. Für ihn wurde auf der Höhe vor dem Laubensee seitwärts vom Dorfe Faulen ein großes und prächtiges Zelt aufgeschlagen. Darin stand ein Betstuhl mit kostbarem Kruzifix. Ein Kissen von rotem Samt war davor auf die Erde gelegt, und auf demselben kniete der König fast unablässig, mit krampfhaft gefalteten Händen Gebete murmelnd, wobei das häßliche Gesicht mit dem breiten gemeinen Munde und den heimtückischen Augen sich noch mehr verzerrte und die strähnigen Haare über die niedrige Stirn fielen. Zwei Bischöfe leiteten die Andachten und versicherten ihn des himmlischen Beistandes zum Lohn für seine Frömmigkeit. Gott habe große Zwecke mit ihm gehabt, da er seine Seele erleuchtete, daß er sich vom Heidentum zum Christentum bekehre, und ihm große Macht gegeben, alle Feinde der Kirche niederzuwerfen. Dieser Deutsche Orden aber trachte schon lange danach, sich von Rom loszulösen und dem Papst allen Gehorsam aufzusagen: mit Wohlgefallen vernehme er die hussitische Lehre und nehme ketzerisches Volk in seinen Schutz. Darum sei ihm der Untergang verkündet. Hinter ihnen sammelte sich im Zelt eine Schar von Geistlichen, Rauchfässer schwingend, Gebete murmelnd und eintönige Gesänge plärrend. Die Kriegsobersten aber und die Boten, die Großfürst Witowd sandte, um endlich den Befehl zum Ordnen des Heeres zu erhalten, mußten vor dem Eingang stehen und warten.

      Da ritt ungeduldig der Großfürst selbst, ein stattlicher Kriegsmann, auf die Höhe am See und trat in des Königs Zelt. Er legte ihm die Hand auf die Schulter und rief ihm zu: Ermanne dich endlich, Vetter! Genug hast du gebetet, Gott und alle Heiligen um den Sieg angefleht. Willst du ihn erringen, so zieh nun auch das Schwert und gib deinen Völkern das Zeichen zur Schlacht. Seit drei Stunden steht das Ordensheer gerüstet und zum Angriff bereit. Ich an des Hochmeisters Stelle würde keinen Augenblick zögern. Unsere Scharen sind ungeordnet, in den Wäldern zerstreut. Ein plötzlicher Überfall läßt das Schlimmste für uns befürchten. Auf, königlicher Herr! Ein männlicher Entschluß tut wahrlich not.

      Jagello aber schüttelte seine Hand ab und sagte: Störe uns nicht in der Andacht. Gott ist's, der den Sieg gibt, und seine Heiligen sollen mir Fürbitter sein in der Bedrängnis, daß er seine Engelscharen mit flammenden Schwertern schicke, den Unsern voran zu kämpfen. Ich bin ein sündiger Mensch gewesen, bis Gott sich meiner erbarmte; nun will ich auch seiner nicht vergessen. Dabei verdrehte er die Augen und küßte das Kruzifix, das der Bischof ihm vorhielt.

      Dann wandte er sich zur Seite, umfaßte ihn und zog Witowds Kopf zu seinem Munde hinab. Ich will dir's gestehen, Vetter, zischelte er ihm ins Ohr, es beängstigt mich dieser Kampf gegen die Streiter der Heiligen Jungfrau, und ich fürchte, Gott möchte der Mutter seines Sohnes beistehen, wenn СКАЧАТЬ