Gesammelte Werke. Ernst Wichert
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Ernst Wichert страница 52

Название: Gesammelte Werke

Автор: Ernst Wichert

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027237517

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СКАЧАТЬ in die Kirche eingeschlossen und mit derselben verbrannt.

      Jammer und Wehklagen scholl durch das Lager von den Flüchtlingen, die mit Mühe und Not dem gleichen Schicksal entgangen waren. Da sahen des Ordens Untertanen, die Waffen trugen, mit Schrecken, welches Unheil dem Lande drohte, und riefen laut, daß sie gegen den Feind geführt werden wollten. Ingrimmig schlugen auch die deutschen Söldner ans Schwert und wollten für ihre Landsleute gegen die unchristlichen Horden kämpfen, daß solche Frevel nicht ferner das Land besudeln sollten. Das brachten Gebietiger und Hauptleute an den Hochmeister und baten ihn, eiligst das Zeichen zum Aufbruch zu geben. Ungern ließ er sich drängen, da er noch Verstärkungen erwartete, aber auch ihm schwoll das Herz vor Zorn, und weil er die Seinen so mutig sah, gab er nach und zog gegen den König.

      Bei dem Dorfe Frögenau schlug er ein Lager auf.

      Der König weilte noch bei Gilgenburg; des Ordensheeres rascher Vormarsch kam ihm unerwartet und ermutigte ihn wenig. So schickte er denn an diesem Tage nur den Großfürsten Witowd, seinen Vetter, mit den Litauern, Szamaiten, Russen und Tataren voraus, einen plötzlichen Überfall zu verhindern, während er selbst das Gepäck und die Gefangenen sichern wollte. So schlecht war plötzlich sein Vertrauen auf den Sieg geworden, daß er heimlich Befehl gab, auf allen Stationen Pferde für ihn bereit zu halten, wenn es zu schleuniger Flucht kommen müßte.

      Witowd drang mit seinen Scharen bis zu den Dörfern Logdan und Faulen vor und lagerte dort, geschützt durch Wald, Gebüsch und Sumpf.

      Es war eine schreckliche Nacht, die vom vierzehnten auf den fünfzehnten Juli. Ein furchtbarer Sturm erhob sich und brauste über die Ebene hin, mit immer heftigeren Stößen gegen die beiden feindlichen Lager anstürmend, als wollte er sie wegfegen vom Erdboden. Die Pflöcke wurden aus dem Boden gerissen, die Zelte weit fortgetrieben, die Stangen zerbrachen. Der Himmel füllte sich mit schwarzen Wolken, daraus zuckten von allen Seiten feurige Blitze, plötzlich die grause Finsternis über der Erde erhellend. Regenströme stürzten vom Sturme gepeitscht nieder und überschwemmten das Land. Entsetzt sprangen die Krieger auf, die sich nach den Marschmühen des Tages zur Ruhe gelegt hatten; über kein Auge kam auch nur eine Stunde Schlaf.

      Heinz von Waldstein hüllte sich fest in seinen Mantel und durchwanderte die Lagerstraßen. Oft mußte er stehenbleiben und sich abwenden, um das Unwetter gegen seinen Rücken anbrausen zu lassen, oder sich an dem Pfahl eines Feldzaunes halten. Er wußte, wo der Kulmer Bannerträger seinen Stand hatte und vermutete den Freund in seiner Nähe zu finden. Sein Herz konnte nicht froh werden. Er sorgte nicht um sein Leben, aber der Gedanke war doch nicht abzuweisen, daß er's morgen in der Schlacht verlieren könne, und das Unwetter hob die Stimmung nicht. Noch einmal wollte er den lieben Freund umarmen.

      Nach einigem Suchen traf er auf eine kleine Gesellschaft von Männern, die sich hinter einem schwerbeladenen Wagen postiert hatten, den der Sturm vergeblich umzuwerfen bemüht war. Auf der Seite gegen den Wind hatten sie Spieße in die Erde gesteckt und eine Leinwand daran befestigt, die nun einigen Schutz gegen den Regen gewährte. Das Feuer war ausgeblasen. In der Dunkelheit ließen sich die Gesichter nicht unterscheiden: an der Stimme aber erkannte Heinz den einen der Lagernden als den Ritter Arnold von der Buche. Gottes Wunder, hörte er ihn sagen, wenn wir lebendigen Leibes noch den Morgen heranwachen. Es stürmt und blitzt, als ob die Welt untergehen wolle. Ich habe keinen trockenen Faden mehr, und mein Lederwams hält sonst doch dicht.

      Wer weiß auch, ob wir nicht vor dem Jüngsten Tage stehen, antwortete eine tiefe Stimme. Es ist Zeit, daß des Ordens Hoffart zu Fall kommt.

      Da müssen wir aber alle mit, meinte der Ritter lachend. Oder glaubst du, Bruder Nikolaus, daß die Eidechsen durchschlüpfen werden?

      Diese Anspielung wurde mit einem kräftigen Gelächter gutgeheißen.

      Ich wette darauf, nahm der Baß wieder das Wort, daß es bei den Polen drüben nicht halb so wettert und stürmt. Auf uns ist's abgesehen. Während die dort unter ihren Zelten ruhig schlafen, zwackt's uns an allen Gliedern, daß wir keine Minute Ruhe haben und morgen vor Müdigkeit von den Pferden fallen, bevor uns noch einer der großmäuligen Tataren anrennt. Gebt acht! Fällt mir die Fahne aus der Hand, so wißt ihr, weshalb es geschieht.

      Heinz trat hinzu und grüßte. Die Vordersten sprangen auf und riefen: Wer da? Hans hatte ihn schon erkannt und nannte seinen Namen. Er sollte nun niedersitzen und erzählen, was man in des Hochmeisters Umgebung treibe und ob schon vom Feind Kunde sei. Er plauderte aber nicht einmal das wenige aus, was er beiläufig aus der Gebietiger Gesprächen erfahren hatte, nahm nach kurzem Aufenthalt Hans beiseite und führte ihn fort.

      Sie gingen Arm in Arm. Es ist gar freundlich, daß du trotz Sturm und Regen kommst, sagte Hans. Wie ich mich nach dir gesehnt habe!

      Es könnte leicht das letztemal sein, antwortete Heinz, daß wir so nebeneinander schreiten. Zwar am Siege des Ordens zweifle ich nicht – heißt seine Schutzpatronin doch Maria! Auch daß wir beide uns tapfer unserer Haut wehren werden, dafür stehe ich gut. Aber es könnte doch sein, daß der eine oder andere –

      Der Sturm schien ihm die Worte vom Munde fortzustoßen. Was mich betrifft, bemerkte Hans, ohne ihm Zeit zu lassen, von neuem Atem zu schöpfen, so ist mir ein Tag wie der andere. Kein Mensch ist seines Lebens Herr; der aber, der es gegeben hat, nimmt es, wie und wann er's will. Den einen, der keine Gefahr ahnt, wirft er nieder auf freiem Felde, den andern leitet er heil aus der dichten Schar seiner Feinde, ob er schon sein letztes Stündlein gekommen glaubte. Was wir auch tun, es ist nur zu unserem Heil oder Unheil durch seinen Ratschluß. So bin ich meinetwegen ganz ruhig. Wer weiß auch, was ihm aufbewahrt wäre, wenn er sein Dasein verlängern könnte.

      Das sind trübe Gedanken, antwortete Heinz kopfschüttelnd. Hilf dir selbst, heißt es, so hilft dir Gott.

      Wenn er will, setzte der Freund hinzu. Glaube aber nicht, daß ich deshalb mein Leben weniger mannhaft verteidigen werde – weiß ich doch nicht, was er will. Schenkt er mir's, so weiß ich, daß er noch viel Schweres von mir fordern wird. Nimmt er mir's, so ist's gewiß, daß ich ihm zu nichts mehr nütze war. Versprich mir eines, Heinz! Wenn ich im Kampfe falle –

      Es wird nicht sein.

      Wenn ich im Kampfe falle, sage deiner Schwester nichts davon, daß mein letztes Wort ihr Name sein wird. Sie soll nicht wissen, daß ich sie geliebt habe.

      Und meinst du, ihr Herz würde sich deshalb weniger betrüben?

      Ich hoffe es.

      Geh, ich glaube dir nicht. Du hoffst, daß du wiedergeliebt bist – sonst liebtest du nicht.

      Es ist kein Wort zwischen uns gesprochen.

      Und doch weiß jeder, was er weiß. Aber wie du willst! Ich für mein Teil denke darin anders. Ist mir einer von Herzen gut, so soll er auch sein Recht haben und um mich weinen dürfen, wie ich's um ihn täte, wenn ich ihn verlieren müßte. Helfen kann's freilich nicht, aber es beruhigt doch das Gemüt. Auch ich habe eine Bitte, Hans. Wenn du mich auf dem Schlachtfelde unter den Toten findest – zieh mir den kleinen Ring mit dem blauen Vergißmeinnicht vom Finger und gib ihn an Maria Huxer zurück. Sage ihr, daß ich ihn zu ihrem Andenken getragen habe bis zum letzten Hauch, und daß sie nun frei ist, da der Tod uns scheide. Willst du das?

      Hans drückte seine Hand. Ich will's, wenn ich's kann. Sie waren wieder zu dem Lagerplatz unter den Wagen zurückgekehrt. Und versprich mir, dich nicht aus Übermut der Gefahr auszusetzen, bat er beim Abschiede. Deiner wartet viel Glück.

      So bist du wissender als die alte Hexe aus dem Preußenwall, die mir wahrsagte, entgegnete Heinz. Ihre Prophezeiung war wenig tröstlich. Aber nun sage ich: wie Gott will. Lebe wohl!

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