Gesammelte Werke. Ernst Wichert
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Ernst Wichert

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027237517

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СКАЧАТЬ bekleidet und immer nur vorübergehend Gelegenheit gehabt, freundschaftlich miteinander zu verkehren. So war es ihnen wenig bemerklich geworden, wie sehr sie in Sinnesweise, Anschauungen und Gewohnheiten voneinander abwichen. Auch jetzt konnte es den Anschein haben, als ob nur ein zufälliger Umstand sie miteinander in Verkehr brachte, in Wirklichkeit aber hatte Sternberg mit guter Absicht seinen Weg über Schwetz genommen und die Reise so eingerichtet, daß er hier einen Rasttag halten konnte; er kam von der Marienburg, und es war ihm darum zu tun, sich mit Plauen über manches, was die Zukunft anging, zu verständigen.

      Es ist, wie ich es Euch künde, sagte er, während des Gehens das Kinn in die Hand stützend, Ihr habt keine Abberufung zum Heere zu gewärtigen. Der Meister hat uns beide auf die verantwortlichsten Posten gestellt und ist doch nicht imstande, uns so auszurüsten, daß wir ernstlich den Feind aufhalten können, wenn er sich mit ganzer Macht gegen uns wenden sollte. Um die Neumark ist der Streit entbrannt, wenigstens gibt sie den Vorwand zu dem feindseligen Benehmen des Königs. Ich halte es für wahrscheinlich, daß er vor allem bemüht sein wird, sie in seinen Besitz zu bringen, um beim Friedensschluß ein Pfand zu haben und seine Ansprüche unmittelbar an demselben durchzusetzen. Im offenen Felde werde ich ihm schwerlich lange standhalten können, der eingeborene Adel ist wenig zuverlässig, und die festen Schlösser mit Söldnern zu verteidigen, scheint allemal eine bedenkliche Sache. Ich fürchte, es ist da wenig Ruhm zu ernten. Ihr aber sollt hier an der Grenze den Strom hüten und den Übergang hindern, wenn der Feind von dieser Seite her angreifen sollte, bis der Hochmeister sich mit dem Hauptheer auf ihn werfen kann. Zudem ist's Eure Aufgabe, die Straße für die aus Deutschland eintreffenden Hilfsvölker offen zu halten und sie unter dem Schutze der Burg zu sammeln. Laßt uns in steter Verbindung miteinander bleiben, damit wir der eine dem andern beispringen können, wenn es not tun sollte.

      Es wäre mir wahrlich lieber, antwortete Plauen, der Meister reihte mich mit meinem Aufgebot in sein Heer ein, so wüßte ich doch, daß ich ihm etwas nütze wäre. Geradeaus auf den Feind – siegen oder untergehen –, das ist meine Losung. Übrigens glaube ich nicht sonderlich daran, daß die Polen hier einfallen. Sie werden sich mit den Litauern vereinigen wollen, um von der Freundschaft des Königs mit dem Großfürsten Vorteil zu ziehen, und das muß weiter östlich geschehen. Dann aber werden sie den kürzesten Weg einschlagen. Leicht möglich, daß wir hier untätig liegen, während die Brüder sich im Kampfe große Ehre gewinnen. Aber es komme, wie es bestimmt ist: der Meister ist meines unverbrüchlichen Gehorsams versichert.

      Sternberg lächelte mit halbgeschlossenen Augen. Es ist doch noch nicht so ganz sicher, meinte er, daß in dem bevorstehenden Kampf viel Ehre zu gewinnen ist. Man kann nicht wissen … Er zuckte die Achseln.

      Der Komtur blieb stehen und sah ihn mit seinen ruhigen grauen Augen fragend an. Ihr könntet an unserm Siege zweifeln?

      Ich zweifle nicht an der Tapferkeit unserer Brüder, obschon viele unter ihnen sind, die sich der Waffen entwöhnt haben; aber man führt heute nicht mehr den Krieg wie vor hundert Jahren. Nicht ein Kreuzzug gegen die Ungläubigen wird gerüstet, sondern Land steht gegen Land, Herrschaft gegen Herrschaft. Gegen uns sind die Völker aufgeboten, und gegen Tausende müssen wir Tausende ins Feld stellen. Unsere Ritter sind nur die Anführer, die Hauptleute; ihr guter Wille entscheidet nicht allein. Unter ihnen kämpfen die Städter und Landleute, die nach ihren Briefen zur Heeresfolge verpflichtet sind, aber ungern Haus und Hof verlassen und lieber in Frieden ihre Handelschaft betreiben oder ihren Acker bauen. Den geworbenen Söldnern ist aber wenig Vertrauen zu schenken. Sie kämpfen nicht wie die Scharen, die uns ehedem zu Hilfe eilten, um Gottes willen und zu Ehren der Jungfrau Maria, sondern um klingenden Lohn, und sie werden uns nicht länger treu sein, als unsere Schatzkammer gefüllt ist. Sie ist aber nicht unerschöpflich, und das Land steuert uns nicht nach Bedürfnis, sondern nach alter Gewohnheit. Zieht sich der Krieg in die Länge, so kann Mangel nicht ausbleiben.

      Plauen schüttelte den Kopf. Ihr macht Euch ohne Grund schwere Gedanken, entgegnete er. Sind es doch dieselben Feinde, die wir schon so oft geschlagen haben; sie werden darum nicht tapferer geworden sein, daß sie sich Christen nennen. An der Spitze des Ordens aber steht ein ritterlicher Mann, der die Ehre der Brüderschaft hochhält und uns wohl zum Siege verhelfen soll, wenn wir gesamt desselben Geistes sind.

      Der Vogt ging einige Schritte schweigend neben Plauen her. Er schien zu überlegen, ob er sich ihm noch weiter eröffnen könne. Niemand wird des Herrn Hochmeisters Person höher schätzen als ich, sagte er dann mit vorsichtiger Zurückhaltung, aber er ist ein feuriger Kriegsmann, und ich weiß nicht, ob wir uns bei diesen Händeln nicht lieber ein bedächtiges Haupt zu wünschen hätten. Seit Ulrich von Jungingen gewählt ist, treibt er zum Kriege. Wahrlich, sein Bruder Konrad tat wohl daran, auf dem Krankenbett vor dieser Wahl zu warnen. Man wird zu spät bereuen, auf ihn nicht gehört zu haben.

      Wie? fuhr Plauen auf, und die grauen Augen blitzten plötzlich von lebhaftem Feuer. Sollten wir's noch länger mit Verhandlungen versuchen, da der listige Feind doch offenbar nur Zeit gewinnen wollte? Schon zu lange hat die Friedensliebe Meister Konrads gezögert. Man ist seines Lobes voll, weil unter seiner Regierung Handel und Wandel blühten, die Speicher der Ordenshäuser sich füllten und überall der Wohlstand im Lande sich mehrte. Aber die ihn spöttisch »die gnädige Frau Äbtissin« nannten, wußten, was sie vermißten. Zur rechten Zeit starb er, seiner zahmen Weisheit bis ans Ende froh zu bleiben, aber an der Erbschaft, die er seinem Nachfolger hinterließ, haben wir alle nun schwer zu tragen. Unvermeidlich war von Anfang an der Kampf mit diesen Nachbarn, die nur darauf lauerten, uns zu schaden. Hätte er zugegriffen, als König Jagello noch im Streit mit seinem polnischen Adel und mit seinem Vetter, Herzog Vitowd, verfeindet war, er hätte ihn mit einem kräftigen Schlage vernichtet. Nun hat er sich von seiner Schlauheit überlisten lassen. Immer hoffte er auf den Beistand König Sigismunds von Ungarn und König Wenzels von Böhmen, die doch nur freundliche Worte hatten und für sich selbst sorgten, bis nun der Feind übermächtig geworden ist. Sollten wir die Entscheidung noch länger hinhalten, um uns noch mehr zu schwächen und bei den deutschen Fürsten alles Vertrauen einzubüßen? Vergeßt nicht, daß die Forderungen des Polenkönigs unverschämt werden.

      Gerade wie seine Macht gewachsen ist, sagte Sternberg. Vielleicht habt Ihr recht, Bruder Heinrich, daß vor Jahren unsere Mühe geringer gewesen wäre. Aber was nützt es, mit Zahlen zu rechnen, die längst von der Tafel fortgelöscht sind? Was jetzt, da alles so gekommen ist, am besten geschieht oder unterbleibt, darum handelt es sich. Das Land ist nun einmal durch den Frieden verwöhnt und sähe lieber über sich einen friedlichen Fürsten als eine streitbare Ritterschaft; die Städte trachten nur nach Erweiterung ihrer Privilegien, und der Landadel neidet dem Ritter sein Herrenrecht; in den Konventen selbst aber herrscht Unzufriedenheit bei denen vom niederen Adel, daß sie nicht nach Würdigkeit zu Ämtern befördert werden. So wird zur Zeit überall nicht die volle Kraft eingesetzt werden, und eine verlorene Schlacht könnte üble Folgen haben. Der Hochmeister aber – so scheint mir's – ist des Sieges zu gewiß.

      Soll er seine Sache verloren geben, ehe er zum Kampfe auszieht? fragte der Komtur unwillig. Das gerade freut mich, daß er keinem Bedenken Raum gibt, wo nichts mehr zu bedenken ist, sondern zuversichtlich zum Schwerte greift. Der Mutige gewinnt!

      Sternberg sah mit finsterm Blick über die Brüstung der Mauer hinweg ins Weite, ohne doch einen Gegenstand aufzufassen. Ich komme von der Marienburg, sagte er nach einer Weile, und war wochenlang um den Hochmeister – glaubt mir, ich habe nicht umsonst Augen und Ohren gehabt. Er beherrscht die Dinge nicht, wie es die Klugheit fordert; sein edler Sinn gibt sich Täuschungen hin, weil er seine Umgebung nach sich mißt. Man rüstet mit fieberhafter Eile, etwa in der Art wie vor Jahren zu einem Kreuzzuge, und Ulrich sehnt ungeduldig den Tag heran, wo er in glänzender Rüstung den Streithengst besteigen und den Seinen voran kämpfen kann, erstaunliche Werke der Tapferkeit verrichtend. Man spricht von der Kriegsfahrt wie von einem ritterlichen Turnier, zu dem die ganze Fürstenschaft als Zuschauer geladen ist, und will nicht sehen, mit welchem Feinde man's zu tun hat. Das wird nimmer gut.

      Der Komtur zog die Stirn in Falten. Ich höre ungern, sagte er, СКАЧАТЬ