Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3). Ricarda Huch
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3) - Ricarda Huch страница 20

Название: Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3)

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 4064066388812

isbn:

СКАЧАТЬ diese Person beseitigt war, erhielt der Hofprediger den Auftrag, die Herzogin davon in Kenntnis zu setzen, was ihn veranlaßte, den Herzog mit vorsichtigem Augenblinzeln zu fragen, ob er etwa das neue Dirnlein auch anweisen müsse. Der Herzog zog zuerst die Brauen zusammen, schlug dann aber ein lautes Gelächter auf und sagte, nein, darauf verstehe er sich besser.

      Die Herzogin, eine Prinzessin von Anhalt, sah ihren Gemahl nur noch selten. Sie beschäftigte sich damit, in der Bibel zu lesen und Stücke daraus, die sie besonders liebte, in französische Sprache zu übertragen. Beinah täglich empfing sie den Besuch des Hofpredigers, mit dem sie sich über theologische Fragen unterhielt und von dem sie über die Vorgänge am Hof und im Lande unterrichtet wurde. Als er ihr von der Verabschiedung der letzten Geliebten ihres Mannes Mitteilung machte und zugleich ihre Mildtätigkeit für die Verstoßene in Anspruch nahm, bemerkte er, daß das blasse Gesicht der Herzogin sich rötete und den Ausdruck hoffender Erwartung kaum zurückhalten konnte. Er betrachtete sie verwundert und schwieg eine Weile in großer Verlegenheit, während er sich mit einem Tüchlein den Schweiß von der Stirn wischte. Dann erwähnte er behutsam das kleine Mädchen, das die Aufmerksamkeit des Herzogs erregt habe und für dessen Zukunft er väterlich sorgen wolle, weswegen es in der Nähe des Schlosses einquartiert sei. Die Augen der Herzogin erloschen wieder, und sie sagte, sich auf ihr ehemaliges Hoffräulein beziehend, sie wolle sie gern nach ihrem geringen Vermögen unterstützen, wenn ihre Eltern es nicht täten. »Ich habe es ihr vorausgesagt,« fuhr sie fort, »daß es so kommen würde, denn ich kannte meinen Herrn. Sie stand ein wenig beschämt vor mir, aber doch sah ich, wie glücklich und wie stolz und eigensinnig sie war, und konnte von ihrem Gesicht, das wie Apfelblüten leuchtete, ablesen, was sie dachte: ›Du kennst ihn nicht, du Armselige! Du freilich vermagst ihn nicht zu fesseln! Keine vermöchte es! Aber ich, ich! Mich, die Allerlieblichste, wird er niemals verlassen!‹ – Es ist nur Gott,« setzte die Herzogin gedankenvoll hinzu, »der uns niemals enttäuscht, weil er die Vollkommenheit ist. Aber unsere Seele, die der niedrigen Erde verwachsen ist, erreicht den Himmel nicht immer.«

      »Das Gebet, das liebe Gebet trägt uns hinauf«, sagte der Pfarrer und fing an, allerlei kuriose Geschichten von der Wunderwirkung des Gebetes zu erzählen, womit er die Herzogin schließlich sogar zum Lachen brachte.

      Eines Vormittags trat in die Apotheke ein in Pelzwerk und einen bunten Kaftan wunderlich gekleideter Mann, der Antimon, Merkur und Flos ferri zu kaufen verlangte und um Erlaubnis bat, in irgendeinem Nebenraum der Apotheke einige Versuche damit machen zu dürfen. Er bediente sich dabei der lateinischen Sprache, die er mit deutschen, fremdartig ausgesprochenen Wörtern vermengte. Der Apotheker, der in dem Manne sofort einen Adepten erkannte, antwortete zögernd, das Goldmachen, worauf er augenscheinlich ausgehe, sei im Württembergischen eine weitaussehende, gefährliche Sache, die allerlei Unvermutetes nach sich zu ziehen pflege. Er selbst sei auch in der Wissenschaft nicht unerfahren, hielte aber die Hände davon und riete auch dem Fremden, seine Kenntnisse als ein vorsichtiger Mann geheimzuhalten. Es waren unterdessen mehr Leute in den Laden getreten, deren Neugier durch die auffallende Erscheinung des Reisenden, seinen hohen Pelzhut, die große silberne, mit farbigen Steinen besetzte Schnalle, die den scharlachrot gefütterten Kaftan zusammenhielt, erregt wurde. Obwohl der Apotheker warnend den Finger auf den Mund legte, ließ der Fremde sich nicht bitten, sondern schwatzte bereitwillig von seiner Kunst und zeigte ein in einem gläsernen Büchschen verschlossenes pfirsichblütenfarbenes Pulver, mit dessen Hilfe er sich rühmte, ganz Stuttgart mit purem Golde überziehen zu können. Als er wiederum mit dem Apotheker allein war, mahnte ihn dieser ernstlich, nunmehr flugs die Stadt zu verlassen, bevor seine Anwesenheit dem Herzog hinterbracht sei; denn dieser sei nun einmal auf das Goldmachen erpicht und würde ihn nicht eher loslassen, als bis er seinen Durst nach diesem Metall vollkommen gestillt habe. Vor einigen Jahren sei auch einer gekommen, den habe der Herzog wie einen Heiland empfangen, ihn zum Feldmarschall und Oberjägermeister ernannt, ihn bei Tische neben sich sitzen lassen und ihm selbst das Fleisch vorgeschnitten und den Wein eingeschenkt. Nächtelang habe der Herzog ihm zugesehen, wie er im Laboratorium gemischt und gekocht habe, ja einige behaupteten sogar, er habe ihn umarmt und Herzbruder genannt. Wie aber die Taler und das Gold haufenweise in den Taschen des Adepten verschwunden seien, in seiner Pfanne aber nichts geraten sei, habe ihn der Herzog in billiger Entrüstung am Galgen aufhängen lassen.

      Das habe der Betrüger denn wohl auch verdient, sagte der Fremde mit einem überlegenen Lächeln; ihm könne es so nicht gehen, denn er sei im Besitze des wahren Arkanums, er führe den echten Bräutigam in die Kammer, der die Braut nicht ungesegnet aus dem Feuerbett lassen werde.

      Ach, sagte der Apotheker, das werde ihm auch nicht helfen, an einem Bröcklein oder Häuflein Gold werde sich der Herzog niemals genügen lassen; so viel, wie der haben wolle, könne ein armer Adept gemeiniglich doch nicht produzieren, da müsse er schon mit dem Teufel im Bunde stehen. Er hatte kaum ausgesprochen, als einer vom Hofstaat des Herzogs in die Apotheke trat, ein höfliches Gespräch mit dem Fremden anknüpfte und ihn aufforderte, einige Experimente im Schlosse zu machen; der Herzog habe ein vortreffliches Laboratorium und wolle sich gern von einem erprobten Künstler unterweisen lassen. Es hatte nämlich einer von den Bediensteten der Hofküche, der gerade Einkäufe an Gewürzen und Leckereien in der Apotheke machte, die Neuigkeit von der Anwesenheit des Wundermannes in das Schloß getragen, worauf Herzog Friedrich Befehl gegeben hatte, ihn einzuladen und, koste es, was es wolle, zu ihm zu führen. Der Fremde erschrak ein wenig, wollte es aber nicht merken lassen und bestellte, sich gewaltig aufblasend, noch allerlei Tinkturen und Mineralien bei dem Apotheker, der ihm, während er alles zusammentrug, kläglich zuzwinkerte.

      Billigten die Theologen das Treiben ihres Herrn auch nicht, so dankten sie es ihm doch, daß er sie ungestört in ihrem Kreise walten ließ und nicht etwa wie andere Fürsten kalvinistische Umsturzgelüste hatte. Die Lutheraner hatten nach ihrer Meinung eine felsensichere Stütze in der Augsburgischen Konfession, als die von Kaiser und Reich verbürgt sei, und glaubten, es könne nur über die Kalviner hergehen, die kein Recht und keine Sicherheit erworben und auf nichts Schriftliches pochen könnten.

      Da fiel ein Ereignis vor, welches die Evangelischen in weitem Umkreis aufschreckte und auch den Bequemeren zu denken gab. Zunächst hatte es nicht viel zu bedeuten, daß in der evangelischen Reichsstadt Donauwörth, wo sich ein katholisches Kloster befand, eine Prozession wider das Herkommen außerhalb der Kirche mit fliegenden Fahnen umzog und von angriffslustigem Straßenvolke belästigt wurde; aber unversehens nahm die Sache ein ernsteres Aussehen, da die Katholischen sich klagend an den Kaiser wandten, der Stadtrat aber, von der trotzigen Bürgerschaft gedrängt, nicht nachgeben wollte. Hin und wider wurde vermittelt und beraten, aber keine Verständigung erzielt, worauf der Kaiser endlich über die hartnäckige Stadt die Acht verhängte und den Herzog von Bayern zum Vollstrecker derselben erklärte. Dieser eigenmächtige Akt rief allgemeine Entrüstung unter den Evangelischen hervor, und auch die Katholischen billigten ihn nicht alle, teils aus Eifersucht auf Bayern, teils weil die Berechtigung dazu augenscheinlich bestreitbar war. Am meisten regte sich der alte Herzog von Neuburg als der Nachbar von Donauwörth und Bayern auf; denn er zweifelte nicht daran, daß Maximilian bei dieser Gelegenheit sein Gebiet überziehen und überhaupt gegen alle Ketzer auf einmal ausholen würde. Er schickte Boten nach allen Seiten: nach Donauwörth, um ihm Hilfe zu versprechen und es zum Ausharren zu ermuntern, nach der Stadt Ulm und nach Württemberg, um auf freundnachbarliche und glaubensverwandte Unterstützung zu dringen, ja sogar nach Kurpfalz, um anzuklopfen, wessen man sich in der Not von dort zu gewärtigen habe.

      Auch dem Herzog von Bayern war nicht durchaus wohl zumute. Er hatte längst ein Auge auf die Stadt Donauwörth geworfen, an welche er alte Rechte haben wollte, und hatte deshalb die Gelegenheit, sich einzudrängen, gern ergriffen; aber er verhehlte sich nicht, daß er damit das Pfand noch nicht im eigenen Sacke hatte, und wenn er nach vollzogener Acht wieder abziehen mußte, so hatte er umsonst viele Kosten aufgewendet, die ihm weder die kleine Reichsstadt noch der in Schulden fast ertrinkende Kaiser ersetzen würde.

      Jocher, sein klügster und fleißigster Rat, mußte den Fall vom rechtlichen Gesichtspunkt untersuchen und kam zu dem Schlusse, daß kein Rechtstitel vorhanden sei, unter dem der Herzog Anspruch auf die Reichsstadt erheben СКАЧАТЬ