Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3). Ricarda Huch
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Название: Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3)

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 4064066388812

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СКАЧАТЬ teils gleichgültig, teils mit feindseliger Drohung auf ihm ruhten. Wenn sie hier ein Bubenstücklein an dir verüben wollten, ging es ihm zuweilen durch den Sinn, so möchte es wohl lange währen, bis ein Hahn danach krähte; aber er ließ das nicht aufkommen, sondern beruhigte sich damit, daß Gott den Khlesl schon nicht werde sinken lassen.

      Eine Audienz erwirkte Philipp Lang, gemäß seinem Grundsatze, es mit Matthias nicht ganz zu verderben, der früher oder später doch den neuen Kaiser abgeben würde; freilich mußte Khlesl geloben, nichts, was dem Kaiser empfindlich sein könnte, vorzubringen. Während er durch lange Gänge und über dunkle Treppen zu dem kaiserlichen Vorgemach geführt wurde, kamen ihm die seltsamen Gerüchte über des Kaisers schwarzblütige Einfälle zu Sinne nebst den beklemmenden Anwandlungen, denen er sonst nicht unterworfen war. Er erinnerte sich, wie manches Mal er den Kaiser in vertraulichen Gesprächen einen Bärenhäuter, Lügenvater und Schmutzfinken genannt, ja daß er ihm Schwachgläubigkeit und mangelnden katholischen Eifer vorgeworfen hatte, und er dachte, wie leicht er hier oben in einem plötzlich sich öffnenden Verlies für immer verschwinden könnte. Vorwärts, Khlesl, raunte er sich zu, die Furcht kommt vom Teufel! und sie wich denn auch mit einem Schlage von ihm, als er dem Kaiser gegenüberstand, dessen Blick sich in die Augenhöhlen zurückzuziehen schien und der ihm mit vornehmer Liebenswürdigkeit die Hand reichte. Leise und langsam sprach er dabei sein Vergnügen aus, den berühmten Bischof kennenzulernen, der so viel für die Wiederherstellung der Kirche getan habe, und zeigte sich über diese Verhältnisse gut unterrichtet. Unwillkürlich duckte sich Khlesl zusammen, als wisse er mit seiner großen, mageren, starkknochigen Person dem sanften, verborgenen Manne vor ihm nicht beizukommen, und begann von seiner Anhänglichkeit an die Majestät zu sprechen, woran er die Bitte knüpfte, der Kaiser möge doch etwaigen Verleumdungen keinen Glauben schenken, sondern ihn als den ergebensten seiner Diener betrachten. Er hatte jedoch den Satz kaum vollendet, als er sich durch ein gelindes Kopfnicken und freundliches Handwinken des Kaisers aus dem Zimmer geschoben fühlte und sich nach wenigen Minuten zwar unbeschädigt, aber ohne irgendein Ergebnis errungen zu haben wieder vor die Burg versetzt sah.

      An eine zweite Audienz war nicht zu denken, ohnehin bedurfte der Kaiser mehrere Tage, um sich von der Anstrengung dieses Empfanges zu erholen. Von der Falschheit und Raublust des Matthias nur desto mehr überzeugt, blickte er angstvoll nach jemandem aus, der ihn vor seinen Feinden schützte. Durch die Donauwörther Sache verpflichtete er sich den Herzog von Bayern, bereute es aber, sowie es geschehen war, und hätte es gern rückgängig gemacht. Wie hatte er auf Kosten der Reichsstädte, deren stets gefüllte Kasse ihm in so manchen Verlegenheiten ausgeholfen hatte, den ehrgeizigen, heimtückischen, nur allzu mächtigen Fürsten bereichern können? Hätte er es nicht lieber mit den Evangelischen halten sollen, von denen er in seiner Umgebung so oft hörte, daß sie ihm ergebener wären als seine Glaubensgenossen und daß sie nicht, wie die Jesuiten, den Königsmord für eine erlaubte Sache hielten?

      Die bedrängte Lage des Kaisers, die an den Höfen im Reiche wohlbekannt war, brachte den unternehmendsten unter den deutschen Fürsten, Christian von Anhalt, auf den Gedanken, daß die Protestanten sie benützen müßten, um ihre Stellung durch Anschluß an das Reichsoberhaupt zu befestigen. Dieser Prinz, dessen munteren, tapferen Geist die Sorge für sein kleines Land nicht ausfüllte, hatte eine Statthalterschaft im pfälzischen Dienst angenommen, die ihn in lebhafteren Zusammenhang mit den Welthändeln brachte. Reisen und Briefwechsel vermittelten ihm die Kenntnis von allem, was vorfiel, und lieferten ihm dadurch den Stoff zu stets neuen Anschlägen im Interesse seiner Glaubenspartei. Auch in Prag war er schon einmal gewesen, hatte dort Beziehungen zum böhmischen Adel angeknüpft und war sogar vom Kaiser empfangen und mit Auszeichnung behandelt worden. Mit der Überzeugung, daß es seiner Kühnheit und Schlauheit nicht fehlen könne, trat er die Reise an. Von den protestantischen Herren in Prag wurde er gut aufgenommen, und ihre Gastfreundschaft entzückte ihn; fast verwunderlich kam es ihm vor, daß sie so viel Wert auf den Beistand der Union legten, da doch die deutschen Fürsten, an ihrem Reichtum gemessen, arme Schelme waren. Die reformierten Herren Wenzel von Budowa, Ruppa und Erasmus von Tschernembl, der bedeutendste Standesherr von Österreich, hatten ungemeine theologische Kenntnisse und waren in der Politik aller Länder bewandert. Sie trauten alle dem Kaiser durchaus nicht, man könnte ihn allenfalls zwingen, Versprechungen zu geben, nicht aber, sie zu halten, er sei ein Reptil, das überall durchschlüpfe. Mit Matthias sei vielleicht eher etwas auszurichten, er könne die Hilfe der Protestanten durchaus nicht entbehren, und wenn man nur den Khlesl abschaffte, so werde er leicht zu regieren sein.

      Tschernembl sagte, die Habsburger hätten alle Prätensionen, die wären ihnen nicht auszutreiben, am besten würde man ganz ohne sie auskommen. Ja, sagte Ruppa, ein bescheidener und vernünftiger Fürst, der ihnen von vornherein ihre uralten Rechte verbürgte und ohne das nicht zugelassen würde, schickte sich besser für sie. Sie könnten dann Sorge tragen, daß er nicht um sich griffe und sich breit machte. Wozu man sich überhaupt damit belüde, meinte Tschernembl. Wenn sich die Stände von Österreich, Böhmen, Mähren und Schlesien verbündeten, so wären sie doch stark genug, selbst ihre Interessen wahrzunehmen. Auf Venedig, Schweiz, Holland und die Union könnten sie immer rechnen. Die Republiken hätten doch viele Feinde, meinte Graf Thurn kopfschüttelnd, und in diesen kriegerischen Zeiten wäre man ohne ein fürstliches Haupt übel versorgt, gleichsam als trüge man die Hosen ohne Gurt. Tschernembl verwies auf das Beispiel der Holländer; wachsam und einmütig müsse man sein, davon hänge alles ab. Man sähe zur Genüge an den griechischen und römischen Staaten, wie sie in der Freiheit geblüht hätten. Es sei leichter, sich äußerer als einheimischer Tyrannen zu erwehren; wie schwer wäre es, die Habsburger abzuwerfen, da sie einem einmal im Genick säßen.

      Christian von Anhalt hörte solchen Gesprächen, wo die Fürsten wie Würfel hin und her gespielt wurden, verwundert und mit heimlicher Mißbilligung zu, ließ sich aber nichts merken, auch weil er dachte, daß es damit noch gute Weile habe. Das üppige Wesen mit den Weibern, das in Prag im Schwange war, mißfiel ihm gleicherweise, und er hielt sich einigermaßen davon zurück. Er pflegte sich stets einen Raum in seinem Geiste wie eine Kapelle vorzubehalten, wohin Lärm, Schmutz und Ungeziefer der Weltgeschäfte nicht drang, wo der klare Hauch des reinen Gottesglaubens und hoher Menschlichkeit wehte und wo das Bildnis einer Frau thronte, die er inbrünstig liebte und die ihm angehörte, seiner Gemahlin, einer Gräfin Bentheim, mit der er nun seit etwa zehn Jahren verheiratet war. Was ihn umgab und was er tat, mochte hie und da einmal übel schmecken, das Bewußtsein, daß seine Seele, wann er wollte, sich in einem Paradiese läutern konnte, verlieh seinem Wesen einen anmutigen und stolzen Schwung.

      Hoffnung beschwingte seinen Schritt, als er den Weg zum Kaiser antrat, und blies wie ein frischer Flügelschlag mit ihm in das Gemach des Monarchen; er erwiderte Anhalts ehrfurchtsvollen Gruß freundlich, erinnerte ihn an ihre frühere Begegnung und ermunterte ihn, sich zutraulich zu äußern. Zunächst, sagte Anhalt, könne er nur Dank äußern, daß der Kaiser ihm das Glück seiner Gegenwart gewähre, Dank, daß er in diesem Augenblick nicht nur als der Untertan zu seinem Herrscher, sondern daß er als ein Fürst und ein Mann zu dem sprechen dürfe, von dem die Geschicke der Welt abhingen.

      »Sollte es Euer Liebden allein unbekannt sein,« sagte Rudolf wehmütig, »daß kaum ein Herr auf seinem Gute so verlassen und ohnmächtig ist wie der Kaiser?«

      »Der Kaiser winke nur,« sagte Christian lebhaft, »und das Reich ist gerüstet, seinem Befehl zu gehorchen.« Der Kaiser kenne ja nur einen kleinen Teil des Reiches, er solle doch einmal nordwärts reisen, da werde ihm alles zu Füßen liegen. Er solle doch denen nicht Glauben schenken, die aus Unkenntnis oder Gehässigkeit ihm die Protestanten wie Heiden und Reichsfeinde abschilderten; sie selbst nennten sich Katholiken, denn sie hätten ja den alten Glauben nicht abgeschafft, sondern in seiner ursprünglichen Reinheit wiederhergestellt. Könnte er nur die Herzen der evangelischen Untertanen aus ihrer Brust nehmen und aufmachen wie einen Schrein, so würde er das Bild des Kaisers als ein Heiligtum darin verschlossen finden. Möchte er nur zwischen den Parteien ein gerechter Schiedsrichter sein und den Beschwerden der Evangelischen abhelfen, so würde der Frieden im Reiche wieder aufblühen. Könnten sie nur zu der Quelle gelangen, wo das Recht unverfälscht und unverstopft fließe, so würden die evangelischen СКАЧАТЬ