Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3). Ricarda Huch
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Название: Der Dreißigjährige Krieg (Teil 1-3)

Автор: Ricarda Huch

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 4064066388812

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СКАЧАТЬ am letzten Turnier nicht habe teilnehmen können. Es sei aus mit ihm, er könne nie mehr gesund werden, er, Loefenius, solle ihn trinken lassen, damit er sein Unglück vergäße; Geschäfte habe er das ganze Jahr, diese wenigen Tage sollte Loefenius ihm nicht vergällen.

      »Die schwerste aller Lasten ist ein leichter Kopf,« sagte Lingelsheim in lateinischer Sprache, »das gilt für den einzelnen wie für den Staat.« Ob denn Loefenius nichts mit den Räten des Herzogs habe ausrichten können? Außer dem Enslin, sagte Loefenius, sei keiner, der ein klares Wort zu reden sich getraue, und Enslin sei ihm absichtlich ausgewichen. Er habe gehört, daß Enslin daran arbeite, die Lehensrechte, die Österreich über Württemberg habe, abzulösen, und daß er sich deshalb den Kaiser geneigt erhalten wollte. Bis das erledigt sei, werde Württemberg dem Kaiser in allen Dingen nachgeben und sich auf nichts Verdächtiges einlassen. Jammervoll sei es, wie am Hofe gehaust werde, in einem Freudenhause könne es nicht ärger zugehen. Mehr als fünfhundert Personen zähle der Hofstaat, und die Tafel sei immer voll gedeckt. Der Herzog wolle durchaus eine stattliche Hofhaltung führen, obwohl doch wenig Adel im Württembergischen vorhanden sei und das Land gedeihen könnte, wenn es nicht absichtlich verderbt würde. Geld fließe wie Wasser, und um es sich zu verschaffen, ließe der Herzog Goldmacher kommen und stecke ihnen Tausende von Talern in die Tasche, bevor eine Erbse groß Gold aus ihrem Tiegel komme. Schlau genug sei der Herzog, aber er kümmere sich nur noch darum, etwas ins Bett und in den Beutel zu bekommen, und der Enslin könne und wolle nicht über Württemberg hinausdenken.

      Indessen hatte der Großhofmeister, Graf Solms, seine Not mit dem Kurfürsten, der, übellaunig von der Reise zurückkehrend, auf seine Gemahlin schimpfte, weil sie ihm nicht entgegengekommen sei, und in ihre Gemächer dringen wollte, um sie zur Rede zu stellen. Er sei eben nicht in dem Zustande, der hohen Frau aufzuwarten, sagte Graf Solms ernst; er habe getrunken und sei nicht Meister über seine Zunge. »Desto mehr über meine Faust«, stammelte der Kurfürst und rollte die Augen.

      Wenn er ihn verhindern könne, seine edle Gemahlin zu beleidigen, so wolle er Leib und Leben daransetzen, sowohl ihretwegen wie seinetwegen.

      »Warum verbirgt sie sich denn wie ein Weib, das seinem Eheherrn übelgesinnt ist?« schrie der Kurfürst. »Hätte sie mich geliebt, wie es sich gebührt, so hätte sie einen guten Mann an mir gefunden. Willst du leugnen, daß ich ein gutherziger, nachgiebiger Mensch bin? Ich will doch sehen, ob ich ihren Stolz und Trotz nicht beugen kann! ob sie mit ihrem Latein und Französisch einen Ausweg vor meinen Fäusten findet!«

      Der Graf stemmte sich gegen die Tür und sagte ruhig: »Der Leib Eures Dieners ist Euer Schild, er schützt Euch gegen Tod und gegen Schande.« Diese Worte und der vorwurfsvolle Blick des Grafen wendeten Friedrichs Sinn augenblicklich; er warf sich, in Tränen ausbrechend, an seine Brust und rief: »O mein Herz, mein treuester Johannes, ich tötete ja mich selbst in dir! Verlaß mich nicht! Denn was wäre ich ohne dich! Was habe ich dir getan, daß du mir die kaltherzige, ungehorsame Frau vorziehst und mich um ihretwillen deiner Liebe beraubst?«

      »Weil ich Euch liebe,« sagte Solms traurig, »will ich nicht, daß Ihr eine hohe Dame beleidigt, die Ihr vielmehr beschützen solltet«, und fuhr fort, ihm in dieser Weise zuzusprechen, worüber er schläfrig wurde und zu Bett gebracht werden konnte.

      Bei wiedererlangter Nüchternheit pflegte der Pfalzgraf Anwandlungen von Reue über die verübten Exzesse zu haben, besonders seit er dem vom Landgrafen Moritz bei Gelegenheit eines Familienfestes in Heidelberg gegründeten Mäßigkeitsorden beigetreten war. Moritz hatte es damals ärgerlich empfunden, daß der Stumpfsinn der Betrunkenen nicht die Art der Unterhaltung aufkommen ließ, die er liebte, und hatte den Vorschlag gemacht, man solle sich eine gewisse Beschränkung im Essen und Trinken auferlegen und zu diesem Zweck einen Verein stiften. Der Mensch sei zum Ebenbilde Gottes, nicht zum Ebenbilde von Affen und Schweinen geschaffen, denen er im Rausch ähnlich werde.

      Es sei gar zu anstrengend, Mensch zu sein, sagte der Herzog von Württemberg, man müsse sich von Zeit zu Zeit in der Säuerei davon erholen. – So? sagte Moritz höhnisch, das sei je nachdem: ein Vierfüßler könne nicht lange aufrecht gehen, ihm würde es Mühe machen, auf allen vieren zu laufen. Gott habe den Menschen ja ein Bad der Erquickung gerichtet in der Betrachtung seiner Vollkommenheit und in der Erforschung der Weltwunder. Da der Mensch aus Gottes Geist geschaffen sei, könne ihm auch nur durch den Geist Leben zufließen. Freilich müsse man essen und trinken, um den Körper zu erhalten, mit dem der Geist verbunden sei; aber wenn man zuviel Holz in den Ofen schiebe, so ersticke das Feuer, um dessentwillen doch nur geheizt werde. Die Fürsten sollten dessen vor allen Dingen eingedenk sein, die ihren Untertanen ein Vorbild aufstellen sollten. Sie als christliche Fürsten möchten auch nicht einen Baal oder Moloch anbeten, der im eisernen Bauch Kinder verbrenne und sich mit Opferblut begießen lasse; so könnten sie auch christlichen Völkern nicht zumuten, Herren zu dienen, die im Sumpf der Völlerei heimisch wären. Wenn sie ihren Untertanen nicht das Beispiel eines edleren Lebens geben könnten, wozu wären sie dann da? Hätte Gott sie eingesetzt, damit sie sich desto besser besaufen könnten? Ein Fürst stehe auf beleuchteter Höhe, und sein Wandel müsse so sein, daß jeder ihn mit Lust betrachten und sich danach bilden könne.

      Von solchen und ähnlichen Reden des Landgrafen Moritz wurde der Pfalzgraf endlich so erschüttert, daß er zu weinen anfing, dem Landgrafen um den Hals fiel und ihm sagte, er habe sein Gewissen geweckt, es sei alles wahr und richtig, er, der Pfalzgraf, wolle nun vom Saufen lassen und ein fürstliches Leben führen, damit die evangelische Wahrheit durch ihn offenbar werde. Es wurde demnach zur Einrichtung des Ordens geschritten, wonach niemand bei einer Mahlzeit mehr als sieben Becher Wein trinken durfte; zu einem kleineren Maße wollte der Herzog von Württemberg, der aber hernach wieder austrat, sich nicht verstehen, da er meinte, Gott könne es nicht darauf abgesehen haben, die Fürsten und Herren verschmachten zu lassen. Außer dem Landgrafen Moritz und dem Pfalzgrafen traten dem Orden bei der Landgraf Ludwig von Hessen-Darmstadt, Moritzens Vetter, der Markgraf von Jägerndorf und einige Grafen von Nassau, Solms, Erbach und Leiningen.

      Als Erfolg und Zuwachs wurde es in Heidelberg begrüßt, daß Landgraf Moritz von Hessen im Jahre 1603 den reformierten Glauben annahm. Auf einer Reise durch die Schweiz und Frankreich hatte er die Einrichtungen der reformierten Kirche durch eigene Anschauung und ihre Leiter persönlich kennengelernt und einen Eindruck davon gewonnen, der seine schon bestehende Neigung verstärkte. In Basel, Zürich und Genf fand er Friedfertigkeit, Ordnung und Tüchtigkeit, sah er alle Kräfte des Gemeinwesens gesammelt, um eine harmonische Erscheinung hervorzubringen. Die Geistlichen, mit denen er sich unterhielt, schwärmten nicht in Geheimnissen, die sie allein besitzen wollten, vielmehr suchten sie die göttliche Vernunft allen zu entschleiern. Es schien ihm, als hätten die Menschen dort klarere und festere Gedanken, gesundere, regelmäßiger schlagende Herzen, und Ungeduld ergriff ihn, einen ähnlichen Zustand nach Deutschland, wenigstens nach dem ihm untergebenen Hessen zu verpflanzen. Den König von Frankreich, Heinrich IV., betrachtete er als noch der reformierten Religion zugehörig, soweit er ihn bewunderte; seine Fehler, die Ausschweifungen, die Liederlichkeit seines Ehelebens und allerlei Zweideutigkeiten und Unregelmäßigkeiten schrieb er seinem Zusammenhange mit der katholischen Kirche zu. Er war überzeugt, daß Heinrich IV. sich im Herzen mit den Bekennern seines alten Glaubens einig fühlte, die auf der Seite seines guten Genius ständen, und sie in etwaigen Kämpfen und Nöten unterstützen würde. Dazu kam, daß seine zweite Frau – denn die zarte Agnes war nach neunjähriger Ehe gestorben –, die sechzehnjährige, kluge Juliane, eine Oranierin war, reformierten Glaubens, eine Vertreterin des Geschlechtes, dessen Namen ein Meerhauch von Kraft und Freiheit umwitterte.

      Mit einigen ergebenen Geistlichen arbeitete Moritz selbst die neue Verordnung aus, nach welcher vornehmlich die Änderung stattfand, daß alle Bilder aus der Kirche entfernt und beim Abendmahl das Brot zum Gedächtnis Jesu gebrochen und an die Gemeinde ausgeteilt werden sollte. Eines Sonntags trug ein Prediger in der Kasseler Hofkirche in einer größtenteils von Moritz selbst verfertigten Rede alle Gründe vor, die den Landgrafen zu der neuen Ordnung geführt hätten, forderte das Volk auf, sich damit bekannt zu machen, sie zu prüfen und etwaige Zweifel dem СКАЧАТЬ