Steff. Bernt Danielsson
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Название: Steff

Автор: Bernt Danielsson

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9788711464878

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СКАЧАТЬ zuzuhören, kleine kristallglitzernde Schweißtropfen auf ihrer glatten Stirn hervortreten zu sehen, ihre daunenweichen Wangen anzuschauen, ihre gerade Nase die Farbe wechseln zu sehen wie eine falsch programmierte Verkehrsampel, zu hören, wie sie schluckte, Luft holte und sich gleichsam Mut erkämpfte, um mit ihrer Erzählung fortfahren zu können – ja, das war wirklich ziemlich angenehm.

      ‚Es tut weh, wenn die Knospen aufplatzen‘ dachte er und kicherte in Gedanken, ‚aber es klingt verdammt noch mal nicht schlecht. Und das Gleichnis mit der kaputten Ampel war auch gar nicht so übel. Nein, richtig gut, bisher eines der besten. Verglichen mit dem angestrengten Vergleich von der weißen Katze und dem an den Haaren herbeigezogenen Ölbohrturm ist es richtig spitzenmäßig.‘ Sie wechselte nämlich wirklich von Knallrot über eine Art Orange zu einem schwachen Grünschimmer (man konnte fast meinen, daß ihr übel war), während sie erklärte, wie alles zusammenhing.

      So ungefähr hing also alles zusammen (wenn er es nicht falsch verstanden hatte):

      Stephanie war mit einem Jungen zusammen (wie sie sagte), der Ricky Nilsson hieß und in die Parallelklasse der gleichen Schule wie sie ging. Sie gingen miteinander (wie sie es später nannte), schon seit Januar.

      Bei ihr klang das so, als ob schon bald goldene Hochzeit gefeiert würde –, ‚und für eine Sechzehnjährige ist ein gutes halbes Jahr sehr lang‘, dachte er und wurde neidisch.

      Es war offenbar ein schwieriges und zugleich stürmisches Verhältnis – nicht, daß sie viele Einzelheiten erzählt hätte, aber was sie errötend berichtete, schien unglaublich viel weiter gegangen zu sein, sowohl auf körperlicher wie auf seelischer Ebene, als alles, was er von seinen Verhältnissen (‚ja, Plural ist ganz richtig‘), als er sechzehn war, erinnern konnte.

      Nach einem Monat des glitzernden Verliebtseins hatte es sich so zugespitzt, daß sie Schluß gemacht hatte, aber später im Frühjahr hatte es wieder gefunkt zwischen den beiden, und sie waren den ganzen Sommer über jeden Tag zusammengewesen.

      Er konnte sie richtig vor sich sehen: Eng umschlungen schlendern sie über kahle Felsen irgendwo auf einer Insel draußen in den Schären, die Sonne glitzert in den Wellen und in den Metallbeschlägen des vertäuten Segelboots und allen unbegreiflichen Haken, Schrauben, Griffen und Muttern. Und dann, wenn die heißflimmernde Sonne allmählich hinter dem Horizont versinkt: täppische Zärtlichkeiten auf sonnenverbrannter Haut, die sich kräuselt, und ein junger Mensch mit Flaum auf der Oberlippe starrt erstaunt auf eine Brustwarze, die ...

      Ja, ja.

      Sie gingen immer noch miteinander, auch wenn es zur Zeit gerade etwas abgekühlt und problematisch war, der Grund dafür war, was sie so umständlich zu erklären versuchte: daß Rickys Vater verschwunden war.

      Theodor fand, daß man die Sache eigentlich so nicht ausdrücken dürfe, wenn ein Mensch einen Abschiedsbrief geschrieben und deutlich erklärt hatte, daß er „an einen unbekannten Ort verreisen“ würde, er es wolle und müsse, nicht die Absicht habe zurückzukommen und sie absolut nicht nach ihm suchen sollten; er außerdem hoffe, daß Ricky eines Tages verstehen würde, warum, und ihm verzeihen könnte.

      ‚Der Typ hatte vermutlich von allem die Schnauze voll – von der Arbeit, seiner Ex-Frau, seinem Taugenichts von Sohn, der bestimmt fraß wie ein Wolf, wo doch das Essen jeden Tag teurer wurde, von dem Scheißfernsehprogramm – und war einfach abgehauen.

      Ich kann ihn so gut verstehen.

      Oder er hatte Selbstmord begangen – aber sie hatten offenbar noch keine Leiche gefunden, und das war immerhin ein gutes Zeichen.‘

      Rickys Eltern hatten sich scheiden lassen, als er zehn war, und in den ersten Jahren hatte er bei seiner Mutter gewohnt. Aber als sie sich mit einem megawiderlichen Typ wieder verheiratet hatte, war er nach einem Haufen Ärger wieder zu seinem Vater gezogen. Und da hatte er seither gewohnt.

      Stephanie zufolge verstanden sie sich prima (der Vater und Ricky also), und Ricky mochte ihn sehr gern, und er (der Vater) mochte Ricky sehr gern. Alles war also in Butter, der alleinerziehende Vater kümmerte sich um den Sohn und die Dreizimmerwohnung und das Kochen und seine Arbeit, alles ohne größere Mühe.

      ‚Genau das habe ich mir gedacht‘, dachte Theodor und schnaubte in Gedanken verächtlich über alle alleinerziehenden Mütter und Väter, die er im Fernsehen hatte jammern und klagen hören, daß es unmöglich sei, alles zu schaffen – Arbeit, Haushalt und Kind. ‚Verfluchte Querulanten. Wie man sich bettet, so liegt man.‘

      Aber andererseits kann es nicht so kuschelmuschelwunderbar gewesen sein, denn sonst wäre das Folgende nicht geschehen:

      Als Ricky eines Abends Anfang August nach Hause kommt, findet er den Abschiedsbrief seines Vaters und bricht zusammen. Die ziemlich hölzern geschriebenen Zeilen „schlagen seine ganze Welt in Scherben“ (der unglaublich begabte Journalist der Lokalzeitung ist für die Wortwahl verantwortlich, nicht Stephanie), und dann geht es mit unglaublicher Geschwindigkeit bergab – ja geradewegs zur Hölle. Ricky wird barsch und mürrisch und sauer und schlechtgelaunt und hoffnungslos und abweisend und störrisch und wütend und überhaupt furchtbar und gewalttätig und verärgert und trifft sich mit einer Bande shitheads (das war ihr Ausdruck, nicht Theodors), die bestimmt einen Haufen ekelerregender Sachen machen (das waren Theodors Worte, nicht Stephanies).

      ‚Das sind bestimmt die, die in umgedrehten Basketballmützen oder Mönchskutten herumlaufen‘, dachte Theodor, ‚und sie haben immer so noppige graue Hosen an mit Hängeärschen und ausgebeulten Taschen, in denen sie ihre gemeinen Waffen haben und ihre ekligen Süßigkeiten, die sie kauen, wenn sie mit ihren Armeestiefeln stampfen und nur so zum Spaß friedliche Alkis verprügeln und dabei selber mindestens drei-, wenn nicht viermal im Monat alles mögliche in sich hineinschütten, weil sie ja älter sind als diese Dreizehnjährigen, von denen im Fernsehen berichtet wurde. Ist wahrscheinlich egal, was sie in sich hineinlaufen lassen. Hauptsache, sie werden stockbesoffen und mutig genug, um den Blick von den Latschen zu heben. Und wenn sie zu fünfzehnt sind, dann trauen sie sich vielleicht, die 65jährige Tante vom Zeitungskiosk auszurauben. Sie sniffen bestimmt Klebstoff und Verdünner und testen am laufenden Band irgendwelche Drogen.‘

      „Das kann passieren“, sagte Theodor und entließ einen Rülpser, der Stephanie genau im Gesicht traf, er stank nach abgestandenem Knoblauch und hatte außerdem einen scharfen, metallischen Geruch – es roch fast wie Essig, fand sie.

      Wenn sie schon einmal eine frischgekochte Marinade auf der Basis von Weißweinessig gerochen hätte, dann hätte sie vielleicht sagen können, daß so Theodors Rülpser roch.

      „Wie ‚Das kann passieren‘?“ fragte sie spitz.

      „Tja, man könnte auch sagen: So ist das Leben oder c’est la vie oder that’s life oder ... Ähm, ich konnte es auch einmal auf griechisch, aber das habe ich vergessen ... Was ich damit sagen will, das ist zwar alles ziemlich traurig, aber wieso bist du auf die Idee gekommen, mich aufzusuchen?“

      Sie zuckte mit den Schultern, legte die Unterarme auf die Tischkante und starrte ziellos einen braungelben Fleck auf dem blau-weiß-karierten Küchentuch an. Sie sagte nichts. Sie starrte ihn sehr lange an und war völlig stumm.

      Theodor schaute sie erstaunt an und lehnte sich zurück.

      „Japanischer Senf“, sagte er, mehr um etwas zu sagen, denn wenn sie nichts sagte, fühlte er sich tatsächlich etwas ‚ähm ... etwas komisch irgendwie, nicht direkt unbehaglich, aber vielleicht ein bißchen ...‘

      Peinlich berührt?

      ‚Nein, verdammt, überhaupt СКАЧАТЬ