Hagakure. Jocho Yamamoto
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Название: Hagakure

Автор: Jocho Yamamoto

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783159618241

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      Besonders interessant ist die Enge der Beziehung zwischen Feudalherr und Vasall, die im Hagakure mit einer (homosexuellen) Liebesbeziehung gleichgesetzt wird. In Paragraph 2 des zweiten Bandes zitiert Jōchō das folgende Gedicht, um das »tiefste Mysterium wahrer Liebe« zu verdeutlichen:

      Erkenne meine Liebe

      Nach meinem Tod im Rauch,

      Wenn schließlich ich meine innersten Gefühle

      Nicht mehr zu unterdrücken vermag.

      Er erläutert im Anschluss, dass es sich nur bei einer bis in den Tod hinein geheimgehaltenen Liebe, die sich erst im Rauch der Feuerbestattung offenbart, um eine Liebe von wahrer Reinheit handelt. So wie an dieser Stelle findet der Leser Hinweise über den Text verteilt, die den Eindruck vermitteln, dass der Autor bis in den Ruhestand hinein genau einer solchen geheimen Liebe nachhing, während seine Gleichstellung einer idealen Liebesbeziehung mit dem idealen Feudalverhältnis anscheinend offenbart, wem diese Gefühle tatsächlich galten. Yamamoto Hirofumi bemerkt entsprechend, es handele sich bei der Bezeichnung nagusamikata, die Mitsushige in seinem Brief gegenüber Jōchō gebrauchte, als er ihm sein gebrauchtes Bettzeug schenkte (Paragraph II-64), um eine Anrede, die man in der literarischen Welt jener Zeit als Anrede für einen Partner in einer homosexuellen Beziehung gebrauchte.72 Überhaupt erscheint diese Episode überraschend, könnte man die Natur des Geschenks doch durchaus als symbolisch interpretieren.

      In diesem Zusammenhang ist auch die weite Verbreitung homosexueller Beziehungen unter dem japanischen Kriegeradel zu nennen, die allgemein toleriert und akzeptiert wurden, solange sie nicht die sozialen Strukturen, das politische Gleichgewicht oder besondere Familieninteressen bedrohten.73 So werden auch in Paragraph I-181 des Hagakure die »weisen Worte« des berühmten Edo-zeitlichen Schriftstellers Ihara Saikaku zitiert: »Junge Knaben ohne einen Herzensfreund74 sind genau wie Frauen, die keinen Mann haben.« Und sobald sich eine solche Beziehung zwischen einem »älteren« und einem »jüngeren Bruder« mit der zwischen Lehnsherr und Vasall überlagerte, also typischerweise als Beziehung zwischen einem daimyō und seinem Pagen, war die Entwicklung zur bedingungslosen Loyalität und zum selbstaufopfernden Dienst bis hin zum Folgetod laut Koike Yoshiaki nur natürlich.75

      Obwohl von der Existenz einer solchen Beziehung zwischen Jōchō und Mitsushige nichts bekannt ist, lassen sich im Hagakure doch genug Andeutungen finden, um dies zumindest nahezulegen. Zumindest stellte sie für Jōchō eine Idealvorstellung des Lehnsverhältnisses dar. Dieser besondere Schwerpunkt gibt daher durchaus Anlass zu Spekulationen über die tatsächliche Beziehung zwischen Fürst Mitsushige und Jōchō, der ja bekanntlich seine Laufbahn als Laufbursche und Page begann und in dieser Position möglicherweise in die Geheimnisse der homosexuellen Liebe eingeführt wurde. Vielleicht macht auch darum seine spezielle Verbindung zu Mitsushige für ihn den Kern seines Selbstwertgefühls und Stolzes aus, wie es sich im Hagakure durchweg zeigt. Und möglicherweise ist das Werk gerade darum so unkritisch gegenüber Mitsushige, hätte doch jede Kritik an ihm die Position Jōchōs und ihr gegenseitiges Verhältnis in Frage gestellt.

      Der oben erwähnte Ihara Saikaku war ein virtuoser Kritiker der feudalen Beziehungen seines Landes. In seinen Werken greift er die Edo-zeitlichen Samurai als Männer an, die derart durch Vorgaben wie ihren sozialen Rang und ethische Prinzipien gebunden waren, dass sie kein freies Leben zu führen imstande waren. Während sich Saikaku allerdings der Diskrepanz zwischen Ideal und Wirklichkeit der Existenz der bushi voll und ganz bewusst war und auf dieser letztlich die Ironie seiner populären Kriegererzählungen aufbaute, scheint Jōchō sich der verdeckten Mehrdeutigkeit oder Ironie der von ihm beschriebenen Ideale an der Oberfläche so wenig bewusst zu sein, dass der Leser sich manchmal fragt, ob er nicht zumindest unterschwellig selbstironisch zu sein versuchte.

      Wenn man daher das Hagakure einerseits auch nicht aufgrund seines Missbrauchs als Quelle militaristischer Ideologie in Japan vor 1945 beurteilen sollte, so ist es andererseits auch ein Fehler, es als hehre, universal gültige Philosophie misszuverstehen. Vielmehr sollte es als wertvolles Zeitdokument und als ein Stück vormoderner Literatur verstanden werden, das ein lebendiges Bild von den existentiellen Sorgen und dem Bedürfnis nach Selbstbestätigung einer Kriegergesellschaft in Friedenszeiten präsentiert.

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