Die Todesstrafe I. Jacques Derrida
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Название: Die Todesstrafe I

Автор: Jacques Derrida

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Passagen forum

isbn: 9783709250389

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СКАЧАТЬ Alle vier haben eine theologische und politische Botschaft, eine andere Botschaft. Wir werden später sehen, inwieweit heute, wo im Unterschied zu dem, was noch 1989, vor zehn Jahren, geschah, als nur 58 Länder die Todesstrafe auf alle Verbrechen abgeschafft hatten, wo also heute umgekehrt jene Länder, die der Todesstrafe ein Ende gesetzt haben, bei weitem in der Mehrheit sind, 105 – während es noch 72 Länder gibt, die die Todesstrafe anwenden –, wo also heute die Positionen der Kirchen, der christlichen Kirchen und insbesondere der katholischen Kirche ambivalent oder widersprüchlich sind, je nachdem, ob sie von dieser oder jener Instanz vertreten werden (der Rat der christlichen Kirchen62 zum Beispiel erklärte 1991 seine Ablehnung der Todesstrafe, während der vom Papst unterzeichnete „Katechismus der Katholischen Kirche“ diese Strafe in sogenannten „schwerwiegendsten Fällen“63 rechtfertigt, darin der Tradition folgend, die, unter so vielen anderen, notorisch von einem heiligen Thomas von Aquin illustriert wird, der ein beredter und energischer Befürworter der Todesstrafe gegen Häretiker war, jene Falschmünzer des Glaubens, die, wie die Falschmünzer im Allgemeinen, welche von den säkularen Fürsten mit dem Tode bestraft werden, ebenfalls „gerechter Weise getötet“64 werden müssen). Alle vier, sagte ich, haben eine theologische und politische Botschaft, eine andere Botschaft. Und, als zusätzliche Komplikation: Das Wesentliche dieser anderen Botschaft in der auf diese Weise eröffneten und bereits skandierten Geschichte finden wir in jeder Kulturgeschichte, jeder politischen Geschichte, jeder Rechts- oder Religionsgeschichte der Todesstrafe wieder, wir finden es auf beiden Seiten wieder, sowohl auf der Seite derer, die sehr bald schon, und dann auf eine ganz andere Weise, in der Moderne gegen die Todesstrafe gekämpft haben, als auch auf der Seite derer, die ihr Prinzip aufrechterhalten haben, bisweilen nur das Prinzip, bisweilen auch die grausamste Anwendung. Was unsere Lektüren, unsere Interpretationen, unsere Arbeit nicht erleichtern wird. Wir sind jedoch nicht hier, um die Dinge zu vereinfachen. Wir sind hier, erlauben Sie mir, dies noch einmal in Erinnerung zu rufen, denn das ist in diesem Zusammenhang wesentlich und entscheidend, wir sind hier weder in einem Tribunal noch auf der Anklagebank, weder an einer Kultstätte noch in einem Parlament, weder bei einer Zeitung [journal] noch bei einem Tele- oder Radiojournal. Wir befinden uns auch nicht in einem echten Theater. All diese Orte auszuschließen, all diese Orte zu verlassen, ohne Ausnahme, das ist die erste Bedingung, um die Todesstrafe zu denken. Und also zu hoffen, diesbezüglich irgendetwas zu ändern.

      Erste Sitzung

      8. Dezember 1999 (Fortsetzung)1

      Sokrates, Jesus, Al-Halladsch, Jeanne d’Arc: Krieg, bisweilen bewaffnet, nicht zwischen dem Theologisch-Politischen und seinem Anderen, sondern zwischen mindestens zwei Geschichten und zwei Versionen des Theologisch-Politischen. Das heißt auch: der Souveränität.

      Ich möchte jedoch, immer noch bevor wir anfangen, immer noch in der Morgendämmerung des Seminars über das Quasi-Theater der Todesstrafe, jemand anderen hierher kommen lassen – nicht auf die Bühne oder vor die Schranke des Gerichts, denn ich habe ja gesagt, dass dies weder ein Tribunal noch ein echtes Theater ist, sondern eben hierher. Ich möchte hier das Gespenst Jean Genets wiederkehren lassen, des großen dramatischen Dichters, des großen Zeugen und Theatersmanns dieser Zeit, des faszinierten Analytikers (und diese Faszination wird eines unserer Themen sein), des faszinierten СКАЧАТЬ