Der Tod des Jucundus. Franziska Franke
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Название: Der Tod des Jucundus

Автор: Franziska Franke

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Krimi

isbn: 9783958132276

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      Ohne große Begeisterung ging ich ins Arbeitszimmer meines Partners, traf ihn jedoch dort nicht an. Aber die Papyrusrollen und wachsbeschichteten Schreibtäfelchen, die sich am Vortag auf seinem Tisch gestapelt hatten, waren weggeräumt worden, ein untrügliches Zeichen dafür, dass Respectus im Kontor war.

      Also trottete ich auf den Nachbarraum zu, in dem mein eigener Schreibtisch stand. Noch ehe ich die Tür öffnete, wusste ich, was mich dahinter erwartete. Denn durch den Türspalt drang das unangenehm strenge Parfum, das Respectus benützte. Dies war die einzige Eitelkeit, bei der ich ihn jemals ertappt hatte. Aber ich fand, er hätte auch diese ablegen können, vor allem wenn er sich in unseren gemeinsamen Räumen aufhielt.

      Verärgert fragte ich mich, was er in meinem Arbeitsraum verloren hatte. Ganz vorsichtig drückte ich die Türklinke herunter und riss dann die Tür mit einem kräftigen Ruck auf.

      Mein Teilhaber, der an meinem Schreibtisch über einigen Dokumenten gebeugt saß, schrak zusammen und ich hätte zu gern gewusst, wobei ich ihn überrascht hatte. Wie immer trug er seinen karierten Kapuzenumhang, mit dem kein Römer auch nur einen Schritt vor die Tür setzen würde. Zu seinen Gunsten sei aber erwähnt, dass er kein Römer war, sondern ein rothaariger keltischer Händler aus dem Stamme der Treverer, dessen Familie schon vor der Ankunft der Legionen an der Mainmündung gelebt hatte.

      Ich hätte mir keinen besseren Teilhaber wünschen können, da er wie besessen arbeitete. Mit seinem Fleiß schüchterte er meinen Bruder Lucius geradezu ein. Das mochte aber nicht viel heißen, denn mein jüngerer Bruder hatte die Arbeit nicht erfunden. Nur aus Familiensinn ließ ich ihn in unserer Firma arbeiten, obwohl wir sicher einen besseren Angestellten in jeder Schankwirtschaft gefunden hätten.

      »Schön, dass du wieder da bist. Wie ist deine Reise verlaufen?«, stammelte Respectus mit bleichem Gesicht und schaute griesgrämig zu mir hoch.

      Offenbar passte es ihm nicht in den Kram, dass ich so früh am Morgen im Handelskontor aufgetaucht war. Mir wurde plötzlich bewusst, dass ich ihm ohne weiteres zutraute, mich zu betrügen. Verstimmt nahm ich mir vor, ihn demnächst zur Rede zu stellen, aber an diesem Morgen hatte ich leider andere Probleme. Ich konnte mich aber nicht beherrschen, meinen Teilhaber zu fragen, warum er nicht in seinem eigenen Raum arbeitete.

      »Ich habe mich nur ganz kurz in dein Zimmer gesetzt, weil es hier heller und wärmer ist. Du kommst ja sonst nicht so früh in deine Schreibstube«, behauptete er, aber ich konnte beim besten Willen nicht finden, dass mein Raum tatsächlich deutlich sonniger war, zumindest nicht in den Morgenstunden.

      Mit der rechten Hand fuhr Respectus gedankenverloren über das Eichenholz meines Schreibtisches, an dem er immer noch saß und von dem er sich offenbar nur schwer losreißen konnte.

      »Warst du erfolgreich an der Mosel?«, fragte er schließlich in dem teilnahmslosen Tonfall in dem man sich anstandshalber nach dem Befinden seiner Bekannten erkundigt.

      Um nicht länger in der Tür herumstehen zu müssen, schob ich einen Stuhl aus einer Ecke auf die andere Seite des Tisches, denn noch immer machte mein Teilhaber keine Anstalten meinen Arbeitsplatz zu räumen. Während ich mit knappen Worten von meiner Handelsmission berichtete, versuchte ich einen Blick auf die Dokumente auf dem Schreibtisch zu werfen, aber Respectus bedeckte das oberste mit seiner Hand.

      »Wo steckt eigentlich dein Bruder Lucius?«, erkundigte er sich, als ich geendet hatte. Damit kam er meiner Frage nach den Akten zuvor, die er offensichtlich vor mir zu verbergen suchte.

      »Er ist krank und irgendwer muss die Arbeit doch schließlich erledigen«, erklärte ich in einem möglichst beiläufigen Tonfall, »deshalb bin ich heute auch etwas früher als sonst gekommen.«

      »Was fehlt ihm denn?«, wollte Respectus wissen, aber es war offensichtlich, dass er in Gedanken woanders war.

      »Er hat über Nacht hohes Fieber bekommen und kann keine Nahrung bei sich behalten. Außerdem ist seine Haut von roten Flecken übersät.« Ich sagte mir, dass ich nicht übertreiben durfte und ließ es bei diesen Symptomen bewenden. »Die Tochter des Nachbarn hat die gleiche Krankheit«, fügte ich aber mit einem Anflug von Bosheit hinzu. »Mein Bruder hat sich bestimmt bei ihr angesteckt.«

      »Das ist ja schrecklich«, stammelte mein Teilhaber und verdrückte sich schleunigst aus meinem Raum, wobei er aber leider so schnell seine Dokumente zusammenraffte, dass ich sie wieder nicht einsehen konnte.

      Mit dem muss ich noch ein Hühnchen rupfen, sobald diese Sache überstanden ist, dachte ich und eine Welle der Übelkeit überkam mich, als ich vor meinem inneren Auge meinen Bruder mit blutverschmierter Tunika sah. Dieses schreckliche Bild ließ sich nicht aus meinem Gedächtnis verbannen. Noch immer hatte ich Kopfschmerzen und das konnte nur an dem miserablen Wein aus dieser Spelunke liegen, denn normalerweise werfen mich vier Becher Rebensaft nicht gleich völlig aus der Bahn.

      Ich erledigte nur die allerdringendsten Arbeiten, denn ich konnte mich nur mit Mühe auf den Weinhandel konzentrieren. Die Zeit verfloss mit quälender Langsamkeit, aber wenigstens ließ mich Respectus in Ruhe.

      Als am späten Vormittag eine realistische Chance bestand, dass die Tavernen geöffnet sein könnten, verabschiedete ich mich unter dem Vorwand, eine dringende Besorgung erledigen zu müssen.

      »Willst du nicht lieber nach Hause gehen?«, rief mir mein Teilhaber nach. »Du siehst gar nicht gut aus. Bestimmt hast du dich bei Lucius angesteckt!«

      Offenbar war meine Bemerkung über die in unserer Familie grassierende Seuche auf fruchtbaren Boden gefallen. Darauf hatte ich auch gebaut, denn mein Geschäftspartnet war schon immer ein ziemlicher Hypochonder gewesen.

      »Ich werde es mir überlegen, denn mir geht es wirklich nicht besonders gut.«

      Ich drückte mich absichtlich etwas vage aus, weil ich den Verdacht hatte, dass Respectus mich loswerden wollte, um ungehindert seinen obskuren Geschäften nachgehen zu können.

      »Keine Sorge, ich schaffe es auch allein.«

      Diese Hürde war also genommen! Unterwegs suchte ich nach einem geeigneten Vorwand, um den Wirt ausfragen zu können. Schließlich fiel mir nichts Besseres ein, als zu behaupten, ich habe einen wertvollen Ring in seiner Schenke verloren. Ich legte mir eine kleine Geschichte zurecht und erhoffte zugleich, dass der Wirt sie schlucken möge.

      Über dem Eingang der Taverne hing ein Holzschild, auf dem große rote Buchstaben verkündeten: »Um meinen Wein betrogen, gebe ich niemandem mehr Kredit«. Dieser freundliche Hinweis war mir am Vortag in der Dunkelheit entgangen. Man konnte dem Wirt seine Prinzipien kaum verdenken angesichts der Gäste, die bei ihm verkehrten!

      Meine Sympathie mit dem Besitzer der Spelunke verflog schlagartig wieder, als ich seine heruntergekommene Wirtschaft betreten und mein Anliegen geäußert hatte.

      »Willst du mir unterstellen, dass ich stehle?«, fragte der Wirt grimmig und baute sich vor mir auf. Er war breitschultrig, muskulös und hatte das brutale Gesicht eines Metzgers. Wahrscheinlich trainierte er jeden Abend, indem er betrunkene Soldaten aus seiner Schenke warf.

      Neben ihm stand seine Tochter, das blasse, etwas einfältige Mädchen, das uns am Vorabend bedient hatte. Sie trug noch immer dasselbe dünne, geblümte Kleid und die modischen, wenn auch unpraktischen Sandalen. Momentan war sie damit beschäftigt, die Trinkgefäße in einem Bottich zu spülen, der mit trübem Wasser gefüllt war, das den Endruck erweckte, als hätte sie zuvor die Pfannen darin gereinigt. Kein Wunder, СКАЧАТЬ