Der Tod des Jucundus. Franziska Franke
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Название: Der Tod des Jucundus

Автор: Franziska Franke

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Krimi

isbn: 9783958132276

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СКАЧАТЬ Kommandant des Zweilegionenlagers von Mogontiacum

      Offizier: leitet einen Bautrupp, der ein Aquädukt errichtet

      Centurio: leitet Einsatz zur Niederschlagung einer Verschwörung

      Jedes Jahr, wenn sich der Tod des Viehhirten Jucundus jährt, opfere ich Wein vor dem Grabstein, den ihm sein Patron Marcus Terentius errichten ließ. Dann betrachte ich die in die Vorderseite des Steins eingemeißelte bukolische Szene: Ein Hirte mit einer Peitsche und zwei Bäume sind darauf zu sehen sowie fünf Tiere, bei denen es sich wohl um einen Schäferhund und vier Schafe handeln mag. Aber der Steinmetz war kein begnadeter Künstler, weshalb ich mir nicht ganz sicher bin. Jedoch für die entlegene Provinz Obergermanien mochte sein Talent wohl reichen, denn die anderen Grabsteine, die die Ränder der Ausfallstraße säumen, sind auch nicht von wesentlich höherer Qualität.

      An diesen Jahrestagen erinnere ich mich stets an den Abend, an dem ich von einer zweiwöchigen Geschäftsreise zurückkam. Der Winter neigte sich endlich seinem Ende zu und ich hatte daher die Weinberge inspiziert, die unser Handelskontor an der Mosel besitzt. Wie immer hatte es mich mit Stolz erfüllt, dass wir inzwischen unseren Moselwein sogar nach Rom lieferten. Um die steigende Nachfrage befriedigen zu können, hatten wir einige Weinberge dazugekauft, deren Kultivierung ich in den vergangenen zwei Wochen überwacht hatte. Nun reiste ich als Passagier auf einer Prähme zurück. Das ist ein Schiff mit flachem Boden, dessen kastenförmiger Rumpf an Bug und Heck abgeschrägt war. Der Vorzug derartiger wenig elegant aussehender Schiffe ist, dass sie auch ohne Hafenanlage am Ufer landen können und das ist sehr praktisch, denn solche Hafenanlagen waren an der Mosel meist nicht vorhanden. Aber auch auf dem Rhein zu navigieren ist schwierig. Denn flussabwärts verengt sich das Tal des Stroms, wodurch das Wasser reißend wird und es drohen Stromschnellen und Klippen.

      Am Horizont zeichneten sich bereits die breite Rheinbrücke und die Mauern des Legionslagers Mogontiacum ab, das sich auf einer Anhöhe am Rheinknie erhob. Den Germanen auf der anderen Rheinseite sollte es signalisieren, wer das Land auf dem linken Rheinufer beherrschte. Die Zivilsiedlung mit ihren kommunalen Bauten, ihren Tempeln und dem Forum war hingegen erst später um das Legionslager herum entstanden. Doch inzwischen war Mogontiacum eine richtige Stadt.

      Ich freute mich, dass der Kapitän meines Handelsschiffes es geschafft hatte, die Stadt vor Beginn der Dämmerung zu erreichen. So würde ich früh nach Hause gehen können, da ich mich müde und abgespannt fühlte. Die Stadt kam immer näher und ich bemerkte, dass die Mauer, die das Legionslager umgab, in der Zwischenzeit frisch geweißt worden war. Ob man sich wohl die Mühe gemacht hatte, auch die Mannschaftsbaracken zu renovieren? Wohl kaum, zumal die Steinbauten erst vor zehn Jahren Holzbaracken ersetzt hatten.

      Während ich mir diese Frage stellte, kam mir ins Bewusstsein, dass ich zwar unzählige Amphoren und Fässer an die Legionen geliefert, aber noch niemals das Lager von innen gesehen hatte, da es nur Angehörige der Armee betreten durften. Sicherlich hatte ich nichts versäumt, denn die römischen Legionslager wurden unter rein praktischen Gesichtspunkten errichtet. Ästhetik spielte dabei eine untergeordnete Rolle. Aber es ärgerte mich trotzdem, dass ich mich mit der Rolle eines Zaungastes begnügen musste. Die Wachsoldaten mussten mich mittlerweile für einen besseren Fuhrknecht halten.

      Trotz dieser finsteren Gedanken musste ich zugeben, dass die Umfassungsmauer mit ihren Toren eindrucksvoll war. Die zur Zivilsiedlung gelegene Porta Praetoria mit ihren beiden Türmen war das prächtigste der Tore, denn die Rheinfront war sozusagen die Schauseite des Lagers.

      Bei meiner Ankunft lagen mehrere Schiffe im rechteckigen Hafenbecken vor Anker. Das kam nicht häufig vor, obwohl Mogontiacum ein wichtiges Handelszentrum war. Trotzdem war der Ort aber eine typische Soldatenstadt geblieben, deren öffentliches Leben von den Legionären bestimmt wurde. An diesem Nachmittag ging es jedoch am Hafen recht lebhaft zu.

      Unser Schiff wurde am Kai vertäut und die Hafenarbeiter schoben eine breite Planke auf das Schiffsdeck, die wir als Laufsteg benutzen konnten. Es war ein gutes Gefühl, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, pfiff ich eine Melodie vor mich hin, die abrupt verstummte als ich den unglücklichen Jucundus erblickte. Aber ich greife vor, denn damals war er noch munter und guter Dinge. Vielleicht sollte ich aber an dieser Stelle erwähnen, dass Jucundus und ich Freigelassene desselben Herrn waren. Daher teilten wir viele, wenn auch nicht immer besonders angenehme Erinnerungen.

      »Marcus!«, rief er mir schon aus der Ferne zu und ruderte dabei wild mit den Armen in der Luft herum.

      Einen Augenblick lang erwog ich, in eine andere Richtung zu blicken, denn mir war nicht nach einem Schwätzchen zumute. Verschwitzt wie ich war, hätte ich lieber sofort die Therme aufgesucht. Jedoch war es schlechterdings nicht möglich, jemandem an dem kleinen Hafenbecken auszuweichen.

      Also kapitulierte ich vor dem Unvermeidlichen: Damit Jucundus nicht weiterhin soviel Aufmerksamkeit auf sich lenkte, winkte ich zurück und gab damit zu erkennen, dass ich ihn sah. Mein ehemaliger Mitsklave bahnte sich seinen Weg durch die Matrosen und Schauerleute, die am Hafen Säcke, an Stangen befestigte Transportamphoren und sorgfältig verschnürte Bündel von den Schiffen schleppten oder Fässer auf hölzernen Laderampen herunterrollten. Die Fuhrleute mit ihren Wagen warteten schon auf sie. Andere Waren gingen den umgekehrten Weg: Sie wurden von Händlern auf die Schiffe verladen.

      Meinem früheren Mitsklaven folgte mit einem Schritt Abstand ein finster dreinblickender junger Mann in schmuddeliger Kleidung, bei dem es sich nur um einen Sklaven handeln konnte. Ich fragte mich, ob Jucundus, der die Herden fremder Gutsbesitzer weidete, sich einen Sklaven gekauft haben könnte. Aber ich verwarf diesen Gedanken wieder. Das dürfte wohl jenseits seiner Verhältnisse liegen.

      Als Jucundus mich fast erreicht hatte, schlug mir ein strenger Geruch entgegen, der von seinem Umgang mit den Tieren herrührte und den er wohl auch mit drei Durchgängen in der Therme nicht hätte loswerden können. Beim Anblick seiner grob gewebten, mehrfach geflickten Tunika, die einfach zu nennen ein Euphemismus gewesen wäre, beglückwünschte ich mich dazu, Weinhändler geworden zu sein.

      Hoffentlich umarmt er mich nicht, dachte ich schlecht gelaunt, denn ich trug eine frisch gewaschene Tunika aus feinem weißem Tuch. Schließlich musste ich bei meinem Beruf immer repräsentativ gekleidet sein. Aber glücklicherweise hob der Viehhirte nur die Hand zum Gruß. Die strahlende Miene des Jucundus stand in starkem Gegensatz zum mürrischen Gesichtsausdruck des Sklaven.

      »Ich bin gerade auf dem Weg in die Taverne«, verkündete mein ehemaliger Mitsklave. »Heute ist der Tag der Anna Perenna und den will ich natürlich würdig begehen.«

      Ich stutzte einen Augenblick lang, denn zuerst konnte ich mit dem Namen der Göttin nichts anfangen, aber dann besann ich mich: Anna Perenna war eine der kleineren Gottheiten im großen Pantheon unseres Götterhimmels. Ihr zu Ehren wurden Frühjahrsfeste gefeiert, die wohl eher den Namen von Gelagen verdienten. Die Anhänger der Göttin glaubten nämlich, noch so viele Jahre vor sich zu haben, wie sie Becher Wein am Tag der Anna Perenna tranken. Glücklicherweise hing ich keinem derartigen Aberglauben an, denn ich war noch zu jung, als dass ich so viele Trinkgefäße hätte leeren können, wie ich noch Jahre zu leben hoffte.

      »Vorher muss ich aber noch einen Abstecher ins Handelskontor machen, um einen Blick in die Rechnungsbücher zu werfen«, wandte ich ein und hätte selbst nicht zu sagen vermocht, ob das nicht eher eine Ausrede war, um Jucundus abzuwimmeln. Manchmal war es mir regelrecht peinlich, mit dem stets ungekämmten Viehhirten zusammen gesehen zu werden. Man konnte schließlich nie wissen, ob man Kunden begegnete. In die Therme hätte er mir folgen können, aber in meiner Schreibstube war ich höchstwahrscheinlich sicher vor ihm.

      »Du kannst ja nachkommen, wenn du mit СКАЧАТЬ