Der Tod des Jucundus. Franziska Franke
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Название: Der Tod des Jucundus

Автор: Franziska Franke

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Krimi

isbn: 9783958132276

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      Ich schloss die Augen wieder um tief durchzuatmen. Dann massierte ich mir mit den Fingerspitzen die Schläfen. Noch immer quälte mich ein rasender Kopfschmerz. Also brauchte ich einen Moment, bis ich die volle Tragweite der Worte begriffen hatte. Mein ehemaliger Mitsklave, den ich schon seit meiner Kindheit kannte und mit dem ich erst vor wenigen Stunden in einer üblen Absteige gezecht hatte, war tot. Und als ob das noch nicht schlimm genug wäre: Mein Bruder hatte irgendetwas damit zu tun.

      »Hast du ihn umgebracht?«, entfuhr es mir in hilfloser Wut.

      »Nein«, rief mein Bruder empört aus. »Wie kannst du das nur denken! Aber ich habe leider keine Ahnung, wer es war!«

      Jucundus ist tot, murmelte ich, aber mein benebeltes Hirn konnte noch immer den Sinn dieser Worte nicht fassen.

      »Und was hast du mit dem Messer gemacht?«, wollte ich dann wissen. Noch immer hatte ich das Gefühl, die Zeit sei stehen geblieben. Eine Welle der Übelkeit stieg unvermittelt in mir hoch.

      »Das habe ich natürlich in den Rhein geworfen.«

      So natürlich fand ich das nicht, aber mein Bruder hatte sicherlich das Richtige getan, sich der Mordwaffe zu entledigen. Ich verkniff mir also einen boshaften Kommentar und forderte Lucius auf, mir alles so genau wie möglich zu erzählen. Aber mein Bruder erinnerte sich an gar nichts, außer daran dass er am Vorabend einen über den Durst getrunken hatte und dann am Rheinufer neben der Leiche des Jucundus aufgewacht war.

      Tief in meinem Inneren fragte eine nagende Stimme, ob er den Viehhirten nicht doch im Suff erstochen hatte. Jucundus konnte eine ziemliche Nervensäge sein, aber eine derartige Gewalttat passte nicht zu meinem faulen Bruder.

      »Hat dich jemand am Rhein gesehen?«, erkundigte ich mich bei Lucius, nachdem ich meine Gedanken wieder etwas geordnet hatte.

      »Nur eine Frau. Sie hat mich mit ihren schrillen Schreien aufgeweckt. Als ich die Augen geöffnet habe, hat sie mich angestarrt. Dann ist sie davongerannt und ich habe mich ebenfalls aufgerappelt, bevor sie mit einem Beamten wiederkommen konnte.«

      »Kanntest du sie?«, fragte ich meinen Bruder schlecht gelaunt, denn es gefiel mir gar nicht, dass es eine Zeugin gab. Warum musste mir Lucius immer soviel Ärger machen?

      »Nein«, antwortete er, »aber so stark, wie sie geschminkt war, wird es sich um eine Prostituierte gehandelt haben.«

      »Na großartig! Bald weiß es jeder einzelne Soldat beider Legionen!«

      Lucius schwieg, während ich mir so gut es mein Kopfschmerz zuließ über die Schadensbegrenzung Gedanken machte. Mein Bruder konnte nur ungeschoren davonkommen, wenn wir die Sache vertuschten. Noch besser wäre es, den Mörder zu finden und diese undankbare Aufgabe blieb wieder einmal an mir hängen. Denn so verstört wie mein Bruder aussah, würde man ihn sofort der Tat verdächtigen.

      »Also, du verlässt auf keinen Fall das Haus, bis ich wiederkomme!«, forderte ich ihn schließlich auf. »Im Handelskontor werde ich sagen, dass du krank bist, irgendetwas Ansteckendes.«

      »Das ist noch nicht einmal eine Lüge«, kommentierte Lucius ziemlich kleinlaut. »Ich fühle mich wirklich fürchterlich.«

      Ich verkniff mir mühsam den Kommentar, dass er sich nicht so anstellen solle, da er nur unter einem ganz gewöhnlichen Kater litt.

      »Was hast du jetzt vor?«

      Seine Stimme klang wirklich kläglich. Er war noch immer kreidebleich und zitterte am ganzen Leib.

      »Lass dich überraschen!« Mein Blick blieb an den Blutflecken auf seiner Kleidung haften. »Und bring dich gefälligst in der Zwischenzeit in einen präsentablen Zustand! Vor allem verbrenne diese blutverschmierte Tunika. Ich hoffe, du hast noch eine andere, die ähnlich aussieht?«

      Ohne einen Kommentar meines Bruders abzuwarten, der momentan sowieso keinen besonders gesprächigen Eindruck erweckte, schlüpfte ich widerwillig aus meinem schönen warmen Bett, streifte mir eine dünne Tunika über und holte eine etwas dickere, frisch gewaschene aus der Kleidertruhe.

      Ich öffnete das Fenster und sog die kalte Morgenluft ein. In der Ferne zeigte sich das erste fahle Licht, doch die Häuser der Straße waren noch von der Dunkelheit umhüllt.

      Durch das offene Fenster drangen die unterschiedlichten Geräusche: Vogelgesang mischte sich mit dem Poltern von beschlagenen Rädern und dem Kindergeschrei aus dem Haus gegenüber, wo eine Großfamilie wohnte, die offenbar niemals schlief.

      Trotz dieses Krachs versuchte ich so leise wie möglich in die Küche zu huschen, um die Dienstboten nicht aufzuwecken.

      Unser Haushalt wurde von zwei Sklaven geführt, die mir ein Kunde überlassen hatte, weil er ganz plötzlich die Stadt hatte verlassen müssen. Ich hatte die beiden, die ich dringend für unser damals neu erworbenes Haus benötigte, zu einem äußerst günstigen Preis erworben und ihn im Gegenzug nicht mit Fragen behelligt.

      Obwohl ich nun ihr Herr war, konnte ich mich des Verdachtes nicht erwehren, dass die beiden uns nicht recht ernst nahmen, was ich im Fall meines Bruders auch nachvollziehen konnte. Er war alles andere als eine Respektsperson. Seltsamerweise schien ihn dies nicht zu bekümmern. Doch ich für meinen Teil hätte mir eine andere Behandlung seitens meiner Dienerschaft gewünscht. Vielleicht war ich aber auch etwas zu empfindlich, da ich früher selbst Sklave gewesen war.

      Als ich auf Zehenspitzen durch mein eigenes Haus schlich, kam ich mir vor wie ein Verbrecher, aber je weniger Menschen von der Sache erfuhren umso besser. Ich spritzte mir etwas Wasser ins Gesicht, schlang hastig ein Stück trockenes Brot herunter und trank einen Becher stark verdünnten Wein. Dann verließ ich das Haus. Zwar war mir der Weinhandel momentan herzlich gleichgültig, aber ich musste mich im Kontor blicken lassen, um nicht den Argwohn meines Teilhabers zu erregen.

      Innerlich aufgewühlt eilte ich durch die Stadt. Was um Jupiters Willen war in der vergangenen Nacht passiert? Besser nicht zuviel darüber nachdenken, ermahnte ich mich selbst.

      Nach und nach erwachte die Stadt zum Leben. Fensterläden wurden geräuschvoll aufgeschlagen, die Türen von Werkstätten geöffnet. Die Händler bauten Lebensmittel auf ihren Ständen auf, welche die Gassen und Plätze verstellten. Sklaven und Matronen mit quengelnden Kindern an der Hand kamen aus den Wohnhäusern und Lieferanten überquerten die Straße.

      Ich legte keinen Wert darauf, einem Bekannten über den Weg zu laufen, denn ich war nicht in der Verfassung, um über Alltäglichkeiten zu plaudern. Also machte ich einen großen Bogen um das Forum. Trotz dieses Umwegs hatte ich bald die rußgeschwärzten Öfen von Töpfern und die Schusterwerkstätten, aus denen lautes Hämmern drang, hinter mir gelassen und das Hafenviertel erreicht. Ich ärgerte mich darüber, Respectus am Vortag nicht angetroffen zu haben. Dann wäre es mir an diesem Morgen erspart geblieben, ihm von meiner Geschäftsreise berichten zu müssen. Davor hatte ich nämlich in meinem desolaten Zustand einen wahren Graus, zumal mein Teilhaber, um es höflich auszudrücken, ausgesprochen gründlich war. Nach Meinung meines Bruders war er ein schrecklicher Pedant.

      Der einfache Bau aus verputztem Fachwerk, in dem sich unser Handelskontor befand, wirkte geradezu repräsentativ im Vergleich zu den benachbarten Holzschuppen, von denen die meisten niedriger und schmaler, wenn auch sehr viel länger waren.

      Trotz der noch immer recht frühen Stunde war das Portal diesmal nicht abgeschlossen. Als ich beim Durchschreiten unseres Lagerraums einen Seitenblick auf die Amphoren und Fässer warf, die sich zu beiden Seiten des mittleren Durchgangs СКАЧАТЬ