Der Tod des Jucundus. Franziska Franke
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Название: Der Tod des Jucundus

Автор: Franziska Franke

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Krimi

isbn: 9783958132276

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СКАЧАТЬ war mein Weinbecher geleert, dessen Inhalt ich gebraucht hatte, um das fettige Essen herunterzuspülen. Aber ich konnte mich nicht überwinden, einen neuen Wein zu bestellen, weil er so grässlich schmeckte. Ich ließ also meinen Blick gelangweilt durch den Schankraum schweifen und spielte dabei mit meinem Trinkgefäß. Auf dessen Rand war geschrieben: »Trink, wohl bekomm’s«, auf dem des Jucundus hingegen »Spar das Wasser«, was die Aufforderung war, unverdünnten Wein zu trinken. Leider hielt mein ehemaliger Mitsklave sich an diese Devise, genauso wie mein Bruder. Ich hingegen bestand auf verdünntem Wein.

      Als ich sah, wie Lucius sich mit glasigem Blick an seinem Becher festhielt, fragte ich mich, was um Jupiters Willen nur bei seiner Erziehung schief gelaufen war. Von mir hatte man immer erwartet, dass ich mich vernünftig verhielt, während Lucius noch mit Anfang zwanzig der kleine Bruder war.

      Jucundus gab mir einen weiteren lauwarmen Wein aus, obwohl ich der reichere von uns beiden war und es eigentlich hätte umgekehrt sein sollen. Ich konnte mich des Verdachtes nicht erwehren, dass er etwas auf dem Herzen hatte. Aber was mochte es sein? Das letzte Mal als er so freigiebig war, wollte er sich meinen Wagen nebst Zugtier ausleihen. Was konnte er nur schon wieder von mir wollen? Ich war mir sicher, dass ich es bald erfahren würde. Daher fragte ich nicht nach.

      Um nicht als Schmarotzer dazustehen, bezahlte ich den nächsten Wein und den übernächsten ebenfalls, denn langsam war mir der Gedanke peinlich, einer meiner Freunde könnte herumerzählen, dass der abgerissene Jucundus mich und offensichtlich auch meinen Bruder aushalten müsse. Obwohl es zum Glück höchst unwahrscheinlich war, dass einer meiner Freunde sich in diese Spelunke verlief. Was meine Kunden betraf, war ich mir nicht ganz so sicher. Einige von ihnen hatten keinen besonders guten Geschmack.

      Ich schob diesen unangenehmen Gedanken beiseite, zumal mich der Wein in eine wohlig-träge Stimmung versetzt hatte.

      »Womit handelt ihr eigentlich in eurem Kontor?«, wollte Jucundus etwas unvermittelt wissen und ich fragte mich, ob er schon so früh am Abend völlig betrunken war, obwohl er doch vorhatte einen Becher für jedes Jahr zu trinken, das er noch leben wollte.

      »Mit Wein natürlich«, kam Lucius mir zuvor, »deshalb heißt es auch Weinkontor.«

      »Aber vorhin …«

      Meine Aufmerksamkeit begann langsam nachzulassen und daher bekam ich das Ende des Satzes nicht mit, was mich später ziemlich ärgerte. Die Stimmen im Raum verschmolzen zu einem unverständlichen Klangteppich und alles drehte sich um mich herum.

      »Das ist der zehnte Becher«, waren die letzten Worte, die ich Jucundus sagen hörte und wer weiß, vielleicht waren es die letzten Worte, die er jemals gesagt hat.

      Mein benebelter Blick streifte den Sklaven und ich fragte mich, ob er wohl den Aberglauben seines Herrn teilte. Man hätte ihn eigentlich mittrinken lassen sollen!

      Meine Lider fielen immer wieder zu und mein Kopf wurde schwer und schwerer. Langsam, aber sicher sank er auf die Tischplatte hinab. Dann verschwamm alles um mich und ich schlief ein.

      Lautes Gelächter weckte mich wieder und ich fragte mich, wie spät es wohl war. Mit einer wahrhaft titanischen Anstrengung riss ich meinen bleiernen Kopf wieder hoch.

      »Ich jedenfalls habe für heute genug«, verkündete ich dann in die verdutzte Runde. »Schließlich habe ich einen anstrengenden Tag hinter mir.«

      Ich warf meinem Bruder Lucius einen vorwurfsvollen Blick zu, denn ich hatte den Verdacht, dass er nur gefaulenzt hatte, während ich an der Mosel gewesen war. Anderenfalls hätte ich ihn am Nachmittag im Handelskontor antreffen müssen.

      Aber Lucius zeigte keinerlei Reue, sondern zuckte nur mit den Schultern. Ich dachte an Cato den Älteren, der vorgeschlagen hatte, das Forum Romanum mit spitzen Steinen zu pflastern, um die Müßiggänger zu vertreiben, aber das war ziemlich lange her.

      »Bleib doch noch etwas«, bat mich mein Bruder mit schleppender Stimme und ich fragte mich ernsthaft, warum er das tat. Denn ich war alles andere als unterhaltsam, so müde und mehr als halb betrunken, wie ich war. Mir wurde in diesem Augenblick bewusst, dass ich mich den ganzen Abend lang so gut wie gar nicht am Gespräch beteiligt hatte.

      »Du bleibst statt meiner. Du kannst die Familienehre hochhalten, was das Trinken betrifft«, erwiderte ich und erhob mich mühsam wie ein alter Mann von meinem Stuhl.

      Mit weichen Knien schwankte ich durch den Schankraum und fand erst im dritten Anlauf die Tür. Die Nacht war bitter kalt, aber der eisige Wind, der vom Rhein herwehte, tat mir gut, denn er vertrieb die schlimmste Trunkenheit. Doch er half nicht gegen die quälende Müdigkeit, die mich nicht verlassen wollte.

      Das flackernde Licht von Öllampen erhellte hie und da ein Fenster. Da ich vergessen hatte, eine Fackel mitzunehmen, musste ich halbblind durch die Finsternis tappen. Daher bemerkte ich einen auf dem Weg liegenden Gegenstand zu spät. Ich strauchelte, ruderte mit den Armen in der Luft und fiel fast hin, ehe ich laut fluchend das Gleichgewicht einigermaßen zurückerlangte.

      Ein Fensterladen des Hauses, vor dem sich dieses Drama abgespielt hatte, wurde geöffnet und eine schrille, weibliche Stimme beschwerte sich über die nächtliche Ruhestörung. Einige Sekunden später wurde der Inhalt eines Nachttopfes hinausgeschüttet und verfehlte mich nur knapp. Während ich weitertaumelte, streifte ein kalter Hauch mein Gesicht und ich begann am ganzen Körper zu zittern. Mit aller Willensanstrengung, die ich aufbringen konnte, schleppte ich mich weiter. Doch meine Beine waren wie aus Teig und die Straße schwankte.

      Krampfhaft umklammerte ich meinen ledernen Geldbeutel, denn mit dem letzten Rest meines Verstandes befürchtete ich, beraubt zu werden und setzte einen Fuß vor den anderen. Aber eine lähmende Benommenheit nahm immer mehr von mir Besitz. Apathisch trottete ich weiter durch dunkle Gassen, an leeren Plätzen vorbei und um stinkende Straßenecken herum.

      Irgendwie schaffte ich es, mich bis über die Schwelle unseres Hauses zurückzuschleppen. Dann brach ich zusammen. Das letzte, was ich noch wie durch einen Schleier wahrnahm, war, dass mir eine Öllampe vor das Gesicht gehalten wurde und sanfte Hände mich emporhoben.

      Am nächsten Tag wurde ich kurz nach dem Morgengrauen unsanft aus dem Schlaf gerissen, denn es trommelte jemand an die Tür meines Gemachs. Mein Kopf fühlte sich an, als würde er gleich in tausende Stücke zerspringen und ich fragte mich, warum man mich nicht schlafen ließ.

      Ich rief nicht »Herein«, sondern drehte mich verärgert mit dem Gesicht gegen die Wand und drückte mir das Kissen auf die Ohren.

      Trotzdem wurde kurze Zeit später die Zimmertür lautstark aufgerissen. Ich rollte mich wutentbrannt zurück und sah das blasse, übernächtigte Gesicht meines Bruders durch den Türrahmen lugen. Schon wollte ich ihn mit einem Fluch zum Orcus schicken, als ich zu meinem namenlosen Schrecken bemerkte, dass sein Gewand mit Blutflecken besudelt war. Auch sonst sah er mit dunkel umschatteten Augen und kreidebleichem Gesicht schrecklich aus. Seine Locken waren mit Lehm verschmiert und seine Kleidung klebte ihm am Körper.

      Trotz meiner Müdigkeit begriff ich, dass etwas Schreckliches vorgefallen sein musste.

      »Was um der Götter Willen ist passiert?«, fuhr ich ihn an.

      »Jucundus ist tot«, stammelte Lucius leise, während ich mir die brennenden Augen rieb und gähnte. »Ich bin vorhin am Rheinufer aufgewacht. Jucundus hat neben mir gelegen. Seine Augen waren ganz glasig und er hatte eine Wunde in der Brust. …. ich weiß wirklich nicht, wie ich dorthin gekommen bin …« Meinem Bruder СКАЧАТЬ