Название: H. G. Wells – Gesammelte Werke
Автор: Herbert George Wells
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813628
isbn:
Ich nagte an meiner Hand.
»Die Sphäre!«, sagte er. »Es bleibt nichts als die Sphäre.«
Wir rafften uns zu einer neuen Kriechanstrengung auf. Meine Gedanken drehten sich einzig um essbare Dinge, um die zischende Tiefe von Sommergetränken; insbesondere verlangte mich nach Bier. Mich verfolgte die Erinnerung an ein Fünfzehn-Gallonen-Fass, das zu Lympne in meinem Keller geprunkt hatte. Ich dachte an die anstoßende Speisekammer und besonders an Steak und Nierenpastete – zartes Steak und reichliche Niere und dazu dicker, schwerer Fleischsaft. Hin und wieder ergriffen mich Anfälle hungrigen Gähnens. Wir kamen an flache Stellen, die mit fleischigen, roten Pflanzen überwachsen waren, ungeheuren korallenartigen Gewächsen; als wir gegen sie stießen, schnappten sie und brachen ab. Das verdammte Zeug sah jedenfalls nach beißbarer Struktur aus. Dann schien mir, es röche ziemlich gut.
Ich hob ein Stück auf und roch daran.
»Cavor«, sagte ich in einem heiseren Flüsterton.
Er sah mich mit in die Höhe geschraubten Gesicht an. »Nicht!«, sagte er. Ich warf das Stück hin und wir krochen eine Strecke durch diese verlockenden Fleischmassen weiter.
»Cavor«, fragte ich, »warum nicht?«
»Gift«, hörte ich ihn sagen, aber er blickte nicht zurück.
Wir krochen noch eine Strecke weit, ehe ich mich entschloss.
»Ich will es riskieren«, sagte ich.
Er machte eine verspätete Geste, um mich zu hindern. Ich stopfte mir den Mund voll. Er kauerte sich hin und beobachtete mein Gesicht; sein eigenes verzerrte sich zum wunderlichsten Ausdruck. »Das Zeug ist gut«, sagte ich.
»O Himmel!«, rief er.
Er beobachtete mich, wie ich kaute, sein Gesicht runzelte sich zwischen Verlangen und Missbilligung; dann plötzlich unterlag er dem Appetit und begann große Bissen herunterzureißen. Eine Zeit lang taten wir nichts als essen.
Das Zeug war einem irdischen Pilz nicht unähnlich, nur war es im Gewebe viel loser, und wenn man es schluckte, machte es die Kehle heiß. Zuerst empfanden wir eine bloß mechanische Befriedigung beim Essen; dann begannen neue und leicht zusammenhangslose Ideen in unserm Geist aufzusprudeln.
»Es ist gut«, sagte ich. »Höllisch gut! Was für eine Heimat für unsere überschüssige Bevölkerung. Unsere arme überschüssige Bevölkerung!«, und ich brach mir eine neue, große Portion ab.
Es erfüllte mich mit einer sonderbaren wohlwollenden Befriedigung, dass es so gute Nahrung auf dem Monde gab. Die Depression meines Hungers wich einer unvernünftigen Heiterkeit. Die Furcht und das Unbehagen, in denen ich gelebt hatte, verschwanden völlig. Ich sah den Mond nicht länger im Licht eines Planeten, von dem ich innigst fortkommen zu können wünschte, sondern im Licht eines Asyls für menschliche Armut. Ich glaube, ich vergaß die Seleniten, die Mondkälber, den Deckel und die Geräusche vollständig, sobald ich diese Schwammpilze gegessen hatte.
Auf meine dritte Wiederholung der »überschüssigen Bevölkerung« antwortete Cavor mit ähnlichen Worten des Lobes. Ich fühlte, dass mir der Kopf schwamm, aber ich schrieb das der anreizenden Wirkung des Essens nach langem Fasten zu. »Au’geßeichnete En’eckung, das, Cavor«, sagte ich. »Bes’e nach ’er Ka’offl.«
»Wa’ mei’ Sie?«, fragte Cavor. »En’eckung ’s Mon’s – bes’e nach ’er Ka’offl?«
Ich sah ihn an, entsetzt über seine plötzlich heisere Stimme und die schlechte Artikulation. Mir blitzte auf, dass er berauscht war, möglicherweise von dem Pilz. Mir fiel auch ein, dass er irrte, wenn er meinte, er habe den Mond entdeckt, er hatte ihn nicht entdeckt, er hatte ihn nur erreicht. Ich versuchte, ihm die Hand auf den Arm zu legen und ihm dies zu erklären, aber die Sache war für sein Gehirn zu fein. Sie war auch unerwartet schwierig auszudrücken. Nach einem vorübergehenden Versuch, mich zu verstehen – ich erinnere mich, dass ich gern hätte wissen mögen, ob der Pilz meine Augen ebenso fischig gemacht hätte – wie seine – begann er auf eigene Rechnung einige Beobachtungen zu machen.
»Wir sind«, verkündete er mit einem feierlichen Schluckauf, »die Jeschöffe von ’em, was wir essen un trinken.«
Er wiederholte das, und da ich jetzt in einer meiner spitzfindigen Stimmungen war, so beschloss ich, es zu bestreiten. Vielleicht schweifte ich ein wenig von der Sache ab. Aber auf jeden Fall hörte Cavor durchaus nicht gebührend zu. Er stand, so gut er konnte, auf, indem er mir, um sich zu stützen, eine Hand auf den Kopf legte, was respektlos war, und stand da und starrte um sich, jeder Furcht vor den Mondwesen völlig bar.
Ich versuchte darzulegen, dass dies aus irgendeinem Grunde, der mir nicht völlig klar war, gefährlich sei, aber das Wort »gefährlich« war irgendwie mit »unvorsichtig« vermischt und klang mehr wie »schädlich« als wie sonst etwas; und nach einem Versuch, sie zu entwirren, nahm ich meinen Streitpunkt wieder auf, indem ich mich hauptsächlich an die ungewohnten aber aufmerksamen Korallengewächse auf beiden Seiten wandte. Ich fühlte, es war nötig, diese Verwechslung zwischen Mond und Kartoffel sofort aufzuklären – ich schweifte in eine lange Parenthese über die Bedeutung der präzisen Definition für die Debatte ab. Ich tat mein Bestes, die Tatsache zu übersehen, dass meine körperlichen Empfindungen nicht mehr angenehm waren.
Auf irgendeinem Wege, den ich jetzt vergessen habe, wurde mein Geist wieder auf die Kolonisationspläne zurückgeführt. »Wir müssen diesen Mond annektieren«, sagte ich. »Hier darf man nicht lange zögern. Dies ist ein Teil der Bürde des weißen Mannes. Cavor – wir sind – hik – Satap – meine, Satrapen! ’N Reich, von dem Cäsar nie geträumt hat. In allen Zeitungen. Cavorezia. Bedfordizia – hik – beschränkte Haftung. Meine – unbeschränkt! Praktisch.«
Auf jeden Fall war ich berauscht.
Ich ließ mich auf einen Gedankengang ein, der die unendlichen Wohltaten zeigen sollte, die unsere Zukunft dem СКАЧАТЬ