New Hope City. Severin Beyer
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Название: New Hope City

Автор: Severin Beyer

Издательство: Автор

Жанр: Научная фантастика

Серия:

isbn: 9783957771421

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СКАЧАТЬ wollen wirklich keinen Kaffee? Dieser Kaffee ist echt, kein fades, mit Geschmacksstoffen vollgestopftes Ersatzprodukt, so wie Sie es sonst überall erhalten. Kommen Sie, nehmen Sie auch einen«, und er befüllte eine zweite Tasse, die er liebenswürdig dem Polizisten reichte »Der wird Sie wieder auf Trab bringen. Sie sehen schon so müde aus, seitdem ich Sie an der Türe gesehen habe. Ich akzeptiere kein Nein als Antwort.«

      Der Kommissar nahm den Kaffee tatsächlich an und trank einen Schluck.

      »Wenn ich Sie richtig verstehe …«, begann der Beamte nach kurzem Zögern » … Sie zweifeln die Zuverlässigkeit der Videoaufzeichnungen an?«

      »Oh, wie sage ich Ihnen das jetzt, ohne Sie zu verletzen? Ich zweifle nicht die Aufzeichnungen an – auch wenn sie natürlich manipuliert sein könnten. Ich zweifle eher die Sorgfältigkeit an, mit der Sie die Aufzeichnungen überprüft haben.«

      »Meine Kollegin arbeitet sehr zuverlässig«, blaffte der Polizist zurück »Und das Polizeinetz ist absolut sicher. Wir haben eine erstklassige Firewall.«

      »Alles ist hackbar.« Da war sie wieder, Riveras Arroganz. Herablassend wie ein Fallbeil enthaupteten seine Worte die positive Stimmung, die er zwischen sich und seinem Verhörer aufgebaut hatte »Wer nicht will, dass sensible Daten gestohlen oder manipuliert werden, darf sein System nicht ans Netz hängen. Das ist die einzige halbwegs sichere Lösung.«

      Wenige Sekundenbruchteile später bereute Rivera seine Worte bereits. Den Polizisten auf die Fährte zu lotsen, dass die Aufnahmen manipuliert sein könnten, war genau das, was er tunlichst vermeiden sollte. Gönnerisch versuchte er von seinem Fauxpas abzulenken:

      »Vielleicht überprüfen Sie einfach noch einmal eingehend Ihre Aufnahmen. Falls dann weiterhin Unstimmigkeiten bestehen sollten, dann komme ich auch gerne auf Ihr Revier und beantworte Ihnen alle Fragen dort. Das erspart Ihnen den Weg hierher und mir die Notwendigkeit, in einer derart unvorzeigbaren Aufmachung befragt zu werden.«

      Steiner antwortete ihm nicht sogleich. Stattdessen schüttete er seinen Kaffee in einem Zug hinunter. Suchend sah er sich nach einer geeigneten Stelle um, um seine Tasse abzustellen. Rivera nahm sie ihm ab und stellte sie auf den Spültisch.

      »Wahrscheinlich wäre das das Beste«, murmelte Steiner. Dann sagte er etwas lauter: »›Beweisaufnahme: Ende.‹« Er nahm seinen Smartpod wieder auf und heftete ihn an sein Armgelenk.

      »Bevor ich gehe, erfasse ich die Daten Ihrer Begleitperson.«

      »Ist das wirklich nötig? Er ist wirklich nur eine flüchtige Bekanntschaft«, versuchte Rivera den Kommissar davon abzubringen. Dieser Kill wäre der alleinige Höhepunkt seines Tages, den durfte er sich nicht nehmen lassen! Doch Steiner beachtete ihn nicht weiter. Mittlerweile war er zur verschlossenen Badtüre gegangen, an die er bestimmt klopfte:

      »Kommen Sie aus dem Bad. Hier ist die Polizei.«

      Nach wenigen Augenblicken vollkommener Regungslosigkeit hörten Rivera und Steiner ein Klicken. Die Türe öffnete sich. Hervor trat Rien, immer noch lediglich mit einer Decke bekleidet.

      »Ich bin Kommissar Steiner. Im Rahmen meiner Ermittlertätigkeit werde ich Ihre Daten aufnehmen.«

      »Hi, ich bin Rien«, meinte Rien müde.

      »Und Ihr Nachname?«

      »Also, der ist ziemlich schwierig zu buchstabieren …«

      »Können Sie sich ausweisen?«, seufzte der Beamte.

      »Ne, meinen Personalausweis habe ich verloren. Oh, aber ich habe einen Studierendenausweis, geht das auch?«

      »Zeigen Sie her.«

      Rien ging in den Wohnbereich. Desorientiert blieb er in dessen Mitte stehen. Nachdem er dort eine halbe Minute tatenlos herumgestanden war, fragte ihn der Beamte:

      »Was für Drogen haben Sie genommen?«

      »Drogen? Ich? Puh, ich nehme doch keine … Oh, Sie können mit Ihrem Auge … hm, in meinen Körper sehen und so? Schon verstanden. Können wir darauf nachher zurückkommen? Momentan suche ich meine Hose, da ist nämlich auch mein Ausweis.«

      »Hat er die Drogen von Ihnen?«, meinte der Polizist mit einem Seitenblick zu Rivera.

      »Ich bin kein Kindermädchen. Was meine Sexualbekanntschaften in ihrer Freizeit machen, geht mich nichts an. Ehrlich.

      Die Hose ist unter dem Bett!«

      »Haben Sie keine Angst, sich da Krankheiten zu holen?«, fragte Steiner beiläufig, während sie beide Riens tollpatschigen Versuchen zusahen, seine Hose unter dem Bett hervorzuziehen.

      »Wie sie bereits wissen, besteht mein Körper zu 100% aus TransTech. Viren, Bakterien, Pilze – ich bin gegen so ziemlich jede Geißel der Menschheit immun. Und sollte es irgendetwas geben, das meine Materialien tatsächlich befallen sollte, dann kümmert sich meine speziell programmierte Immunabwehr aus Nanorobotern darum.«

      »Nur so aus Interesse, was hat Ihr Körper gekostet?«

      Statt einer Antwort nahm Rivera einen weiteren Schluck Kaffee aus seiner Tasse. Rien hatte inzwischen seine Hose unter dem Bett hervorgekramt. Umständlich kramte er aus einer Hosentasche einen zerfledderten Geldbeutel heraus.

      Die Dokumentation auf Channel 5 war inzwischen bei dem Zerfall der USA angekommen; eine animierte Landkarte veranschaulichte die Chronologie der Ereignisse: die Aufspaltung in Republikanische und Demokratische Staaten von Amerika, die Unabhängigkeitserklärung Kaliforniens gefolgt vom britischen Unabhängigkeitskrieg, das chinesische Protektorat über Hawaii, die Wiederherstellung der Grenzen Mexikos von 1823 (mit Ausnahme von Kalifornien), zuletzt die Gründung der Französischen Republik Quebec.

      Die Geschichte Amerikas seit der Jahrtausendwende war eine sehr bewegte.

      Hätte einer der drei Protagonisten in diesem Augenblick auf die Dokumentation geachtet, so hätte ihn die Darstellung der Landkarten und die Menge des gesprochenen Texts zutiefst irritiert. So viel Sachlichkeit war ungewöhnlich für eine Dokumentation ihrer Zeit. Wo waren die nachgestellten fiktiven Spielszenen, wo die eingeschobenen Meinungen der Celebrities? Stattdessen erzählten die Fakten, Zahlen und Karten nüchtern vom Leben all der Individuen, die diese stürmischen Zeiten miterlebt hatten. Die Lebenszeit von Millionen zusammengefasst in den Sekunden weniger Sätze. Wie vergänglich und überschaubar menschliches Handeln und Streben doch war. Doch während diese epochemachenden Ereignisse nüchtern an ihnen vorbeizogen, löste eine andere Entwicklung große Emotionen aus:

      »Hier ist er!«, triumphierte Rien in demselben Moment, in dem ihm die Decke herunterrutschte. Nackt und scheinbar ungeniert hielt er dem Polizisten seinen Studierendenausweis unter die Nase. Steiner nahm den Ausweis entgegen und musterte ihn skeptisch. Rien zog währenddessen seine Hose an.

      »Dieser Ausweis ist nicht mehr aktuell. Sind Sie noch Student der Adenauer-de Gaulle-Universität New Hope City?«

      »Nein.«

      »Was machen Sie momentan beruflich?«

      »Nichts.«

      »Und wo wohnen Sie?«

      »Meine letzte Wohnung musste ich vor zwei Tagen verlassen. Heute Nacht habe ich hier geschlafen.«

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