Ein Buch für Keinen. Stefan Gruber
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Название: Ein Buch für Keinen

Автор: Stefan Gruber

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Афоризмы и цитаты

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isbn: 9783347043282

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СКАЧАТЬ unseres bekannten Universums2 bis in den subatomaren Bereich nachvollziehen, wo im Vakuum, als Fraktal zur spirituellen Leere als Quelle aller möglichen Formen des Seins, ständig Teilchenpaare (Materie/Antimaterie-Paare) entstehen, indem sie sich Energie aus dem Vakuum leihen, um sich anschließend innerhalb extrem kurzer Zeit3 wieder gegenseitig zu zerstrahlen und die Energie damit zurückzuzahlen.4 Auch hier ist das Vakuum, als Milieu, die Quelle und gleichzeitig Störquelle des dualistischen, virtuellen Teilchenpaares und umgekehrt besteht das Quantenvakuum, das dem virtuellen Teilchenpaar nach der Existenz trachtet, aus genau diesen Vakuumfluktuationen und definiert sich erst durch sie. Auf metaphysischer Ebene schuldet sich das Quantenvakuum die Erfahrung und das Teilchenpaar schuldet sich selbst dem Quantenvakuum. Interessant ist hier, dass es auf der untersten Ebene des materiellen Seins kein Derivat der Zeit mehr geben kann, das auf einer Zeitskala anwächst, da ein virtuelles Teilchen bereits bei seiner Entstehung seine Komplexitätsgrenze erreicht hat. Hier ist die Zeit selbst der limitierende Faktor: Je höher die Energie, die sich das Teilchenpaar aus dem Vakuum borgt, desto kürzer die Zeit, die es existieren darf. Dabei ist »existieren« ein sehr vager Begriff, was virtuelle Teilchen angeht. Denn diese Teilchen sind – sofern man sie überhaupt als »seiend« betrachten kann – mehr mathematische Konstrukte ohne messbare Eigenschaften. Erst wenn einem virtuellen Teilchen die Energie zugeführt wird, die es aus dem Vakuum geborgt hat, wird es zu einem realen Teilchen, d.h. man bezahlt statt der Teilchen die Energie ans Vakuum (die anderswo dann fehlen muss; der Energieerhaltungssatz bleibt unverletzt), um den noch nicht realen Teilchen zur Existenz zu verhelfen. Hier haben wir die Analogie zum Möglichkeitsraum der spirituellen Leere, in der Gott einen Teil beobachten muss, um ihm zur Realität zu verhelfen.1 Der Unterschied ist, dass das Vakuum ein Fraktal der göttlichen Leere ist, das den Fesseln der Naturgesetze unterworfen ist, die es selbst miterzeugt, und das dementsprechend potentiell existieren muss (anstatt nicht real zu existieren, so wie die Leere). Und so wie Gott sich die Erfahrung und das Sein sich die Vollständigkeit schuldig ist, so haftet der Mensch an der Urschuld, auf die wir nach diesem kleinen Ausflug auch wieder zurückkommen. Martin schreibt:

       »Jeder Mensch ist sich selbst also etwas schuldig. Dies ist die Urschuld. Dies ist auch jener Umstand, bei dem viele Religionen ansetzen und viele Mythen. Sich selbst etwas schuldig zu sein, setzt ein Erkennen der Schuld voraus. Menschen, die nur in den Tag hinein vegetieren, Menschen, die es in der Vor- und Frühgeschichte zweifellos gegeben hat, lange bevor sich Reflexionen und Selbsterkenntnis entwickelt hatten, wissen nichts von dieser Schuld. Sie leben instinktgesteuert wie ein Tier. Sie nehmen sich ihre Nahrung, wo sie etwas finden, und sie legen sich nieder, wo es gerade geht.«

      Martin sieht also den Ursprung der Urschuld in der ersten mentalen Selbstreflexion. Diese erst zeigt dem Menschen, dass er sich etwas schuldig ist, während er zuvor im Paläolithikum unbewusst lebte wie ein Tier. Das Erkennen der eigenen Schuld ist damit gleichzeitig der Startpunkt der Menschwerdung, was uns zwangsläufig zur Erbsünde (= Urschuld) und zum Garten Eden führen wird: »Die Erkenntnis, sich selbst etwas schuldig zu sein, muss zusammenfallen mit der Erkenntnis, dass Zeit vergeht. Tiere kennen dieses ›Zeitgefühl‹ bekanntlich nicht.«1

      Der Sündenfall gilt somit als Sinnbild für das Auseinanderbrechen der Zeit in Vergangenheit und Zukunft, sowohl bei der Schöpfung des Seins selbst als Selbstreflexion Gottes (das Ungleichgewicht, das ewigen Wandel hervorbringt und so erst den Zeitbegriff schafft.2) als auch, fraktal weitergesponnen, bei der ersten Selbstreflexion des Menschen (Wer war ich? – Wer bin ich? – Wer will ich sein?). Martin schreibt:

      »Es ist die Vertreibung aus dem Paradies. Paradies ist das griechische Wort für ›Garten‹. Es steht in der Erinnerung der Menschen für jenen Zustand, in dem alles zuhanden ist, in dem keine Zeit vergeht und die Menschen daher unsterblich sind. Die Drohung Gottes, ›aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn welches Tages du davon issest, wirst du des Todes sterben‹, ist eine Tautologie, es kommt zweimal das Gleiche zum Ausdruck: ›erkennen‹ und ›sterben müssen‹. Die Erkenntnis ist eben die, dass die Zeit doch vergeht, dass man an ein Morgen denken muss, dass im Zeitverlauf alle Schulden, auch diejenigen, die man sich selbst gegenüber hat, nur größer werden [wer hungert, muss die Kalorien, die ihm fehlen, wieder zuführen, Anm. d. Autors]. Konsequenterweise passiert an der entscheidenden Stelle ein Verzehr. Ein Konsumakt wirft uns aus dem Paradies. Konsumieren müssen nur endliche Menschen – oder eben solche, die erkannt haben, dass sie endlich sind. Wer ewig lebt, wovon im Paradies zunächst auszugehen war (sonst hätte es keine Todes-Drohung geben können!), der lacht über Konsumakte: Warum einen Apfel essen, warum gerade jetzt, warum nicht erst in 100 Millionen Jahren?«

      Der Text spricht für sich. Was hier hervorgehoben werden muss, ist die Tatsache, dass mit der ersten Selbstreflexion die Zeit erkannt wird und mit der Zeit die eigene Sterblichkeit und mit ihr die Schuld sich selbst gegenüber, denn: »Wer lebt, ist sündig. Denn wer lebt, ist schuldig.« Die Urschuld ist in unserem spirituellen Modell selbst nur ein Fraktal einer noch tieferen Schuld: dem Mangel an Erfahrung! Existenz an sich (!) existiert nur durch den Willen Gottes, sich selbst zu ergründen und zu erfahren. Die Existenz erzeugt und erhält sich nur dadurch selbst: als der Wille zum Dasein, der sich als Wechselspiel kooperierender und konkurrierender Systeme offenbart. Die Leere (Gott) opfert ihre Vollständigkeit und damit sich selbst, um die Schuld nach Erfahrung zu bedienen und die daraus resultierenden Systeme des Seins wollen wieder vollständig werden und sind im Wechselspiel mit ihrem Milieu auch ständig dazu gezwungen, komplexe Systeme aufzubauen, um den Systemerhalt zu garantieren.1 Alle fraktalen Abspaltungen Gottes, vom Urplasma bis zum Leben, sind schuldig. »Und ihr werdet sein wie Gott« – schuldig wie Gott!

      Diese Ur-Urschuld ist der Antrieb für die unaufhörliche Kreation des Existenten in unendlicher Variation, in unendlicher Zahl, in zeitloser Zeit. Die Schuld leitet erst die Dynamik ein, deren inhärente Folge die Schöpfung immer komplexerer Strukturen ist (die Schaffung von Information). Gott selbst – als Leere und Summe aller Möglichkeiten – greift in sich selbst ein (Selbstreflexion), um einen Teil seiner selbst zu erfahren bzw. um überhaupt erst existent zu sein. Leere bedeutet Nullinformation und kann somit nicht erfahren werden; Bewusstsein und Information bedingen einander. Aus diesem Spannungsfeld zwischen der unvollständigen Information (dem Sein) und der totalen Information (die sich zu Leere annihiliert) entsteht die Dynamik des Seins – der Zeitpfeil von Unvollständigkeit (männliches Sein) zur Vollkommenheit (weibliche Leere). Das ist die Dichotomie, die sich im Sein fraktal fortpflanzt: Gott ist die Zeit (männliche Dynamik2) und der Raum (weibliches Gefäß3) – und das Sein kann ohne Dynamik bzw. Wandlung nicht existieren. Stillstehen kann nur die Leere.

      Das Tier (Ordnung, d.h. niedrige Entropie) greift allein durch seine bloße Existenz, durch Nahrungsaufnahme, Atmung, Körperwärme etc. ins Gesamtgefüge ein. Es verändert dabei das dynamische Milieu (Chaos, d.h. hohe Entropie), in dem es sich bewegt, sodass es früher oder später, schon allein durch die rekursiven Auswirkungen seiner puren Existenz, zu einer erneuten Anpassung gezwungen ist oder aber aufgrund der fehlenden Flexibilität infolge zu hoher Komplexität ausstirbt.4 Später erscheint dann der Mensch, dem seine Urschuld bewusst wird und der beispiellose Zyklen initiiert, um diese Schuld dauerhaft getilgt zu wissen. Aus dieser Bewusstwerdung der Schuldigkeit sich selbst gegenüber, mithin der Bewusstwerdung seines eigenen Todes und der ablaufenden Zeit, erwächst der Kulturzyklus und mit ihm gigantischer technologischer Fortschritt, Kultur, Kunst, Poesie und Intellektualität, ebenso wie Krieg, Industrialisierung, Massentierhaltung, Raubbau und geistige Degeneration.

      Am Rande möchte ich noch eine Interpretation zum Thema Urschuld und Erbsünde anführen, die aus den Weiten des Internets stammt. Dort schreibt ein User, dass das Erkennen der Nacktheit als Auslöser der Urschuld metaphorisch für die Menschwerdung steht, da der Mensch eben kein Fell besitzt, ja nicht einmal Krallen, scharfe Zähne oder sonstige Schutzmechanismen, die ihn im evolutionären Wettstreit als Tier überleben lassen könnten – er ist sprichwörtlich »nackt«. Daher ist er gezwungen, ein selbstreflexives Bewusstsein hervorzubringen, sich zu kleiden (er verdeckt seine Blöße und startet den sexuellen Zyklus1), СКАЧАТЬ