Gefangen. Sira Rabe
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Название: Gefangen

Автор: Sira Rabe

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783866085626

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СКАЧАТЬ sie noch platzen. Es kam aber ohnehin niemand sonst dafür in Frage – außer Sabrina, die weltoffen, unkompliziert und vor allem verschwiegen war.

      «Und? Hat es dir gefallen? Gehst du nächsten Freitag wieder hin?» Sabrinas Augen funkelten animalisch.

      «Nein!» Empört richtete Delia sich auf. «Auf gar keinen Fall!»

      Sie hatte ihre Schulden bezahlt und sich vorgenommen, künftig besser mit ihrem Geld zu haushalten. Als sie noch zu zweit zusammenlebten, war ihr mehr übrig geblieben. Seit sie alleine für Miete und Auto aufkommen musste, war sie ständig pleite.

      Sabrina ließ es bei dieser Antwort bewenden, obwohl sie Delia nicht glaubte. Es war für sie unfassbar, dass ausgerechnet ihre Freundin, dieses moralisierende, anständige Wesen, sich auf ein solches Abenteuer eingelassen hatte. Außerdem war da noch etwas, das sie ihr verschwieg. Vielleicht hatte sie das Erlebnis doch nicht nur abgestoßen. Aber das würde Sabrina schon noch herausfinden.

      Kapitel 4

      Im Laufe der kommenden Wochen legte sich Delias schlechtes Gewissen. Je mehr Zeit verfloss, desto unwirklicher erschien ihr das Erlebte. Es war eher wie die Erinnerung an einen Spielfilm, von dem man emotional sehr beeindruckt wurde. Dennoch, rückblickend erhielt das nächtliche Erlebnis eine ganz andere Bewertung als in den Stunden danach. Denn jeder Tag verlief gleich. Aufstehen, in die Bank fahren, Börsenmeldungen beurteilen und die Kunden entsprechend bei ihrer Geldanlage beraten. Einkaufen gehen, nach Hause kommen, kochen und ein bisschen Haushalt erledigen, fernsehen, schlafen. Tag für Tag das Gleiche. Selbst die Wochenenden waren ohne Abwechslung. Ausschlafen, lange frühstücken, gelegentlich Freunde treffen, die aber immer weniger wurden, seit sie sich von Martin getrennt hatte.

      Endlich war in ihrem ansonsten gleichförmigen Leben einmal etwas Besonderes passiert. Etwas Aufregendes. Etwas – weniger Anständiges? Das war es! Delia war ihren Eltern stets eine Bilderbuchtochter gewesen, die selbst dann, als die anderen in der Pubertät durchdrehten, gelassen und artig blieb. Niemand, abgesehen von Sabrina, erfuhr oder spürte etwas von ihren seelischen und körperlichen Sehnsüchten.

      Nach der Schule hatte Delia sofort eine Banklehre angefangen, mit Bravour bestanden, sich durch Fortbildungen hochgearbeitet. Sie war fleißig und ehrgeizig, aber ohne Ellenbogentaktik oder Intrigen, immer beliebt, umgänglich – eben anständig.

      Eigentlich fehlte ihr nur noch der passende Ehemann, möglichst gut aussehend und ohne Bierbauch, etwas besser verdienend, dazu ein Haus mit Garten und mindestens zwei Kinder. Dazu vielleicht noch Hund und Katze. Dann wäre alles perfekt. Das perfekte kleinbürgerliche Familienbilderbuchleben?

      Nein, perfekt, aber kotzlangweilig! Delia schüttelte unzufrieden den Kopf. Früher erschien ihr das alles völlig normal und erstrebenswert. Aber seit Martin ihre kleine heile Welt ins Wanken gebracht hatte, war sie sich gar nicht mehr so sicher, ob sie sich so eine Zukunft überhaupt wünschte.

      Vielleicht sollte sie es sich doch noch einmal überlegen und sich erneut auf ein kleines Abenteuer einlassen? Schließlich war ja nichts passiert. Nicht wirklich. Max hatte gesagt, sie bräuchte auch künftig nicht mehr zu tun als bei ihrem Debüt. Nur als attraktiver Lückenbüßer den Platz auf dem Podest einnehmen, damit die anderen Damen nicht dafür herhalten mussten, sondern Zeit für ihre Freier hatten. Also – was war schon dabei, ob sie von Männern begrapscht wurde, die geil waren und bereit, für alles zu bezahlen. Andererseits – wenn sie daran dachte, wie einer ihr in den Slip gegriffen hatte, überfiel sie beinahe Übelkeit.

      Grübelnd drehte Delia die Visitenkarte in der Hand. In ihrem Geldbeutel war fast Ebbe. Wieder. Sie fing an, sich selbst die Vorteile aufzuzählen. Einer war besonders ausschlaggebend: es würde schnell verdientes Geld sein. Sie atmete tief durch. Wenn sie mit dem Erlebten nach dem ersten Mal klargekommen war, wieso sollte es ihr dann beim zweiten Mal schwerer fallen?

      Morgen Abend wäre günstig. Sabrina war wieder mal unterwegs nach Hongkong. Sie wäre ohnehin alleine, würde niemanden treffen. Noch immer unschlüssig nahm sie das Telefon in die Hand und wählte. Als sich am anderen Ende eine Frauenstimme meldete, legte sie erschrocken wieder auf. Fremde Männer. Entsetzlich. Will ich nun oder will ich nicht? Verdammt – ich habe mich doch schon entschieden! Warum bin ich nur so feige?

      Sie drückte die Wahlwiederholung und diesmal verlangte sie mit sicherer Stimme, Max Koos zu sprechen.

      Max hatte nicht mehr damit gerechnet, dass Delia sich jemals wieder melden würde. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Wenn es ihm gelang, sie für jeden Freitag und eventuell sogar Samstag zu engagieren, hätte er einen attraktiven Blickfang gewonnen. Mona würde ihr ein bisschen Stil beibringen müssen. Wie man sich weniger verkrampft bewegte und entgegenkommender auf die Männer einging. Er war überzeugt davon, dass Delia ein Naturtalent war und bald perfekt agieren würde. Und wer weiß, eines Tages würde sie vielleicht doch schwach werden. Sie war ein wenig einsam und es gab eine Menge interessanter Männer in seinem Etablissement, darunter sicherlich einige, die ihr gefallen könnten.

      Der Abend verlief vergleichsweise gut. Max hatte auf Anraten seiner Frau Mona Delia einen Saft mit ein paar Beruhigungstropfen gegeben, den er ihr zur Begrüßung reichte. Eine Zeit lang wirkten die Tropfen und gaben ihr die nötige Gelassenheit, die Bemerkungen und das Anfassen der Männer leichter hinzunehmen.

      Aber als die Wirkung nachließ, begann sie sich zu fragen, warum sie sich erneut darauf eingelassen hatte. Ansonsten geschah jedoch nichts Außergewöhnliches. Einige stiegen zu ihr aufs Podest, streichelten ihre Brüste, einer hob sogar ihren Schleier und rang ihren Lippen einen Kuss ab. Doch anders als beim ersten Mal fasste ihr keiner in den Schritt und plötzlich war die Zeit vorbei. Sie atmete erleichtert auf.

      Diesmal gelang es Max nach kurzer Argumentation, Delia zu einer Zusage für den nächsten Freitag zu bewegen. So wie er sie einschätzte, würde sie es möglicherweise bereuen, sobald sie zu Hause war, aus Ehrgefühl aber nicht anrufen, um ihre Zusage zu widerrufen. Er lächelte wissend. Manchmal war es eben hinderlich, anständig zu sein und sich an Versprechen zu halten. In diesem Fall ein Nachteil für Delia, aber zum Vorteil für ihn.

      Ehe Delia sich versah, verbrachte sie jede Freitagnacht in Max Koos’ Edelbordell. Zwar war sie die Stunden davor immer noch nervös, aber sie redete sich selbst ein, dass es ein harmloser und gut bezahlter Job war.

      Von zehn Uhr abends bis vier Uhr früh war sie der Blickfang. Nur für Samstag war sie nicht zu erwärmen, weil es einige Fernsehshows gab, die sie ungern versäumte.

      Manchmal kam Delia schon früher, und wenn die anderen Frauen nichts zu tun hatten, ergaben sich Gespräche, in denen Delia deren Lebensgeschichte erfuhr, wie sie zur Arbeit im Bordell gekommen waren, und sie wurde sich bewusst, wie gut es ihr in ihrem Bürojob und ihrem vermeintlich langweiligen Alltag ging.

      Der Ablauf im Haus war vollkommen durchorganisiert. Jede hatte ihre speziellen Techniken und ihre Stammkunden, die schon Wochen im Voraus ihre Termine festlegten. Außer Getränken war es auch möglich, kleine Snacks und Leckereien zu bestellen, denn zum festen Personal gehörte unter anderem ein Koch, und weil das Gebäude ursprünglich ein Hotel war, existierte auch noch die gut ausgestattete Küche, als Koos es bei einer Zwangsversteigerung erwarb.

      Jede Woche gab es einen neuen Speiseplan. Die Frauen legten fest, was sie essen wollten. Aber es wurde nicht nur gekocht, auf bestimmte Diäten oder Gewohnheiten Rücksicht genommen, sondern auch frische Salate und Obst eingekauft. Delia war überrascht, wie gut die Versorgung war. Für ihre Pausen wählte sie hauptsächlich leichte Speisen, um nicht zu ermüden oder den Bauch wie eine kleine Kugel vor sich herzuschieben. Außerdem war sie nach wie vor viel zu aufgeregt, um ein richtiges Essen hinunterzubringen.

      Mittlerweile СКАЧАТЬ