Gefangen. Sira Rabe
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gefangen - Sira Rabe страница 8

Название: Gefangen

Автор: Sira Rabe

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783866085626

isbn:

СКАЧАТЬ scharf darauf gewesen, die Zimmer zu sehen. Eine natürliche Scheu hatte anfangs über ihre Neugierde gesiegt. Aber es hatte sich ergeben, als sie auf dem Weg zur Toilette war und die Türen von zwei unbelegten Zimmern offen standen.

      Bei dem Umbau vom Hotel zum Edelbordell hatte man die Zimmeraufteilung beibehalten, ebenso die eingebauten Badezimmer. Lediglich das Inventar war ausgetauscht und die Wände waren gestrichen worden. Delia musste zugeben, dass sie sich in einigen dieser Zimmer als Gast wohlgefühlt hätte.

      Zur unteren Etage fand sie dagegen keinen Zugang. Weder interessierten sie die Räumlichkeiten, von deren spezieller Ausstattung sie dann und wann etwas aufschnappte, was ihr die Haare aufstellte, noch lernte sie die Frauen, die ihrer Aufgabe als Dominas nachgingen, näher kennen. Sie kamen nur selten nach oben und unterhielten sich kaum mit den anderen Frauen.

      Allmählich gehörte dieser Freitagabendjob zu Delias Leben wie alles andere. Max hatte sich an ihre Abmachung gehalten und wimmelte die Anträge der Männer ab, die sie buchen wollten.

      Seltsamerweise kommentierte Sabrina nicht die Veränderung, die mit ihrer Freundin vor sich ging. Zum einen lag es wohl daran, dass sie kaum Zeit hatte und viel zu sehr mit ihrem neuen Freund, einem Chefsteward, beschäftigt war und meistens diejenige war, die plapperte, wenn sich die Freundinnen doch einmal trafen. Zum anderen hätte sie Delia in Verlegenheit gebracht und vielleicht diese Entwicklung, die sie mit einer gewissen Distanz beobachtete, gestört. Diese ungewohnte Ungezwungenheit, Lockerheit, das Vermögen, auch über Dinge zu lachen, die Delia früher eher peinlich erschienen waren – all das gefiel Sabrina. Sie machte sich keine Gedanken darüber, wohin das noch führen sollte …

      Es geschah bei Delias drittem Einsatz. Sie hatte gerade ihre erste Pause hinter sich gebracht und wieder ihre Position eingenommen, als das untrügliche Gefühl beobachtet zu werden sie veranlasste, sich umzuschauen. Natürlich wurde sie sowieso die ganze Zeit betrachtet, deswegen stand sie schließlich auf dem Podest. Sie war der Blickfang. Aber es war anders. Als würde jemand ihren Namen rufen, ohne dass dies wirklich passierte. Nur in ihrem Kopf existierte diese Verbindung zwischen ihr und dieser Person. Ein nervöses Kribbeln, wie von tausenden Ameisen verursacht, setzte auf ihrer Kopfhaut ein, lief ihren Nacken herunter, überflutete ihren ganzen Körper und entlockte ihr beinahe ein sehnsüchtiges Aufstöhnen, ein kribbelndes Gefühl der Lust. War sie denn völlig verrückt geworden, oder lag es nur daran, dass ihr einziger männlicher Freund ein Vibrator war und sie endlich einmal wieder einen richtigen Mann spüren wollte – aber keinen von diesen, auf die zu Hause wahrscheinlich eine ahnungslose Ehefrau wartete!

      Dann entdeckte sie ihn. Er war gerade eingetreten und stand im Schatten einer der Säulen, die das Vordach der Bar trugen und diese optisch von der Halle trennten. Mit einem Schlag war sie hellwach. Sie richtete sich ein wenig mehr auf, streckte unbewusst ihre halbnackten Brüste heraus, umklammerte fester die Stangen, an die sie angekettet war.

      Der Mann nahm seinen regennassen Hut herunter, strich mit einer lässigen Bewegung über die Krempe, schüttelte die Tropfen ab. Er fuhr sich mit den Fingern durch das kurz geschnittene Haar, das vom Hut ein wenig verdrückt war. Unter dem geöffneten Mantel wurde ein eleganter anthrazitgrauer Geschäftsanzug sichtbar, wie maßgeschneidert. Von der dezent gemusterten Krawatte über das seidig glänzende Hemd bis zu den Designerschuhen passte alles zusammen. Er war etwa eins fünfundachtzig groß, mit einem durchtrainierten, schlanken Körper, alles in allem gut aussehend, ein Bild von einem Traummann – wie aus einem Modemagazin. Nur ein wenig älter, reifer als die Models, die Delia von Abbildungen kannte, vielleicht Ende dreißig bis Anfang vierzig. Ein Mann im besten Alter, der die unbedarften Verrücktheiten der Jugend abgelegt und seinen beruflichen Weg gefunden hat.

      Schlanke, lange Finger, gepflegte Hände. Am Ringfinger der linken Hand funkelte ein roter Stein auf einem schmalen Platinring. Taxierend schaute er in die Runde, verschaffte sich einen Gesamtüberblick.

      Dann fixierte sein Blick Delia. Es war ihr, als würde sie durchbohrt werden. Selbstbewusstsein, Stolz und ein Hauch von Arroganz lagen in seiner Haltung. In einem anderen Leben wäre er ihr vermutlich als tapferer Ritter begegnet, der jedes Turnier gewann und dem die Edelfrauen seufzend zu Füßen sanken.

      Delia wagte kaum zu atmen, als er langsam näher kam. Er umrundete ihr Podest und ihr Kopf drehte sich, folgte ihm automatisch. Dann blieb er genau vor ihr stehen. Delia starrte in ein Gesicht von atemberaubender Vollkommenheit. Die Gesichtszüge wie gemeißelt, scharf geschnitten, ein beinahe als klassisch zu bezeichnendes Profil. Sorgfältig rasierte, leicht gebräunte Haut.

      Das alles nahm sie nur für Sekundenbruchteile wahr, denn als sie schließlich in seine Augen sah, die sie scheinbar ohne jeglichen Lidschlag unentwegt fixierten, war sie wie paralysiert und konnte den Blick nicht mehr abwenden. Stahlgrau und geheimnisvoll, in einem Kranz ungewöhnlich dichter, langer Wimpern hervorgehoben, lagen seine Augen unter schön geformten, schmalen, fast schwarzen Brauen.

      Die folgenden Sekunden vergingen wie eine Filmsequenz in Zeitlupe. Der Mann musterte sie von oben bis unten, streckte die Hand nach ihr aus. Aber er sprach kein Wort, er lächelte nicht mit seinen wohl geformten Lippen, er berührte auch nicht ihren Körper. Seine Hand schien über ihre Brüste, ihre Rundungen, ihre Taille hinwegzuschweben. Als taste er sie mit einem Sensor ab. Dennoch meinte Delia, seine Fingerspitzen zu fühlen, als strahlten sie eine Art knisternder Elektrizität aus.

      In Delias Ohren setzte ein Rauschen ein. Ihr Gegenüber sagte etwas zu ihr, sein Mund bewegte sich, aber sie verstand kein Wort. Bewegten sich seine Lippen lautlos oder sprach er wirklich? Sie hätte gerne gewusst, ob seine Stimme so klang, wie sie sich diese vorstellte. Fest, markant, sonor. Erneut sagte er etwas. Das Rauschen in Delia Ohren nahm zu. Sie schüttelte instinktiv den Kopf, schluckte voller Panik.

      Er drehte sich ab. Sie nahm verschwommen wahr, wie er aufrecht, seinen Mantel über den Arm gelegt, auf Max zuging, der eben aus seinem Büro ins Foyer getreten war. Delia erschien der Gang des Fremden verzögert. Überdeutlich registrierte sie jedes Detail seiner Bewegung. Wie er sein Bein anhob, das Knie abwinkelte, den Fuß gerade aufsetzte, als erfolge jeder Schritt bewusst. Nichts blieb dem Zufall überlassen. Er war die verkörperte Kontrolle und sie meinte beinahe, sie müsse ihm folgen, jede Bewegung nachahmen.

      Die beiden Männer sahen nun zu ihr herüber. Max antwortete irgendetwas auf eine Frage. Delia erkannte es an seinem Blick, seiner Gestik. Der Fremde zuckte in leichtem Bedauern mit den Schultern. Dann verschwand er in dem Gang, an dessen Ende eine Treppe nach unten führte.

      In ihrer Pause fragte Delia, wer der Mann gewesen sei.

      «Einer unserer besten Stammkunden», antwortete Max. «Er ist sonst immer samstags gekommen. Er hat nach dir gefragt und ich habe ihm erklärt, dass du nicht zu haben bist.»

      Vermutlich war es besser so. Denn Delia war in diesen Dingen immer noch unerfahren, hatte keine Ahnung, worauf es ankam. Vermutlich würde dieser Kunde, über den Max nur wenig wusste – andere waren da weitaus gesprächiger – es weniger übel nehmen, auf Delia verzichten zu müssen , als wenn sie zustimmte und sich ungeschickt oder spröde anstellte.

      Aber verdammt, der Kerl hätte gut bezahlt, mehr als üblich! Dabei war er den Frauen unheimlich, keine riss sich darum, die Stunden mit ihm zu verbringen. Und diejenigen, die es taten, erzählten nur wenig davon. Sie hatten wohl ihre Gründe.

      Einmal hatte Max ihm eine professionelle Sklavin besorgt, eine von einem seiner Konkurrenten, denn eigentlich arbeiteten bei ihm nur normale Huren. Gewiss, er hatte auch zwei Dominas im Haus, die es den Männern anständig besorgten, die das wollten. Aber keine Sklavinnen. Dafür hatte er sich nie interessiert.

      Aber dieser verdammte Kerl hatte es sogleich bemerkt. Er wollte keine, die schon zur Sklavin erzogen war, und hatte angedroht, künftig woanders hinzugehen. Er wollte sie sich selbst zur СКАЧАТЬ