Название: Kugelwechsel
Автор: Rudolf Trink
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Ein Rumpler Rosamunde-Krimi
isbn: 9783960741725
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Das Vertrauen der Kunden zu GVD beruht unter anderem auf dem sehr hohen Eigenkapital der Firma, wodurch sie finanziell weitgehend unabhängig ist. Durch die internationale Finanzkrise boomt das Geschäft von GVD. Die Firma sitzt im wahrsten Sinn des Wortes auf einer Goldgrube, obwohl sie für ihre Kunden natürlich auch andere Edelmetalle wie Silber, Platin oder Palladium verwahrt.“
Rumpler schwirrte der Kopf von der Fülle dieser für ihn neuen Informationen. „Vielen Dank für diesen guten Überblick. Eine ganz andere Frage: Haben Sie vielleicht Zugang zu den Telefonaufzeichnungen in Ihrer Firma?“
„Wenn ich Ihren Laptop benutzen darf, sollte sich das problemlos machen lassen. Wie ich gesehen hab, sind Sie online.“
„Ja, das bin ich praktisch immer, außer wenn ich im Urlaub bin.“
„Dann steig ich jetzt bei Ihnen ein. Was konkret interessiert Sie?“, wollte Sonja wissen.
„Ich hab hier eine Liste der sechs Personen, die – abgesehen vom Wachdienst – zum Zeitpunkt von Karls Tod im Haus waren. Ich hätt gern eine Übersicht über sämtliche Telefonate, die von diesen Personen in den letzten zwölf Monaten geführt worden sind.“
„Das sollt kein Problem sein, vor allem, weil wir ähnliche Listen auch schon für die Polizei gebraucht haben. Nach welchen Kriterien soll ich die Liste denn zusammenstellen?“
„Wie meinen Sie das?“, hakte Rumpler leicht irritiert nach.
„Wenn ich einfach eine chronologische Liste für das letzte Jahr herunterziehe, dann haben Sie bei jedem der sechs Mitarbeiter pro Tag, grob geschätzt, zwanzig Telefonate, was bei zweihundert Arbeitstagen insgesamt etwa vierundzwanzigtausend Telefonate ergibt. Wir sollten daher für etwas Ordnung sorgen, um nicht den Überblick zu verlieren.“
„Da haben Sie natürlich recht. Spannend wär eine Trennung in Telefonate mit internen und externen Gesprächspartnern, gereiht nach der Häufigkeit und Länge der Telefonate. Die Gespräche, an denen jeweils zwei Personen unserer Sechserliste beteiligt waren, sind für mich besonders interessant und sollten gesondert erfasst sein. Zusätzlich wär ich auch an den detaillierten Dienstplänen des Wachpersonals interessiert, die zum Zeitpunkt von Karls Tod in Kraft waren.“
„Kein Problem. Wenn Sie uns etwas zu trinken holen, mach ich mich inzwischen an die Arbeit.“
Rumpler vermied es, ihre Entschlossenheit zu schwächen, indem er sie nach den für ihn unverständlichen Möglichkeiten, sich von seinem Wohnzimmer aus ins System von GVD einzuschalten, fragte.
Als er mit einer Flasche Wein, einem Welschriesling aus Gamlitz in der Südsteiermark und einem Krug Wasser wiederkehrte, flogen ihre Finger so rasant über die Tastatur seines Laptops, dass er mit dem Staunen nicht nachkam. Während Rumpler den Wein einschenkte, stellte er mit einem gelinden Anflug von Eifersucht fest, dass Rosamunde es sich in der Zwischenzeit auf Sonjas Schoß gemütlich gemacht hatte.
Als ob sie Gedanken lesen könnte, sagte diese, ohne ihre Fingerübungen auch nur im Mindesten zu verlangsamen oder gar zu unterbrechen: „Ich mag Katzen gar nicht so besonders, aber sie kommen trotzdem zu mir.“
Wie zur Bestätigung begann Rosamunde zu schnurren, zur gleichen Zeit wie Rumplers Drucker. Während der Dienstplan des Wachpersonals nur drei Seiten umfasste, waren die Telefonlisten mit etwa zwanzig sehr eng beschriebenen Seiten viel umfangreicher, als Rumpler erwartet hatte.
„Vielen Dank, Sonja. Jetzt sollten wir noch mögliche Muster erkennen können.“
„Welche Muster?“
„Es sollten die Telefonate weggefiltert werden, die beispielsweise täglich zu einer bestimmten Zeit oder in einem bestimmten Zeitfenster geführt worden sind.“
„Okay, dann schlag ich vor, wir beginnen mit den Tagesroutinen.“ Wieder gab sie einige Befehle in den Computer ein.
„Rechenhexe“, dachte Rumpler.
Sie wies auf den Bildschirm. „Hier sind die täglich wiederkehrenden Muster. Beispielsweise gibt es für die im Tresor tätigen Mitarbeiter, die sogenannten Sperrführer wie Karl oder auf unserer Liste auch Schnirch, das Erfordernis, zu Arbeitsbeginn den Alarm im Tresorraum durch ein Telefonat aus- und am Abend durch ein Telefonat mit dem Sicherheitsdienst wieder einschalten zu lassen. Weiter unten sind die Wochenroutinen, beispielsweise die Abstimmtelefonate zu wöchentlichen Treffen.“
„Gut. Könnten Sie jetzt diese Routinetelefonate wegfiltern und vom Rest nur die internen Gespräche nach weiteren Mustern untersuchen?“, bat Rumpler die junge Frau.
„Das sollte kein Problem sein. Ich hab hier die Telefonate erfasst, die im letzten Jahr einmal täglich oder einmal pro Woche stattgefunden haben, wobei ich für Urlaub und Krankheit gewisse Abweichungen erlaubt hab. Diese Telefonate lösche ich jetzt aus der Liste. Für die restlichen Gespräche muss ich die Kriterien für das Herausfinden von Auffälligkeiten noch definieren. Ich kann jetzt zum Beispiel die letzten drei und sechs Monate und die letzten ein bis vier Wochen durchlaufen und sie auf solche möglichen Auffälligkeiten wie etwa ungewöhnliche Länge oder Häufigkeit überprüfen.“
„Bestens, vielen Dank.“
Rumpler nahm einen Schluck Wein, Rosamunde schnurrte, Sonja schrieb. Dann kam die Auswertung aus dem Drucker. Sie war noch immer ziemlich umfangreich. Rumpler blätterte sie kurz durch, und ohne zu verstehen, warum, wusste er sofort, dass sie etwas Relevantes enthielt.
„Vielen Dank, Sonja. Sie haben mir sehr geholfen.“ Er beschloss, die Liste später nochmals genau durchzugehen.
Sonja blickte kurz auf.
„Sie weiß genau, dass ich etwas Wesentliches gesehen habe“, dachte Rumpler, ohne dass er selbst begriff, um was es sich handelte.
Sonja ließ den Wein in ihrem Glas kreisen, und als sie sagte: „Sie müssen mir nichts erklären. Ich respektiere Ihr Schweigen“, wurde sie Rumpler fast ein wenig unheimlich und er wechselte rasch das Thema.
„Sonja, ich komm mit den gesundheitlichen Sorgen als Motiv für Karls Selbstmord nicht ganz klar. Kennen Sie vielleicht jemanden in der Firma, mit dem Karl näher in Kontakt war?“
„Ich glaub, Karl hat sich gelegentlich mit einem Kollegen vom Wachdienst unterhalten, einem Herrn Wegener. Den könnt ich fragen. Ohne dass es zu sehr auffällt“, ergänzte sie rasch, als Rumpler schon zu einer Warnung ansetzte.
„Eine veritable Hexe“, dachte Rumpler.
Rosamunde wechselte von Sonjas Schoß auf ihren Orchideenplatz. Sonja nutzte die Gelegenheit, verabschiedete sich und ging.
o
6.
Zwei Tage später rief sie ihn an. „Hallo, Herr Rumpler. Ich hab was für Sie.“
„Wann können wir uns treffen?“
„Heute Abend – am besten wohl СКАЧАТЬ