Gesammelte Werke von Rudyard Kipling. Редьярд Киплинг
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Название: Gesammelte Werke von Rudyard Kipling

Автор: Редьярд Киплинг

Издательство: Bookwire

Жанр: Книги для детей: прочее

Серия:

isbn: 9788027209255

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      »Der Vollständigkeit halber sollte er schon aus den Minen, etwa aus Kimberley, herausgeschmuggelt worden und durch einen I. D. B. unter die Leute gekommen sein; finden Sie nicht, Herr Tarvin?«

      Sie stellte ihre Fragen mit hochgezogenen Brauen und einem Zustimmung heischenden Lächeln: eine Forderung, die von Tarvins Seite immer rasch erfüllt wurde. Wenn sie Behauptungen aufgestellt hätte, die Galilei und Newton Lügen gestraft hätten, Tarvin würde ihr jetzt vollständig Recht gegeben haben. Er saß beobachtend und abwartend neben ihr, alle Willenskraft angespannt, wie der Jäger auf Anstand.

      »Ich sehe oft lang in den Stein hinein,« plauderte Frau Mutrie weiter, »und suche, ob sich die Verbrechen, die er mit angesehen hat, nicht drin spiegeln! Ich finde sie prachtvoll gruselig, besonders den Mord – ist das nicht auch Ihr Geschmack, Herr Tarvin? Aber das Liebste ist mir doch der Stein an und für sich – er ist wirklich wunderschön, nicht wahr? Mein Papa sagt, es sei der schönste, der ihm je vor Augen gekommen sei, und in einem Gasthof bekommt man gute Diamanten zu sehen!«

      Dabei liebäugelte sie zärtlich mit dem klaren Wasser des Steins.

      »Es gibt doch nichts Herrlicheres als schöne Steine!« tief sie aus Herzensgrund mit leuchtenden Augen – zum erstenmal war der Klang ihrer Stimme ganz unbefangen und natürlich. »Einen tadellosen Stein könnte ich fortwährend ansehen, aus der Fassung dagegen mache ich mir nicht viel, es handelt sich mir nur um den Stein. Papa wußte wohl, wie ich edle Steine liebe, und lag immer auf der Lauer, von seinen Gästen welche zu erhandeln. Handlungsreisende haben nämlich eine große Vorliebe für Schmuck, aber in der Regel wissen sie einen guten Stein nicht von einem schlechten zu unterscheiden; dadurch kam Papa manchmal zu einem sehr guten Geschäft,« setzte sie, die Lippen nachdenklich kräuselnd, hinzu. »Er nahm immer nur wirklich Gutes und vertauschte es gegebenenfalls gegen noch Besseres. Zwei oder drei Steine gab er gern gegen einen ganz klaren, wenn sie nur die geringsten Flecken hatten – er wußte ja, daß ich mir nur aus den tadellosen etwas mache. Die liebe ich aber auch! Die sind einem mehr als viele Bekannte! Man hat sie immer bei sich und sie sind immer gleich schön!«

      »Ich wüßte von einem Halsband, das Ihnen gefallen würde, wenn Sie Freude an derlei Sachen haben,« bemerkte Tarvin ruhig.

      »Wahrhaftig?« rief sie freudestrahlend. »O, wo ist es?«

      »Weit, weit von hier.«

      »Ach, bei Tiffany! Sie wollen mich reizen,« rief sie wieder, in den gekünstelten Ton verfallend.

      »Nein, viel weiter fort.«

      »Wo denn?«

      »In Indien.«

      Einen Augenblick starrte sie ihn prüfend an.

      »Bitte, beschreiben Sie mir’s!« sagte sie dann mit wahrer Inbrunst. Wieder waren Haltung und Ton ganz verändert, es gab wirklich etwas, was ihr heiliger Ernst war! »Ist es wirklich so schön?«

      »Das Schönste auf der Welt.«

      »Und woraus besteht es? Spannen Sie mich doch nicht auf die Folter!«

      »Es besteht aus Diamanten, Perlen, Rubinen, Opalen, Türkisen, Amethysten, Saphiren, ein Seil voll! Die Rubinen sind so groß wie Ihre Faust und die Diamanten ungefähr wie Hühnereier. Es wäre ein Lösungsgeld für einen König!«

      Die junge Frau schnappte förmlich nach Luft.

      »Oh!« seufzte sie nach einer langen Pause und dann wieder: »Oh!« ein verwundertes, sehnsüchtiges schmachtendes Oh! »Und wo ist es?« fragte sie dann jählings.

      »Am Hals eines Götzenbilds in der Provinz Radschputana. Möchten Sie es haben?« fragte Tarvin.

      Sie lachte hell auf. »O ja,« rief sie.

      »Dann werd’ ich’s Ihnen verschaffen,« erklärte er einfach.

      »O Sie…« schmollte sie.

      »Ich werde es Ihnen verschaffen,« wiederholte Tarvin.

      Sie warf das hübsche blonde Köpfchen zurück und lachte zu den gemalten Putten an der Decke des Wagens hinauf. Sie warf immer den Kopf zurück, wenn sie lachte; ihr weißes Hälschen nahm sich so hübsch aus dabei.

      Viertes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Der Präsident stieg im Bahnhotel von Topaz ab und blieb den nächsten Tag da. Sheriff und Tarvin nahmen ihn ganz in Beschlag, zeigten ihm die Stadt und wiesen ihm ihre sogenannten natürlichen Hilfsquellen nach. Die Herren waren zur Stadt hinausgeritten, und jetzt veranlaßte Tarvin den Präsidenten zu einem Halt, um ihm angesichts der weiten Ebene und der schneebedeckten Berggipfel auseinanderzusetzen, wie zweckmäßig, ja notwendig es sei, Topaz als Knotenpunkt der neuen Linie zu wählen, die Verwaltung, die Reparaturwerkstätten, den Hauptbahnhof hier anzulegen.

      Tarvin wußte im Grund seines Herzens ganz genau, daß der Präsident gegen den Plan war, die Linie über Topaz zu führen. Aber er zog vor, das Gegenteil vorauszusetzen. Es war tatsächlich viel leichter, ihm darzulegen, daß Topaz ein Knotenpunkt und der Verwaltungsplatz werden müsse, als zu beweisen, daß die Linie überhaupt über Topaz zu führen sei. Kam diese Bahn nach Topaz, so ergab sich der Knotenpunkt von selbst, die Frage war nur, ob sie kam.

      Lage und Verhältnisse von Topaz kannte Tarvin in-und auswendig, sie waren ihm so geläufig, wie das Einmaleins. Man ist nicht umsonst Vorstand der Handelskammer und Aufsichtsrat einer Bodenverbesserungsgesellschaft, die mit einem Barbestand von zweitausend Pfund eine Million Aktien ausgibt. Alle soliden Geschäftsleute von Topaz waren an diesem Unternehmen beteiligt; sie hatten das ganze Flachland zwischen Stadt und Bergen angekauft und auf dem Papier in Straßen, Villenviertel und öffentliche Anlagen eingeteilt. Im Bureau der Gesellschaft in der Connecticutstraße, einem eichengetäfelten Raum mit Mosaikfußboden, persischen Teppichen und seidenen Vorhängen, konnte man den Uebersichtsplan einsehen. Dort waren auch alle Bauplätze im Umkreis von zwei Meilen zu erfahren und zu erstehen, dort hatte ja auch Tarvin eigene Grundstücke zu verkaufen. Beim Verkauf von Bauplätzen hatte er gelernt, alle erdenklichen guten Seiten hervorzuheben; er wußte aus praktischer Erfahrung genau, was man einem Menschen zu glauben zumuten kann oder nicht.

      Was er zum Beispiel auch wußte, war, daß Rustler nicht nur jetzt schon reichere Minen in seiner Umgebung hatte als Topaz, sondern an ein Hinterland mit noch gar nicht ausgebeuteten, beispiellos ergiebigen Erzlagern stieß, und er wußte auch, daß der Präsident davon unterrichtet war. Noch weitere Thatsachen waren ihm vertraut. Zum Beispiel, daß die Minen in der Umgegend von Topaz sich zwar leidlich rentierten, aber keinen besonderen Mineralreichtum aufzuweisen hatten und daß die Lage der Stadt in einem weiten, gut bewässerten Thal der Viehzucht wohl günstig war, aber nicht in höherem Grad, als man es anderwärts auch traf oder herstellen konnte. In andern Worten, die »natürlichen Hilfsquellen« von Topaz begründeten die Notwendigkeit, einen großen Eisenbahnknotenpunkt daraus zu machen, keineswegs so unumstößlich, als Nikolas Tarvins beredter Mund. Er führte aber ja jetzt kein Selbstgespräch. Sein Glaubenssatz war, daß Topaz geschaffen sei, eine Eisenbahnstadt zu werden, und daß es seine Bestimmung nur erfüllen könne, wenn man es dazu mache. Mit irgend einem System der Logik lieh sich dieser Satz zwar nicht beweisen, und doch beruhte er auf vollkommen logischem Denken. Und zwar folgendermaßen: Topaz war keine Thatsache, Topaz war eine Hoffnung. Gut! Was mußte im Westen geschehen, um solche СКАЧАТЬ