Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
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Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

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СКАЧАТЬ guck, da liegt der güldene Pfennig!« murmelte die Ahnfrau und schraubte mit zitternden Händen.

      »Erzählen!« bat der Achtjährige.

      Ruth aber schlich aus der dritten Thüre. –

      »Ahne, ich hab's!« rief der Aelteste.

      »Was denn?« fragte sie müde.

      »Ich weiß, welche Salbe gegen das letzte Uebel hilft! Darf ich's Euch sagen?«

      »So sag's!«

      »Die Salbe Nichts.«

      *

      Es war spät am Abende, da ging Ruth noch einmal zur Mutter in die Wohnstube. Und sie fand ihre Mutter allein.

      »Mutter!«

      »Was willst du, Ruth?« fragte die Zantnerin und sah von ihrer Näharbeit empor.

      »Mutter!« sagte Ruth, ließ sich auf die Kniee nieder und hob die Hände flehend auf.

      »Ruth?« kam's von den bebenden Lippen der stillen Frau, und sie zog ihr Kind an sich.

      »Mutter, noch einmal, Mutter, noch ein letztes Mal, Mutter, die mir das Beten gelehrt hat! Mutter, warum denn – Ihr –?«

      Die Zantnerin schluchzte laut auf und streichelte die Wangen des Mädchens. Dann raffte sie sich wortlos empor, zog Ruth am Handgelenke mit sich durch die Stube und öffnete leise die Kammerthüre.

      Es war totenstill in der alten Burg, und friedlich atmeten die Kleinen und Kleinsten in Betten und Wiege und wußten nichts vom Jammer des Lebens.

      »Hörst du sie atmen, Ruth?« flüsterte die Zantnerin.

      »Ja, Mutter,« kam es zurück.

      Krampfhaft umklammerte die kalte Hand das Gelenke. »Warum, Ruth? Deshalb, Ruth!«

      *

      In der Finsternis lag der Zant. Nur in Ruths Kämmerlein brannte noch ein Licht, und sie saß mit verweinten Augen vor einem leeren Briefbogen, kaute an der Feder und träumte vor sich hin.

      »Also, wenn ich gehe, dann geht er, und wenn ich bleibe, dann bleibt auch er!« murmelte sie. »Bleibt ohne Besinnen!«

      Und mit einem Rucke setzte sie sich zurecht, tauchte die Feder ein und schrieb:

      »Des Herrn Bruders Botschaft hat mir der Herr Vater bestellt. Wer aber kann von heut an bis auf zwei Monde hinaus wissen, was ein arm, schwach Weib thun wird? Was dann, wenn solchem Weibe zuletzt doch die Kniee wankend würden, und wenn es auf Vater und Mutter sähe und das Fürchten bekäme? Und auf eines Weibes Kraft will der Herr Bruder seinen Entschluß setzen? Kennt er denn dieses Weib, ob es standhaft bleiben wird? Der Herr Bruder ist bereit, zu emigrieren. Was aber dann, wenn das Weib nicht mehr bereit wäre bis dorthin? Dann wäre der Herr Bruder ein Spott vor ihm selber, so oft er in den Spiegel sähe. Er nehme nicht die Entschlüsse schwacher Menschen zur Richtschnur. Denn Menschen sind ja gar nichts –«

      Sie ließ die Feder auf den Tisch fallen, legte die Hände in den Schoß und blickte auf das dunkle Fensterlein.

      Langsam brannte der Wachsstock herunter, und es war totenstill.

      ›Nun muß er sich selber entscheiden!‹ murmelte sie und kreuzte die Arme unter der Brust und lehnte sich zurück.

      Auf einmal ging ein Lächeln über ihre stolzen Züge: ›Der Portner? Nein, der Portner beugt sich nicht!‹

      Dann aber legte sie die Arme auf den Tisch, vergrub das Haupt darein und weinte bitterlich.

      Zwischen Lichten.

       Inhaltsverzeichnis

      Das fahle Licht eines kalten Dezembernachmittags erhellte die große, niedere Gaststube. In der letzten, tiefen Fensternische saß Hansjörg Portner allein vor einem Kruge Bier und starrte durch die kleinen Fensterscheiben hinaus auf die Georgenstraße.

      »Was zum Essen gefällig, Herr Portner?« fragte der Wirt zum Goldenen Schlüssel und stemmte seine kurzen Arme auf die Tischplatte.

      Portner schüttelte den Kopf.

      »Kalten Braten hätt' ich, ein Gansviertel wär' auch noch vorhanden, guter Schinken – nichts gefällig?«

      »Nichts!«

      Der Wirt verzog keine Miene und blieb regungslos am Tische stehen. »Was ich gehört habe, Herr Portner,« begann er nach einer Weile und sah lauernd auf den Landsassen, »nichts für ungut, wenn's nicht wahr sein sollt', Herr Portner, die Leut' reden gar viel, aber ich weiß jetzt nimmer, wer mir's erzählt hat, daß Euch Theuern feilsteht?«

      »Könnte wohl sein,« sagte Portner und wandte den Blick nicht vom Fenster.

      »Ei was, ei da soll doch, also ist's wirklich wahr? Erlaubt schon, da will also der Herr aus dem Lande ziehen?«

      »Das geht Euch nichts an!« sagte Portner.

      »I, das darf mir der Herr nicht übelnehmen, es ist ja nicht böse gemeint. Und – na – um wieviel wär' denn hernach das Theuern feil?«

      »Wollt Ihr's kaufen?« fragte Portner, wandte sich und streifte mit einem Blicke das feiste Gesicht.

      »I, wo denkt Ihr hin, Herr! Ich und so 'n Landsassengut kaufen? Aber ich wüßt' vielleicht jemand; wär' auch nicht das erste Gut, das ich thät verkaufen helfen.«

      »Ja, es ist uns feil,« sagte Portner und starrte wieder durch die kleinen Scheiben.

      »Das geht jetzt auch den ganzen Tag straßauf, straßab, daß ein Bürgersmann sich an den Häusern hindrücken muß,« sagte der Wirt und wies mit dem kurzen, dicken Zeigefinger auf eine Reihe von Offizieren, die nebeneinander in der ganzen Straßenbreite daherkamen. »Ei, du lieber Gott, wo das hinaus will! Gestern abend sind wieder zwei Compagnien eingezogen, für die nächste Woche ist gar ein ganzes Regiment angesagt. Alles dick voll in den Bürgerhäusern – bald mehr Soldaten als Inwohner. – Mit Verlaub!« murmelte er und setzte sich auf den Stuhl. – Portner schwieg.

      »Na, mir kann's ja recht sein, ich bin akkemmediert. Hab' alle Tag' meine Stube voll und krieg' auch meine Bezahlung. Da fehlt nichts. Und von Einquartierung ist unsereiner ohnedem verschont. Aber« – seine Stimme sank zum Flüstern – »was die Halsstarrigen sind, die sich nicht akkemmedieren wollen, gute Nacht, denen geht 's Wasser an den Hals! Zehn, fünfzehn, zwanzig Soldaten im Haus; jeder Soldat kriegt täglich seine zwei Pfund Brot, zwei Maß Bier und ein Pfund Fleisch – ja, Herr, da kann einem Hausvater schon der Schnaufer ausgehen in der bösen Zeit.« Er lachte und rieb die Hände. »Aber warum denn auch so halsstarrig? Warum denn? Muß ja nicht sein, beileib nicht!«

      »Haben sich noch viele nicht accommodiert zu Amberg?« fragte Portner.

      »O ja, vielleicht vier-, fünfhundert nicht.«

      Portner СКАЧАТЬ