Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen. August Sperl
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Название: Gesammelte Werke: Romane & Erzählungen

Автор: August Sperl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075831439

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СКАЧАТЬ Weib, daß der Herr Bruder hart neben seiner Eltern Grabe die Kniee beugen thäte. Nein, das wird er sicher nicht! Denn wenn mir recht ist, steht auf dem Stein, auf dem der Herr Bruder selbst unter seinen Geschwistern als kleines Büblein mit aufgehobenen Händen ausgehauen ist, der Bibelspruch: ›Ich habe einen guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten.‹ – Meine Augen gehen mir über, und es ist, wie ich dem Herrn Bruder neulich im Walde gesagt habe, ich fürcht' mich vor der Welt, sie will ihre Krallen nach mir ausstrecken, und nun ich weiß, daß sie die Krallen auch nach dem Herrn Bruder ausstreckt, fürchte ich zwiefach. Daß nur der Herr Bruder nicht irre gehe auf dem Wege zum Glück! Den Herrn Vater hab' ich gefragt, ob der Herr Bruder das Gut Theuern nicht allzu hoch angefeilscht habe. Hat er geantwortet: ›Nein, eher zu gering.‹ Doch er meint, daß jetzt niemand werde kaufen wollen. Was mich aber der Herr Bruder sonst noch zu fragen geheißen, hab' ich bei mir behalten. Das eine zu fragen geziemt mir nicht, und auf das andre kann ich Euch selber die Antwort geben: Ich beuge meine Kniee nicht unter der Faust des Gewaltigen, und wenn mich Vater und Mutter verließen. Ach, wolle der Herr Bruder doch lieber nicht mehr auf den Zant reiten. Es möchte mir das Herz abstoßen, wenn ich ihn sehe.

      Datum Zant, den 15. Juli 1628.

      Eure getreue Dienerin

      Ruth von Zant.

      Verlassen.

       Inhaltsverzeichnis

      Der Herbstwind fuhr über die Dächer des Zant, im Haine raschelte das dürre Laub, und die Buchen streckten ihre kahlen Aeste zum grauen Himmel.

      Bedeckten Hauptes, mit kotbespritzten Stiefeln, sporenklirrend ging der Zantner in der dämmerigen Turmstube auf und nieder. An der Thüre lehnte Ruth.

      »Und Ihr habt mit ihm gesprochen, Herr Vater?«

      »O ja, gesprochen und getrunken eine gute Stunde lang im Goldenen Schlüssel zu Amberg,« sagte der Edelmann und ging unablässig auf und nieder.

      »Ein Narr!« rief er nach einer Weile und lachte hart auf.

      »Herr Vater!«

      »Er glaubt noch immer, Theuern werde einer kaufen, und reitet landauf, landab. Jetzt kaufen! In dieser Zeit! Ein Narr, wer so was denkt und hofft.«

      »Was bleibt ihm andres übrig, als zu hoffen?« fragte Ruth.

      »Hoffen und Harren macht manchen zum Narren,« antwortete der Zantner und ging auf und ab. »Er weiß ja selbst nicht, was er will!«

      »Herr Vater, Ihr sprecht, als wäre der Portner Euer ärgster Feind!«

      »Ist er ja doch!« rief der Zantner und blieb vor seinem Kinde stehen. »Hat der Fant vor etlichen Monaten einen Brief geschrieben – gieb mir deine Tochter, ich will sie, damit basta. Und der sollte nicht mein ärgster Feind sein?«

      »Aber, Herr Vater, Ihr habt ja doch eingewilligt?«

      »Und was hätt' ich machen wollen dagegen?«

      »Aber, Herr Vater, er hat es doch nicht böse gemeint!« sagte Ruth und versuchte zu lächeln.

      »Nicht böse?« fragte der Zantner. »Und weißt du denn, was das alles in sich begreift, du? – Das heißt: Zantner, du hast sie auferzogen – weg damit aus den Augen, aus dem Sinn! Zantner, du hast in deinem Kinde eine Freundin gehabt – was stehst du und murmelst? Beiß die Zähne aufeinander und gieb sie dem Räuber – dem – dem –«

      »Das ist so hergebracht,« meinte Ruth und sah den Vater zärtlich an.

      »Jawohl, so hergebracht, der Lauf der Welt,« murrte dieser; »jawohl, ich weiß. Und sind auch hundert und hundert Väter froh, wenn's glückt, und reiben ihre Hände. Aber ich nicht, ich nicht!« Und wieder begann er auf und ab zu gehen.

      »Ach, der Herr Vater darf sich darüber wohl nicht sonderlich grämen,« sagte Ruth; »ich glaub' halt immer, zuletzt wird nichts daraus.«

      »Nichts daraus, Ruth? Mach mir nichts weis, Ruth!«

      »Ach, Herr Vater, ich habe Euch doch noch niemals etwas weisgemacht!«

      »Na, das wäre auch schön, Ruth! – Mach dir nichts weis, hätt' ich sagen sollen. Ich kenne das Ende vom Liede. Genau kenn' ich's, genau.«

      »Herr Vater, ich denke, es ist wohl schon längst aus zwischen mir und dem Portner,« sagte Ruth mit bebenden Lippen.

      »Aus?« grollte der Zantner und schritt auf und ab. »Hätt's beinah auch gehofft, weil er nimmer auf den Zant geritten kam seit dem Frühling. Aber nun weiß ich's anders und ganz genau.«

      »Aber, Herr Vater, was denn?«

      »Ich habe dir eine Botschaft zu bestellen,« sagte der Zantner.

      Ruth kam näher. Es war so dunkel geworden, daß sie die Züge des Vaters nicht mehr zu erkennen vermochte von der Thüre her.

      »Wir saßen ganz allein im Schlüssel,« begann der Zantner und ging dabei auf und ab. »Herr,« fragte mich auf einmal der Portner, »werdet Ihr emigrieren oder konvertieren?«

      »Und was habt Ihr geantwortet, Herr Vater?« stieß Ruth hervor.

      »Ich?« Der Zantner blieb stehen. »Nichts!« sagte er und begann aufs neue seine Wanderung.

      »Nichts?« fragte Ruth mit bebender Stimme.

      »Nichts!« wiederholte der Zantner mit Nachdruck.

      Ruth wartete, bis der Vater an ihr vorüberkam. Dann trat sie neben ihn und begann ihm zur Seite auf und ab zu gehen und horchte begierig auf jedes Wort.

      »Der Portner nun stierte vor sich hin und hatte sein Weinglas umklammert, und als ich lange schwieg, sprach er zu mir: ›Ich weiß es schon, Eure Tochter denkt schlecht von mir –‹«

      »Das ist ein Irrtum,« sagte Ruth und ging mit angehaltenem Atem neben dem Vater auf und ab.

      »›– denkt schlecht von mir. Und so bitt' ich Euch, Herr, sagt Eurer Tochter, daß ich thue, was sie will. Wenn sie will, daß ich konvertiere, so konvertiere ich; will sie, daß ich emigriere, so emigriere ich, selbst wenn uns Theuern bleiben sollte.‹ – Und dabei umklammerte er das Weinglas so heftig, daß es zerbrach und der Wein auf das Tischtuch floß.«

      »Und was habt Ihr dem Portner geantwortet, Herr Vater?« fragte Ruth und seufzte tief auf.

      »Nichts,« kam die Rede zurück. »Aber da ich sah, daß ihn die Liebe toll macht, versprach ich ihm vorm Abreiten, ich wolle die Botschaft bestellen.«

      »Und was sagt Ihr mir noch, Herr Vater?«

      »Nichts.« –

      »Herr Vater,« begann Ruth, indem sie rastlos auf und nieder schritt an der Seite des kleinen Mannes; »wenn nun – erlaubet, daß ich mir ein Herz nehme – wenn nun in etlichen Monaten ein andrer an Euch die Frage stellt –?«

      »Welche Frage?« rief der Zantner gereizt.

      »Wollt СКАЧАТЬ