Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme. Jodocus Temme
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Читать онлайн книгу Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme - Jodocus Temme страница 128

Название: Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme

Автор: Jodocus Temme

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027238149

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СКАЧАТЬ Onkel?«

      »Wir sprechen nachher von ihm. Gehen wir jetzt zu unserer Kranken.«

      Sie gingen an das Bett der Kranken.

      Sie lag matt und schwach da, ohne einen Blutstropfen in dem schneeweißen Gesichte. Aber der Blick ihrer Augen war klar. Mit dem klaren Blick lächelte sie den Freundinnen zu, dem Domherrn, dem Arzte, allen so dankbar und so selig.

      »Sie wollen sterben, aber Sie müssen leben«, hatte am Morgen der Domherr zu ihr gesagt. Sie wollte auch leben und sie konnte es. Sie hatte ihr Vergehen gesühnt. Der Himmel, gegen den der Mensch gefrevelt hat, verzeiht; das verletzte Gesetz hat Verzeihung; der gekränkte, beleidigte Mensch hat sie; sie gehört zu dem Besten, was er hat. Der Sünder, der Verbrecher selbst sollte sie nicht haben?

      »Wo ist mein Mann?« fragte die Kranke.

      Sie sahen den Arzt an, ob sie es ihr sagen dürften.

      Er nickte.

      »Er erfüllt eine Ehrenpflicht«, antwortete Karoline auf die Frage der Kranken. »Mein Mann ist bei dem Duell eines Freundes als Sekundant, der Deinige als Zeuge tätig.«

      Sie erzählte der Kranken das Nähere.

      Gisbertine war aufmerksam geworden.

      »Und Gisbert ist nicht dabei?« fragte sie den Domherrn.

      Der Domherr hatte schnell eine Antwort.

      »Noch nicht.«

      »Was heißt das, Onkel Florens?«

      »Nach den Duellgesetzen darf einer, der selbst mit einem der Duellanten sich noch schlagen muss, bei dem Duell nicht zugegen sein.«

      »Gisbert müsste sich ebenfalls noch mit dein Grafen Thalhausen schlagen?«

      »Wenn Becker den Grafen nicht erschießt, ja.«

      »Was hatte er mit ihm?«

      »Wenig; wenn Du willst, nichts. Der Graf Thalhausen wollte sich mit einem Kellner nicht schlagen. Gisbert erklärte ihn darauf für einen feigen Menschen, und der Graf musste ihn auf Pistolen fordern.«

      Gisbertine hatte keine Frage, kein Wort weiter.

      Sie sah still durch das Fenster, an dem sie standen.

      »Du findest Gisberts Benehmen nicht in der Ordnung?« fragte der Domherr sie.

      Sie wandte sich zu ihm.

      »Sieh mich an, Onkel Florens.«

      In ihren Augen standen Tränen.

      »Ich sehe, dass Du weinst«, sagte der Domherr.

      »Ja, Onkel, und ich habe in diesem Augenblicke zu Gott gebetet, dass er mir das Herz des Ehrenmanns wieder in voller Liebe zuwenden und mir alles verzeihen möge, was ich diesem edlen Herzen zuleide getan habe.«

      »Und Gott wolle Dein Gebet erhören, Kind.«

      »Onkel, wenn es zu· spät wäre! Die Angst liegt mir so schwer auf dem Herzen. Wenn eine tödliche Kugel ihn träfe!«

      »Sieh die da an«, sagte der Domherr.

      Henriette war in das Zimmer getreten.

      Sie brachte etwas für die Kranke.

      Karoline hatte zu dem Domherrn gesagt, man könne sie nicht ohne Rührung und nicht ohne Erhebung ansehen, so still und mutig ergeben sei sie, und ein so edler Stolz stärke ihr das Herz. Ein glücklicher, freudiger Stolz hob jetzt ihre ganze Erscheinung, und doch war sie bescheiden und demütig.

      »Verzeihen Sie mir, dass ich so spät komme«, sagte sie. »Ich wurde gegen meinen Willen aufgehalten.«

      »Haben Sie Nachricht, Henriette?« fragte der Domherr sie.

      Sie wusste, was er meinte.

      »Von da nicht«, sagte sie. »Aber —«

      »Aber?«

      »Ich habe etwas anderes, was mich so glücklich macht.«

      »Dürfen Sie es erzählen?«

      Sie erzählte.

      Und während sie erzählte, war es der Domherr, dem sich auf einmal wie in krampfhafter Angst das Herz zusammenziehen wollte.

      Wenn der Mensch meint, er habe endlich das Glück erfasst, so hat das Unglück ihn!

      Henriette war unten in der Küche beschäftigt gewesen, Umschläge für die Kranke zu besorgen.

      Die Wirtin hatte zugleich den Tee für die fremde vornehme Herrschaft bereitet.

      Die Herrschaft machte eine Promenade; gleich nach ihrer Rückkehr müsse der Tee bereit stehen, hatte der Kammerdiener bestellt.

      Der Kammerdiener kam in die Küche.

      »Die Herrschaft ist zurück. Sind Sie fertig, Frau Wirtin?«

      Es stand alles bereit.

      Der Kammerdiener konnte es nicht auf einem Brett und auf einmal tragen.

      »Begleiten Sie mich wohl mit den Tassen, Mamsell?« fragte er Henriette.

      »Recht gern. Die Frau Wirtin wird unterdes nach meinen Sachen sehen.«

      »Gewiss.«

      Der Kammerdiener und Henriette trugen den Tee für die fremde Herrschaft in den Garten, zu der Laube, in welcher der ältere Herr am Morgen seinen Kaffee verzehrt hatte.

      »Mamsell«, sagte der Diener unterwegs, »die Herrschaft wird mit Ihnen sprechen. Antworten Sie nur immer hübsch dreist.«

      Wollte Henriette zeigen, dass die Ermahnung eine überflüssige sei?

      »Der große Herr ist der König«, sagte sie. »Darf ich ihm sagen, dass ich ihn kenne?«

      »Sie wissen es also auch schon?«

      »Ich brachte die Nachricht von drüben hierher. Ich weiß auch, was der König hier will. Etwas Angenehmes ist es für den braven Herrn nicht.«

      »Aber woher haben Sie Ihre Nachrichten?«

      »Wir lieben im Lande den König; da nehmen wir Anteil an allem, was ihn betrifft. Und hier im Hessenlande hat er eine schwere Sorge. Seine Schwester — er will hier mit dem Kurprinzen eine Zusammenkunft haben. Der Kurprinz wird auch wohl zu dem mächtigen Schwager kommen. Aber ob es dann besser werden wird? Die Goldschmiedsmamsell aus Berlin — das Land erwartet nicht viel Gutes, nicht für sich, nicht für die brave Kurprinzessin.«

      Sie waren an der Laube angelangt.

      Der König und der General von Witzleben befanden sich darin.

      Das Mädchen zitterte СКАЧАТЬ