Название: Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme
Автор: Jodocus Temme
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027238149
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Henriette breitete die feine, glänzend weiße Leinwanddecke über den Tisch, stellte die Tassen darauf, das andere. Sie war in allem so geschickt, so behände, so an mutig. Ihre Gestalt war so zierlich; ihr hübsches Gesicht, das einen Augenblick blass geworden war, hatte wieder die rosige Frische.
Der König sah ihr mit stillem Wohlgefallen zu.
»Sind recht flink«, sagte er dann. »Würden eine vortreffliche Wirtin sein.«
Henriette hatte wohl recht dreist sprechen wollen; sie konnte doch kein Wort hervorbringen.
»Sind Braut?« fragte der König.
Henriette hatte sich ein Herz gefasst.
»Ja, Majestät.«
»Ah, kennen mich — ja, ja! Aber Bräutigam ist Offizier, hat das Eiserne Kreuz. Kann nicht wohl Wirt sein. Ginge freilich sonst wohl; scheint aber zu hitzig zu sein, könnte leicht wieder Streit bekommen. Habe gehört, in Paderborn Stelle des Salzinspektors vakant — siebenhundert Taler Gehalt. Soll sich an mich wenden, immediat. Sind zufrieden?«
Henriette wusste wohl nicht recht, wo ihr auf einmal der Kopf stand.
»Ah, Majestät, fünfhundert wäre schon genug.«
Sie hatte die Hand des Königs gefasst. Sie küsste sie.
»Bleibt bei siebenhundert«, sagte der König.
Aber nun war die hübsche Henriette doch nicht zufrieden.
»O Majestät«, sagte sie, und sie ließ die Hand des Königs nicht los, »Sie können so viel, Sie machen uns so reich. Da machen Sie auch ein paar andere Menschen glücklich. Hier liegt eine arme verwundete Frau. Ihr Mann wird als schwerer Verbrecher verfolgt und sie auch, und sie sind doch beide so unschuldig —«
»Weiß schon«, unterbrach der König sie. »Sollen nicht mehr verfolgt werden. Habe schon Befehl gegeben.«
»Und dann, Majestät, hätte ich noch eine Bitte —«
»Ah, noch eine?« rief der König.
Aber Henriette hatte sich einmal ein Herz gefasst, und nun folgte sie nur der Eingebung ihres braven Herzens, und sie dachte nicht, dass sie, das einfache Mädchen, vor dem Könige stand, sie wusste sich nur einem Manne gegenüber, der die Bitten ihres Herzens zu erfüllen vermochte.
»Majestät«, fuhr sie mutig fort, »haben einen so braven Offizier, Friedrichs heißt er, und er war Obristlieutenant, und er hat jetzt Assessor werden müssen —«
Der König unterbrach sie noch einmal.
»Weiß auch das. Sind ein braves Kind.«
Und er winkte ihr huldvoll mit der Hand, dass sie gehen könne.
Sie flog in das Haus. Aber zuerst holte sie aus der Küche die Umschläge für die Kranke; dann erst ging sie nach oben, zu erzählen.
»Und wenn sie ihr nun unterdes da hinten den Verlobten erschießen?« sagte sich der Domherr.
Was sich unterdes da hinten auf dem Kampfplatze ereignet hatte?
Der Herr von Homberg, Sekundant des Grafen Thalhausen, hatte den Beginn des zweiten Ganges kommandieren wollen; das Kommando war ihm auf den Lippen erstorben, aber ein Fluch war ihnen entfahren. Die ganze Gesellschaft in der kleinen Schlucht richtete ihre Augen nach der Stelle, wo der Herr von Homberg das gesehen hatte, was ihn überraschte und erschreckte.
»Der König! Und Witzleben!«
»Was nun?«
»Nur volle Ruhe behalten!«
Es war der einzige Rat.
Friedrichs hatte ihn gegeben.
Sie standen wie in den grünen Rasen eingemauert.
Es gab keinen interessanteren Vorwurf für ein lebendes Bild.
Am Eingange der Schlucht war der König mit dem General Witzleben stehengeblieben.
Die zwei Schüsse, die sie gehört, hatten die beiden Spaziergänger wohl hergeführt.
Der König hatte mit einem Blick alles übersehen.
Er ging rasch einige Schritte voran; sein Gesicht verfinsterte sich.
Dann stand er wieder; er sprach einige Worte mit dem General Witzleben.
Der General nahte sich allein der Duellgesellschaft.
»Meine Herren, Seine Majestät kennt die Veranlassung dieses Duells. Er verbietet Ihnen jede Fortsetzung desselben. Er hat mir zugleich den Befehl·erteilt, Ihnen Ihr Ehrenwort abzufordern, dass Sie aus Veranlassung Ihres Streites kein neues Duell entrieren wollen. Ich bitte um Ihr Wort.«
Es war der Befehl des Königs.
Die beiden Duellanten gaben ihr Ehrenwort.
Der General von Witzleben wandte sich an Friedrichs.
»Mein Herr, der König lässt sie um Ihren Namen fragen. Seine Majestät meint Sie schon gesehen zu haben. Auch mir scheinen Sie bekannt zu sein.«
»Gerichtsassessor Friedrichs!« war die Antwort.
»Gerichtsassessor mit diesem höchsten militärischen Orden?«
»Ich war Obristlieutenant in der Landwehr —«
»Ah, mein Herr, ich weiß genug.«
Der General drückte herzlich die Hand des Gerichtsassessors.
Er musste zum König zurückkehren.
Dem Könige und ihm folgten die andern.
Zu ihnen durfte sich Gisbert von Aschen wieder gesellen.
»Herr Graf«, sagte der junge Freiherr zu dem Grafen, »ich nehme jedes Wort, das ich zu Ihnen sprach, zurück und erkenne Ihren Mut und Ihre Ehrenhaftigkeit an.«
Der Graf reichte ihm die Hand.
Der junge Arzt fragte dann:
»Meine Herren, darf ich vorausgehen, um in dem Krankenzimmer auf Ihre Rückkehr vorzubereiten?«
»Tun Sie das, lieber Doktor.«
Der Doktor trat in das Krankenzimmer.
Er sah den klaren Blick der Kranken.
Sie lasen in seinen Augen den glücklichen Ausgang des Duells.
Als er alles erzählt hatte, erschienen Friedrichs, Mahlberg und Gisbert in dem Zimmer.
Auch Gisbert.
Friedrichs gab einfach seiner Frau die Hand.
Mahlberg СКАЧАТЬ