Название: Gesammelte Werke
Автор: George Sand
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962816148
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Als er durch Albert’s Ungeduld seinen Gang gekreuzt und sich ohne Umstände das Messer in die Hand gegeben sah, hob er an:
– Wenn Sie Arzt sind und hier zu sagen haben, so sehe ich nicht ein, wozu man mich hat rufen lassen, und ich gehe nach Hause.
– Wenn Sie sich nicht entschließen wollen, so lange es noch Zeit, so gehen Sie immerhin! sagte Albert.
Der Doctor Wetzelius fand sich schwer beleidigt, dass man ihn einem unbekannten Kollegen beigesellt hatte, der ihm mit so wenig Achtung begegnete, stand auf und begab sich in Amaliens Zimmer, um sich mit den Nerven dieser jungen Person zu beschäftigen, die ihn sogleich verlangt hatte, und sich dem Stiftsfräulein zu empfehlen; aber Wenceslawa hielt ihn zurück.
– Lieber Doctor! sagte sie, Sie dürfen uns in einer solchen Lage nicht im Stiche lassen. Sehen Sie nur, welche Verantwortung auf uns liegt. Mein Neffe hat Sie beleidigt, aber warum wollen Sie die Hitze eines Mannes, der sich so wenig beherrschen kann, ernstlich nehmen! …
– Wie, war das Graf Albert’s fragte der Doctor verblüfft. Ich hätte ihn meiner Tage nicht wieder erkannt. Ist der verändert! …
– Natürlich! es sind fast zehn Jahre, dass Sie ihn nicht gesehen haben, es hat sich seitdem viel mit ihm geändert.
– Ich glaubte, er wäre gänzlich hergestellt, sagte der Doctor spitz, weil man mich seit seiner Rückkehr kein einziges Mal hat rufen lassen.
– Ach, bester Doctor! Sie wissen, dass Albert sich den Vorschriften der Kunst nie hat fügen wollen.
– Und nun ist er selber Arzt, wie ich sehe?
– Er versteht von allem etwas, aber er behandelt alles mit seiner ungestümen Art. Der schreckliche Zustand, worin er dieses junge Mädchen sah, hat ihn sehr aufgeregt, sonst würden Sie ihn gewiss höflicher, vernünftiger und erkenntlicher für die Bemühungen, die Sie ihm in seiner Kindheit widmeten, gefunden haben.
– Ich besorge, dass er sie jetzt nötiger hat als jemals, entgegnete der Doctor, der, ungeachtet seines Respekts vor der Familie und dem Schlosse, doch lieber dem Stiftsfräulein durch diese harte Äußerung wehe tun, als seine verächtliche Haltung aufgeben und der kleinen Rache, Albert als einen Tollen zu behandeln, entsagen wollte.
Das Stiftsfräulein empfand diese Grausamkeit umso schmerzlicher, als sie zugleich bedachte, dass der Ärger den Doktor verleiten konnte, den Zustand ihres Neffen, den sie so sorgfältig zu verheimlichen suchte, überall bekannt zu machen. Um ihn zu entwaffnen, verschluckte sie ihre Empfindlichkeit und fragte ihn bescheidentlich, was er von dem Aderlasse dächte, den Albert angeraten hatte.
– Ich denke, dass es in dem Augenblick eine Dummheit ist, sagte der Doctor, welcher sich die Initiative und seinem verehrten Munde den entscheidenden Ausspruch durchaus vorbehalten wollte. Ich werde ein Stündchen warten, oder zwei, ich werde die Kranke nicht aus den Augen lassen, und wenn der Augenblick gekommen sein wird, wäre es auch eher als ich jetzt vermuten kann, so werde ich handeln; aber in der gegenwärtigen Krisis erlaubt mir die Beschaffenheit des Pulses noch nicht, etwas Bestimmtes zu tun.
– Sie bleiben also? Gesegnet sollen Sie sein, prächtiger Doctor!
– Bei so bewandten Sachen, da mein Widersacher der junge Graf ist, sagte der Doctor mit einem vornehm bemitleidenden Lächeln, so wundre ich mich weiter über nichts und lasse ihn reden.
Er wollte eben wieder in Consuelo’s Zimmer gehen, dessen Türe der Kaplan, damit Albert das Gespräch nicht höre, zugemacht hatte, als der Kaplan ganz bleich und verstört von der Kranken herauskam, und zu dem Doctor eilte.
– Um Gottes willen, Doctor! rief er, kommen Sie, gebrauchen Sie Ihr Ansehen! das meinige gilt bei dem Grafen Albert nichts mehr, und ich glaube, wenn Gott selbst vom Himmel käme, würde er nicht danach fragen. Er hat sich darauf gesetzt, der Sterbenden zur Ader zu lassen, Ihrem Verbot zum Trotze, und er wird es wahrhaftig tun, wofern es uns nicht so oder so gelingt, ihn abzuhalten. Weiß der Himmel, ob er je eine Lanzette in der Hand gehabt hat. Er wird sie verstümmeln, wenn er sie nicht gar auf der Stelle durch eine unzeitige Blutentziehung tötet.
– Nun seh’ Eins! sagte der Doctor in läppischem Tone, sich schwerfällig zur Türe wiegend mit dem aufgeblasenen Wesen eines Mannes, der sich nichts zu Herzen nimmt. Da können wir eine schöne Bescherung haben, wenn ich ihm nicht eine Faxe mache, um ihn wieder zu Rechte zu bringen.
Als er aber das Bett erreichte, hatte Albert die Lanzette blutig zwischen den Zähnen; mit der einen Hand hielt er Consuelo’s Arm, mit der anderen die Schüssel. Die Ader war geöffnet; ein dickes, schwarzes Blut floss reichlich.
Der Kaplan wollte murren, schwören, den Himmel zum Zeugen rufen; der Doctor hatte vor, Albert mit Späßen abzulenken, denn er dachte seine Zeit wahrzunehmen und die Ader zu schließen, um sie bald darauf wieder zu öffnen, wann es sein Eigensinn und seine Eitelkeit gelegen fanden. Aber Albert hielt ihn durch die bloße Gewalt seines Blickes entfernt, und sobald er der Kranken die Masse Blut, welche ihm nötig schien, entzogen hatte, legte er den Verband mit aller Sicherheit eines geübten Operateurs an; dann legte er Consuelo’s Arm behutsam unter die Decke, reichte dem Stiftsfräulein ein Riechfläschchen, um es der Kranken unter die Nase zu halten, und rief den Kaplan und den Doctor in Amaliens Zimmer.
– Meine Herren! sagte er, Sie können der Person nichts nützen, die ich behandele. Unschlüssigkeit oder Vorurteile lähmen Ihre Tätigkeit und Ihre Einsicht. Ich erkläre Ihnen, dass ich alles auf mich nehme, und dass ich bei der Aufführung eines so ernsten Geschäftes nicht zerstreut und nicht gehindert sein will. Ich bitte Sie demnach, Herr Kaplan, sich mit Ihren Gebeten zu beschäftigen, und Sie Herr Doctor, meiner Cousine etwas zu verordnen. Ich werde es nicht dulden, dass man vom Tode spreche und Anstalten danach mache am Bette einer Person, die in kurzer Zeit zu sich kommen wird. Man möge sich das gesagt sein lassen. Wenn ich hier einen gelehrten Mann beleidige, wenn ich einen Freund verletze, so will ich deswegen um Verzeihung bitten, sobald ich an mich selbst werde denken können.
Dies sagte Albert, in einem sanften, ruhigen Tone, der gegen СКАЧАТЬ