Gesammelte Werke. George Sand
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Название: Gesammelte Werke

Автор: George Sand

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962816148

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      – Aber was macht mich nur starr vor Schreck, un­ge­ach­tet die­ser er­freu­li­chen Nach­rich­ten? frag­te sich der jun­ge Graf, als er zur ge­wohn­ten Stun­de sei­nen An­ge­hö­ri­gen gute Nacht wünsch­te.

      Die Sa­che war, dass das gute Stifts­fräu­lein, das un­ge­ach­tet sei­ner Ma­ger­keit und Ver­wach­sen­heit nie­mals krank ge­we­sen war, von Krank­hei­ten nicht das ge­rings­te ver­stand. Sie hat­te ge­se­hen, wie Con­sue­lo von flam­men­der Röte zu ei­ner bläu­li­chen Bläs­se über­ging, wie das auf­ge­reg­te Blut in den Adern stock­te, und die Brust, zu be­engt, um sich in der An­stren­gung des At­mens zu he­ben, still und un­be­weg­lich schi­en. Sie hat­te sie in die­sem Au­gen­bli­cke für her­ge­stellt ge­hal­ten und sich be­eilt, die gute Nach­richt mit kin­di­scher Zu­ver­sicht den an­de­ren zu­zu­tra­gen.

      Aber der Ka­plan, der et­was mehr von der Sa­che ver­stand, sah wohl ein, dass die­se schein­ba­re Ruhe der Vor­läu­fer ei­ner hef­ti­gen Kri­se sein wür­de. So­bald Al­bert sich ent­fernt hat­te, sag­te er zu dem Stifts­fräu­lein, es sei nun Zeit, den Arzt ho­len zu las­sen. Zum Un­glück war es weit bis zur Stadt, die Nacht fins­ter, der Weg ab­scheu­lich, und Hans, un­ge­ach­tet sei­nes Dien­stei­fers, sehr lang­sam. Es fing zu stür­men an und der Re­gen floss in Strö­men her­ab. Der alte Gaul, den der alte Haus­die­ner ritt, scheu­te und strau­chel­te wohl zwan­zig­mal und ver­lief sich zu­letzt im Wal­de mit sei­nem furcht­sa­men Rei­ter, der je­den Hü­gel für den Schre­cken­stein und je­den Blitz für den Flam­menschweif ei­nes bö­sen Geis­tes an­sah. Es wur­de Tag, ehe sich Hans wie­der auf den Weg fand, und er ließ nun sein Tier aus­tra­ben, so gut es konn­te. Er er­reich­te die Stadt und fand den Doc­tor noch im bes­ten Mor­gen­schla­fe; die­ser wur­de ge­weckt, zog sich ge­mäch­lich an und mach­te sich auf den Weg. Mit dem al­len hat­te man vier­und­zwan­zig Stun­den ver­lo­ren.

      Al­bert ver­such­te es, zu schla­fen; um­sonst! eine pei­ni­gen­de Un­ru­he und das Ge­heul des Sturms hiel­ten ihn die gan­ze Nacht wach. Er wag­te nicht, hin­un­ter­zu­ge­hen, aus Furcht, sei­ner Tan­te wie­der An­stoß zu ge­ben, die ihm schon am Mor­gen über die Un­schick­lich­keit, sich so zu der Woh­nung der bei­den De­moi­sel­les zu drän­gen, den Text ge­le­sen hat­te; er ließ sei­ne Tür of­fen ste­hen und hör­te mehr­mals in dem un­tern Stock­wer­ke ge­hen. Er rann­te zur Trep­pe, aber da er nie­mand sah und nichts mehr hör­te, so zwang er sich, ru­hig zu blei­ben und das täu­schen­de Geräusch, das ihn er­schreckt hat­te, dem Wind und Re­gen bei­zu­mes­sen.

      Seit Con­sue­lo es ihm be­foh­len hat­te, wach­te er über sei­ne Ver­nunft, über sei­ne geis­ti­ge Ge­sund­heit mit Ge­duld, mit Fes­tig­keit. Er be­kämpf­te Un­ru­he und Angst und such­te über sei­ne Lie­be Herr zu wer­den durch die Macht sei­ner Lie­be selbst.

      Plötz­lich aber dringt durch das Rol­len des Don­ners und das Kra­chen des un­ter der Ge­walt des Sturms äch­zen­den Ge­bälks hin­durch ein lan­ger, schnei­den­der Schrei zu ihm auf, der ihm das Herz durch­bohrt.

      Al­bert, der sich an­ge­klei­det auf das Bett ge­wor­fen hat­te, Wil­lens ein­zu­schla­fen, springt em­por, stürzt hin­aus, wie ein Pfeil die Trep­pe hin­ab und klopft an Con­sue­lo’s Tür. Al­les still, es öff­net nie­mand.

      Al­bert glaub­te wie­der­um, ge­träumt zu ha­ben, als ein zwei­ter Schrei, noch gel­len­der, noch schreck­li­cher als der ers­te, ihm das Herz zer­reißt. Er be­sinnt sich nicht, rennt durch einen dun­keln Cor­ri­dor, er­reicht und schüt­telt Ama­li­ens Tür, sei­nen Na­men nen­nend. Er hört einen Rie­gel vor­schie­ben und Ama­li­ens Stim­me ruft ihm ge­bie­te­risch zu, sich zu ent­fer­nen.

      In­zwi­schen ver­dop­pelt sich das Schrei­en und Wim­mern: es ist Con­sue­lo’s Stim­me in der fürch­ter­lichs­ten Fie­be­rangst. Er hört sei­nen Na­men sich ver­zweif­lungs­voll dem an­ge­be­te­ten Mun­de ent­win­den.

      Wü­tend wirft er sich auf die Tür, sprengt Schloss und Rie­gel, Ama­li­en, die die ge­kränk­te Scham­haf­te spie­len will, weil sie sich im Da­mast­schlaf­rock und Spit­zen­häub­chen über­rascht sieht, wirft er so bei Sei­te, dass sie auf ih­ren Di­van nie­der­fällt, und stürzt sich bleich wie ein Geist mit hoch­ge­sträub­ten Haa­ren in Con­sue­lo’s Zim­mer.

      5.

      Con­sue­lo rang in fürch­ter­li­cher Ra­se­rei des Fie­bers mit den bei­den star­ken Mäg­den, wel­che sie hiel­ten und sie kaum ver­hin­dern konn­ten, sich aus dem Bet­te zu wer­fen. Ge­fol­tert, wie es in Fäl­len von Ge­hir­n­ent­zün­dung zu ge­sche­hen pflegt, von ent­setz­li­chen Schreck­bil­dern, woll­te das arme Kind den Er­schei­nun­gen ent­flie­hen, die auf sie ein­stürm­ten. Sie glaub­te in den Per­so­nen, wel­che sie zu hal­ten und zu be­ru­hi­gen such­ten, Fein­de zu er­bli­cken, Un­ge­heu­er, die nach ih­rem Blu­te dürs­te­ten.

      Der Ka­plan, der sie je­den Au­gen­blick den Schlä­gen ih­res Übels er­lie­gen zu se­hen glaub­te, sag­te schon in sei­ner Her­zens­angst die Ster­be­ge­be­te her; sie hielt ihn für Zden­ko, der eine Mau­er bau­te, um sie le­ben­dig zu be­gra­ben, und da­bei sei­ne geis­ter­haf­ten Lie­der mur­mel­te.

      Das zit­tern­de Stifts­fräu­lein, das sei­ne schwa­chen Kräf­te mit de­nen der an­de­ren Frau­en ver­ei­nig­te, um sie im Bet­te zu­rück­zu­hal­ten, dünk­te ihr der zwie­fa­chen Wan­da Geist, bald der Schwes­ter Zis­ka’s, bald der Mut­ter Al­ber­t’s, die ihr er­schie­nen in der Ein­sie­de­lei, um sie zu schel­ten, dass sie sich ihre Rech­te an­maß­te und in ihr Reich ein­dräng­te.

      Ihre den An­we­sen­den un­ver­ständ­li­chen Aus­ru­fun­gen, Seuf­zer und Ge­be­te stan­den alle in Be­zie­hung zu den Ge­dan­ken und Ge­gen­stän­den, wel­che sie in der ver­wi­che­nen Nacht so hef­tig auf­ge­regt und er­schüt­tert hat­ten. Sie hör­te den Strom brau­sen und mach­te mit ih­ren Ar­men die Be­we­gun­gen ei­nes Schwim­men­den. Sie schüt­tel­te ihr schwar­zes Haar, das wild um ihre Schul­tern hing, und bil­de­te sich ein, von der Flut um­stäubt zu sein. Stets glaub­te sie, Zden­ko sei hin­ter ihr und im Be­griff, die Schleu­se auf­zu­zie­hen, oder vor ihr, um ihr den Aus­weg zu ver­sper­ren.

      Da sie im­mer­fort bil­dernd von nichts als Was­ser und Stei­nen sprach, so sag­te der Ka­plan den Kopf schüt­telnd:

      – Das ist ein sehr lan­ger und ängst­li­cher Traum. Ich weiß auch gar nicht, was sie sich das Ge­hirn letzt­lich so mit die­ser Cis­ter­ne an­ge­füllt hat: es war si­cher­lich schon ein An­satz des Fie­bers, denn Sie se­hen, dass ihre Fan­ta­sie sich be­stän­dig um die­sen Punkt dreht.

      In dem Au­gen­bli­cke, als Al­bert ganz au­ßer sich in ihr Zim­mer stürz­te, ließ Con­sue­lo, er­schöpft und matt, nur un­ver­ständ­li­che Lau­te hö­ren, die mit ei­nem wil­den Schrei en­de­ten. Da die Kraft ih­res Wil­lens die Schre­cken nicht mehr be­herrsch­te wie da­mals, als sie ih­nen die Stirn bot, so stürm­ten die­se jetzt in der Ein­bil­dung mit un­ge­bro­che­ner, schau­der­haf­ter Ge­walt auf sie ein.

      Sie hat­te in­des­sen da­bei eine Art Über­le­gung, die sie СКАЧАТЬ