Gesammelte Werke. George Sand
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Название: Gesammelte Werke

Автор: George Sand

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962816148

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СКАЧАТЬ sie sich aus den Ar­men, wel­che sie hiel­ten, mit der Ge­len­kig­keit und Kraft, die der Fie­ber­zu­stand dem schwächs­ten We­sen gibt. Sie schwang sich mit­ten in das Zim­mer mit auf­ge­lös­tem Haar, mit blo­ßen Fü­ßen, in ei­nem leich­ten, wei­ßen und zer­knit­ter­ten Nacht­klei­de, das ihr das An­se­hen ei­nes dem Gra­be ent­ron­ne­nen Geis­tes gab, und in dem Au­gen­bli­cke, wo man sie wie­der zu er­grei­fen mein­te, sprang sie über das Spi­nett, das ihr im Wege war, mit der Be­hän­dig­keit ei­ner wil­den Kat­ze, stieg auf das Fens­ter, wel­ches sie für den Aus­gang der un­glück­li­chen Cis­ter­ne hielt, brei­te­te die Arme aus, und aber­mals Al­ber­t’s Na­men in die schwar­ze, stür­mi­sche Nacht hin­aus­schrei­end, war sie im Be­grif­fe, sich hin­ab­zu­stür­zen, als Al­bert, noch be­hän­der und stär­ker als sie, mit bei­den Ar­men sie um­fass­te und sie auf ihr Bett zu­rück­trug.

      Sie er­kann­te ihn nicht, aber sie leis­te­te ihm kei­nen Wi­der­stand und hör­te auf zu schrei­en. Al­bert drang in sie spa­nisch re­dend mit den sü­ßes­ten Na­men und den hei­ßes­ten Bit­ten: sie hör­te ihn, die Au­gen starr und ohne ihn zu se­hen oder ihm zu ant­wor­ten; aber auf ein­mal raff­te sie sich auf, gab sich auf ih­rem Bet­te eine kni­en­de Stel­lung, und be­gann eine Klau­sel aus dem Te Deum von Hän­del zu sin­gen, das sie kurz zu­vor ge­le­sen und be­wun­dert hat­te.

      Nie war ihre Stim­me aus­drucks­vol­ler und herr­li­cher ge­we­sen. Nie hat­te sie so schön aus­ge­se­hen, als in die­ser ek­sta­ti­schen Stel­lung mit dem flat­tern­den Haa­re, mit der fie­bri­schen Glut auf den Wan­gen und mit den Au­gen, die im Him­mel, der nur ih­nen of­fen lag, zu le­sen schie­nen.

      Das Stifts­fräu­lein wur­de so er­grif­fen, dass auch sie am Fuße des Bet­tes auf die Knie sank und in Trä­nen zer­floss, und auch der Ka­plan neig­te, un­ge­ach­tet sei­ner ge­rin­gen Er­reg­bar­keit, das Haupt, von re­li­gi­öser Ehr­furcht er­grif­fen.

      Kaum hat­te Con­sue­lo ihre Klau­sel ge­en­det, als sie aus tiefer Brust auf­seufz­te: eine himm­li­sche Freu­de glänz­te auf ih­rem Ge­sich­te.

      – Ich bin ge­ret­tet! schrie sie und sank rück­lings nie­der, bleich und kalt wie Mar­mor, die Au­gen noch ge­öff­net, aber er­lo­schen, die Lip­pen blau und die Arme steif.

      Ein Au­gen­blick der Stil­le und des Grau­sens folg­te die­sem Auf­tritt. Ama­lie, die auf der Schwel­le des Zim­mers ste­hend, re­gungs­los und ohne sich nä­her zu wa­gen, die­sem schau­er­li­chen Schau­spiel bei­ge­wohnt hat­te, fiel vor Ent­set­zen in Ohn­macht. Das Stifts­fräu­lein und die bei­den Frau­en spran­gen hin­zu, um sie auf­zu­he­ben. Con­sue­lo blieb aus­ge­streckt und kalt lie­gen, auf Al­ber­t’s Arm ru­hend, der sei­ne Stirn auf den Bu­sen der Ster­ben­den ge­drückt hat­te und nicht mehr Le­ben als sie selbst ver­riet.

      Das Stifts­fräu­lein hat­te kaum Ama­li­en auf ihr Bett le­gen las­sen, als sie wie­der in Con­sue­lo’s Zim­mer trat.

      – Nun, Herr Ka­plan? frag­te sie mit kraft­lo­ser Stim­me.

      – Gnä­digs­te, es ist der Tod! ant­wor­te­te der Ka­plan dumpf und ließ Con­sue­lo’s Arm fal­len, des­sen Puls er auf­merk­sam be­fragt hat­te.

      – Nein! es ist nicht der Tod! Nein, tau­send­mal nein! rief Al­bert, hef­tig auf­sprin­gend. Ich habe ihr Herz bes­ser be­fragt, als Sie ih­ren Arm. Es schlägt noch, sie at­met, sie lebt. O, und sie soll le­ben! Nicht so, nicht jetzt soll sie en­den! Wer hat die Ver­mes­sen­heit ge­habt, zu glau­ben, dass Gott ih­ren Tod ver­häng­te! Nein, jetzt ist der Au­gen­blick, sie mit Er­folg zu be­han­deln. Herr Ka­plan, Ihre Schach­tel! Ich weiß, was ihr Not tut, Sie wis­sen es nicht. Un­glück­li­cher, ge­hor­chen Sie mir! Sie ha­ben ihr nicht ge­hol­fen, Sie konn­ten die­se schreck­li­che Kri­se ab­wen­den, Sie ha­ben es nicht ge­tan, Sie ha­ben es nicht ge­wollt. Ihr habt mir ihre Krank­heit ver­bor­gen ge­hal­ten, ihr habt mich be­tro­gen, alle! Ihr woll­tet sie also zu Grun­de rich­ten! Eue­re elen­de Ängst­lich­keit, eue­re scheuß­li­che Tat­lo­sig­keit ha­ben euch Zun­ge und Hän­de ge­bun­den. Ihre Schach­tel, sage ich, und las­sen Sie mich ma­chen.

      Und da der Ka­plan zö­ger­te, ihm die Arz­nei­en an­zu­ver­trau­en, die in den un­er­fah­re­nen Hän­den ei­nes über­spann­ten und halb­tol­len Men­schen Gift wer­den konn­ten, ent­riss sie ihm Al­bert mit Ge­walt. Taub ge­gen die Ein­wen­dun­gen sei­ner Tan­te, wähl­te und misch­te er selbst die star­ken be­ru­hi­gen­den Mit­tel, wel­che schnell wir­ken konn­ten.

      Al­bert ver­stand vie­le Din­ge bes­ser als man dach­te. Er hat­te an sich selbst zu ei­ner Zeit, wo er sich noch über die häu­fi­gen Un­ord­nun­gen sei­nes Ge­hirns Re­chen­schaft gab, die Wir­kung der kräf­tigs­ten nie­der­schla­gen­den Mit­tel stu­diert. Von ra­schem Blick ge­lei­tet, von Mut und Ei­fer be­seelt, gab er Do­sen, wel­che der Ka­plan nicht zu emp­feh­len ge­wagt hät­te. Es ge­lang ihm mit un­glaub­li­cher Ge­duld und Sanft­mut, die Zäh­ne der Kran­ken aus ein­an­der zu brin­gen und ihr ei­ni­ge Trop­fen der kräf­ti­gen Arz­nei ein­zu­flö­ßen.

      Nach Ver­lauf ei­ner Stun­de, wäh­rend wel­cher er ihr mehr­mals ein­gab, at­me­te Con­sue­lo frei; ihre Hän­de wur­den wie­der warm und ihre Züge be­weg­lich. Sie hör­te und fühl­te noch nichts, aber ihre Ab­span­nung war eine Art Schlaf und ihre Lip­pen färb­ten sich wie­der ein we­nig.

      Der Arzt lang­te an, und da er den Fall be­denk­lich fand, er­klär­te er, man habe ihn sehr spät ge­ru­fen und er ste­he für nichts. Man hät­te schon am vo­ri­gen Abend zur Ader las­sen sol­len, jetzt sei der Au­gen­blick nicht güns­tig. Der Ader­lass wür­de die Kri­se zu­rück­füh­ren. Es wäre schlimm, schlimm!

      – Er wird sie al­ler­dings zu­rück­füh­ren, sag­te Al­bert, aber man muss den­noch Blut las­sen.

      Der deut­sche Arzt, ein schwer­fäl­li­ger Mann, sehr von sich ein­ge­nom­men, und ge­wohnt, in je­ner Ge­gend, wo er ohne Ne­ben­buh­ler prak­ti­zier­te, wie ein Ora­kel ge­hört zu wer­den, schlug sei­ne di­cken Au­gen­li­der em­por und blin­zel­te den Men­schen an, der sich er­kühn­te, so den Kno­ten zu durch­schnei­den.

      – Ich sage, man muss zur Ader las­sen, wie­der­hol­te Al­bert mit Nach­druck. Mit oder ohne Ader­lass wird die Kri­se zu­rück­keh­ren.

      – Mit Ver­laub! sag­te der Doc­tor Wet­ze­li­us, die­ses ist kei­nes­we­ges so leicht, als Sie zu ver­mei­nen schei­nen.

      Hier­bei lä­chel­te er et­was ver­ächt­lich und iro­nisch.

      – Wenn die Kri­sis nicht wie­der­kehrt, ent­geg­ne­te Al­bert, so ist al­les ver­lo­ren, das müs­sen Sie wis­sen. Die­se Schlaf­sucht wür­de ge­ra­des­we­ges zur Läh­mung der Ner­ven­tä­tig­keit, zum Schlag­fluss, zum Tode füh­ren. Es ist Ihre Pf­licht, sich der Krank­heit zu be­mäch­ti­gen, ihre Ge­walt wie­der zu we­cken, um sie zu be­kämp­fen, mit ei­nem Wort, zu ar­bei­ten. Wo nicht, wozu sind Sie da? Ge­bet und Be­stat­tung ist nicht Ihres Am­tes. Schla­gen Sie die Ader oder ich tue es selbst.

      Der Doc­tor wuss­te wohl, dass Al­bert recht hat­te, und er hat­te sich СКАЧАТЬ