Название: Gestalten der Wildnis
Автор: Sir Charles G. D. Roberts
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 4064066114022
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Bei dieser Vorstellung litt jeder Tantalusqualen, und sogar der Boß schimpfte: »Hör auf, Pat!«
»Jungens,« schrie Evan Morgan mit einem seligen Blick in den Augen, so wie seine Waliser Vorfahren dreingeschaut haben müssen, wenn sie unter den Türmen von Harlech dem Klang der Harfen lauschten – »Jungens, hat je einer von euch so einen saftigen Bärenschinken gegessen, einen Bärenschinken mit Blaubeeren?«
»Meinst du, du allein,« schimpfte Sam Oulton aus seiner Koje mit einer Stimme, die unter den Qualen der Erinnerung giftig klang.
»Sei gut, Sammy,« ulkte Eph Babcock, der lange Mann aus Androscoggin, »häng heut Nacht deine Strümpfe 'raus. Wenn sie nicht schmutzig sind, kommt vielleicht der heilige Nikolaus und wirft dir ein Stück Bärenschinken 'rein.«
Der schwere Körper des Boß, der gleichgültig auf der Ofenbank lungerte, saß plötzlich kerzengerade da. Gallagher hatte ein scharfes Ohr, und er hörte nicht auf das Geschwätz seiner Leute.
»Aufgepaßt, Jungens,« sagte er, »irgend jemand kommt!«
Durch den Schnee vor dem Tor kamen Schritte, schwer, aber schlürfend und unsicher.
Daß ein Besucher, ein einsamer Fußgänger in dieser Jahreszeit den Weg zu einem so abgelegenen und einsamen Lager wie dem Gallaghers fand, war etwas Unerhörtes. Die Holzfäller sind meistens abergläubisch. Sie dachten sofort an den Klabautermann oder an ein schreckliches Schneegespenst. Das Haar stand ihnen zu Berge, totstill wurde das Lager.
Aber Eph Babcock war in erster Linie neugierig. Obwohl auch er abergläubisch war, hätte er der Abwechslung halber selbst Beelzebub willkommen geheißen. Er tat einen Schritt auf die Tür zu. Pat Nolan lag es auf den Lippen, zu schreien: »Geh' nicht!« Aber er beherrschte sich.
Eph stieß die Tür weit auf.
Im nächsten Augenblick lief er mit einem halbunterdrückten Schrei zurück und langte nach seinem Gewehr, das an seiner Bettstelle lehnte, gerade hinter dem Sitz des Boß.
Schnurstracks in den Raum, geblendet vom Lampenlicht, aber nicht erschreckt durch den Anblick menschlicher Gesichter, kam mit wiegendem Schritt ein riesiger schwarzer Bär.
Als er das Ende des langen Tisches erreicht hatte, hob sich der seltsame Gast auf die Hinterfüße und so stand er da, eine mächtige Gestalt wie Tim Gallagher, die großen Pelzpfoten demütig über der breiten Brust gekreuzt. Flehend blickte er um sich, dann begann er zu keuchen wie ein Motor, denn in der rauchigen Luft fing seine Nase einen rätselhaften, aber im ganzen höchst erfreulichen Duft auf.
Jimmy Dillyhunt ließ sein Taschenmesser einschnappen und kroch bescheiden hinter seinen Kochherd. Er empfand, wie wertvoll das Leben eines Kochs war. Die übrigen Burschen, die natürlich nicht erschrocken, aber beim Erscheinen eines gänzlich Fremden in ihrer Mitte etwas verlegen waren, hatten sich im Augenblick höchst bescheiden in ihre Kojen zurückgezogen. Alle, außer Evan Morgan. Der konnte sie nicht erreichen und stand deshalb sehr aufrecht und respektvoll, kein bißchen herausfordernd, in der nächsten Ecke – das heißt, in der Ecke, die für ihn die nächste war, nicht für den Bären. Alle Aexte waren draußen, und die einzigen Flinten, außer der Eph Babcocks, standen in der Tür unmittelbar hinter dem Bären. Evan Morgan sah sie nachdenklich an, aber sie schienen ihm zu weit weg. Nur der Boß war nicht überrascht. Er behielt seinen Platz und betrachtete kaltblütig den Gast.
Vielleicht zehn Sekunden lang stand der Bär bewegungslos und schien den überraschten Augen in diesem Kreis größer als ein Elefant. So still war es, daß das Rascheln einer Maus im Dach wie Gepolter klang. Einen Augenblick sah der Bär bestürzt aus. Dann fielen seine Augen auf einen großen Blechtopf, der nahe vor ihm auf dem Tisch stand. Vor zwei Minuten noch war der Topf voll dampfender Bohnen gewesen, die Jimmy gerade in ein anderes Gefäß geleert hatte. Jetzt war außer ein paar Bohnen nur der verführerische Duft zurückgeblieben.
Gierig, aber doch mit einer gewissen Schüchternheit, streckte der Bär seine mächtige Pfote aus, zog den Topf zu sich und begann ihn auszulecken, wobei er ein höchst unmanierliches Geräusch machte. In diesem Augenblick hatte Eph Babcock sein Gewehr erreicht, riß es vom Haken und hob es an die Schulter. Aber bevor er den Drücker berühren konnte, fiel ihm eine gewichtige Hand auf den Arm.
»Halt, wart!« befahl der Boß in einem leisen, aber sehr bestimmten Ton. Er glaubte, daß der enge Raum kein gutes Feld für einen Kampf auf Tod und Leben sei.
Babcock hielt an und wartete, obwohl er der Meinung war, der Boß sei närrisch geworden. Er nahm das Gewehr von der Schulter, sah in das Magazin und machte ein Gesicht wie ein Schaf.
»Nicht geladen!« murmelte er in einem Ton von Entschuldigung, aber ohne zu sagen, ob sie dem Boß oder dem Bären galt.
»Wir sollen wohl den schönen fetten Schinken verlieren, den Evan gemeint hat!« protestierte Sam Oultons Reibeisenstimme aus einer Koje heraus. Aber ein verhaltenes Brummen kam aus der ganzen Reihe von Betten, denn alle stellten fest, in welch peinlicher Lage Eph Babcock war. Er hatte keine Patronen, und jeder konnte sehen, wo die Patronen waren. Wohl gefüllt hingen zwei Gürtel an einem Haken.
Auf Oultons Widerspruch gab der Boß keine Antwort. Anscheinend war er durch den Bären zu abgelenkt, um auf irgend etwas anderes zu achten. Die meisten der Burschen in ihren Betten konnten sich jetzt nicht mehr verhalten, ihre Ratschläge zu geben, wie irgend ein anderer die Patronen greifen und sie Eph Babcock hinüberreichen könnte. Aber keiner der zweifellos guten Ratschläge wurde ausgeführt. Denn gerade in diesem Augenblick wurde das Verhalten des Gastes so bemerkenswert, daß jeder vergaß, was er selbst hatte sagen wollen.
Als er den Topf leergeschleckt hatte, sah der Bär auf und winselte. Es war klar, daß er Bohnen gern fraß und mehr davon wünschte. Er schien schlichte Hausmannskost zu schätzen, und das entlockte den Helden in den Kojen lange Seufzer der Erleichterung.
Der Bär schwankte unruhig von einem Fuß auf den andern, dann nahm er den Topf in seine Vorderpfoten, machte Kehrt und marschierte geradeswegs auf Jimmy Dillyhunt zu. Es war eine rührende Bitte, aber Jimmy schien sie absolut nicht zu verstehen. Mit dem Messer um sich fuchtelnd, protestierte er laut gegen die besondere Beachtung, die er unter seinen Kameraden nicht verdiene. In fliegender Eile gab er seinen Platz hinter dem Kochherd auf und erreichte die Gesellschaft Evan Morgans in dessen Ecke. Evan, der gerade im Begriff war, seine Selbstbeherrschung wieder zu erlangen, grunzte unliebenswürdig: »Warum so eilig, Jimmy?« Aber Jimmy brachte keine Antwort heraus.
Enttäuscht über das plötzliche Verschwinden eines Menschen, von dem er so viel erwartet hatte, ließ der Bär seine allzu leere Schüssel auf den Boden fallen. Das laute Klirren erschreckte ihn, und er sprang mit einem Hops zur Seite, wie ein Mädchen, das beinahe in eine Pfütze getreten wäre. Dabei aber bekam er den großen Topf mit Bohnen zu sehen, den Jimmy zum Aufwärmen vorn auf den Herd gestellt hatte. Wie gut sie rochen! Mit einem Brummen tiefer Befriedigung nahm er ein Maul voll.
Nun waren die Bohnen, ganz gewiß ein vorzügliches Gericht, nicht für ihn angerichtet. Sie waren heiß. Der Bär war erschreckt und schmerzlich berührt, als er merkte, wie heiß sie waren. Die Augen geschlossen und die Kinnbacken verkrampft, versuchte er, sie im Maul zu behalten. Aber es war zuviel für ihn. Mit einem lauten »uuh« spuckte er sie auf den Boden. Und dann warf er einen erbärmlichen Blick rund um sich, während er bald mit der einen, bald mit der anderen Tatze wehleidig seine Nase rieb. Sein Blick rührte Pat Nolan, dem gutherzigen kleinen Iren schien er ein berechtigter Vorwurf.
»Ich hab das nicht gemacht, ich nicht!« murmelte er im Ton herzlichen Bedauerns. »Es war ein gemeiner Witz, natürlich von Jimmy. СКАЧАТЬ