Der schwarze Atem Gottes. Michael Siefener
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der schwarze Atem Gottes - Michael Siefener страница 7

Название: Der schwarze Atem Gottes

Автор: Michael Siefener

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783864020551

isbn:

СКАЧАТЬ Lärm der Schänke drang nur gedämpft nach hier oben in den engen, niedrigen Gang. Hinter der vorletzten Tür an der linken Seite lag die Kammer des Paters, während sich seine beiden Mitbrüder das Zimmer daneben teilen mussten.

      Suitbertus legte das Ohr an Hilarius’ Zimmertür. Er lauschte angestrengt, wobei er den Mund so verzog, dass seine Zunge etwas heraushing. Martin überlegte kurz, ob er ebenfalls horchen sollte. Der Pater vertraute ihm; durfte er dieses Vertrauen so schändlich hintergehen? Aber die Neugier war stärker.

      Martin hörte, dass im Zimmer gesprochen wurde, doch er konnte keines der Worte verstehen. Die Unterhaltung schien hektisch zu sein, aber die Redenden waren so sehr darauf bedacht, nicht gehört zu werden, dass es nur wie ein endloses Gemurmel klang.

      Oder wie eine Beschwörung?, überkam es Martin. Er musste wieder an den Zauberer denken, der schließlich zugegeben hatte, dass er Dämonen beschworen hatte. Martin verspürte ein kribbelndes Gefühl im Bauch. Fast gegen seinen Willen bückte er sich, um durch das große Schlüsselloch zu spähen.

      In diesem Augenblick wurde die Tür heftig nach innen gerissen. Martin verlor das Gleichgewicht und fiel der Länge nach auf den Zimmerboden. Auch Suitbertus torkelte und drohte auf seinen Mitbruder zu stürzen; aus den Augenwinkeln heraus sah Martin jedoch, dass er sich fangen konnte.

      Der Graf stand unverrückbar wie ein Baum vor dem am Boden liegenden Bruder. »Was bildet ihr euch ein, Gesindel!«, rief er. Martin rappelte sich sofort auf und taumelte zurück. Diese Stimme hatte nur noch wenig Menschliches an sich. Sie klang dumpf und schnarrend und tot. »Verschwindet!« Das Gesicht des Grafen war zu einer Maske des Hasses erstarrt.

      Die beiden überrumpelten Mönche flohen in ihr eigenes Zimmer. Suitbertus verriegelte sofort die Tür hinter ihnen. Er zitterte am ganzen Leib, setzte sich auf seine Koje, vergrub die Hand in dem Stroh, das zur Auspolsterung diente, und zerkrümelte es geistesabwesend. Es dauerte eine Weile, bis er sich beruhigt hatte. Immer noch drang von nebenan aufgeregtes Gemurmel.

      Nun war es Martin, der einen zweiten Versuch wagte. Er kletterte neben seinen Mitbruder und horchte an der Wand. Doch hier war noch weniger zu hören als draußen an der Tür. Er gab es auf.

      Gerade als er seufzend und mit noch immer reichlich wackligen Knien von dem Bett seines Mitbruders herunterkletterte, geschah es.

      Martin sah Suitbertus mit schreckgeweiteten Augen an.

      Suitbertus hielt den Atem an und glotzte zurück.

      Aus dem Nachbarzimmer drang ein höllisches Getöse. Es war, als zische und pfeife eine Kanonenkugel wie eine unermesslich große, wild gewordene Hummel durch den angrenzenden Raum. Dann erhob sich ein Schrei, dunkel und verzweifelt zuerst, doch bald immer heller und wahnsinniger werdend, bis schließlich ein Knall ertönte, als sei dort drüben ein ganzes Bündel Blitze eingeschlagen.

      Darauf wurde es still. So still wie auf einem Friedhof.

      Martins Angst um den Pater war stärker als die Angst vor dem unheimlichen Grafen. Er stürzte auf den Gang hinaus.

      Hier war alles ruhig. Martin winkte Suitbertus zu, er solle ihm folgen. Aber Suitbertus schüttelte nur völlig verängstigt den Kopf und kauerte sich auf seinem Bett so zusammen, dass Martin bald nichts mehr von ihm sehen konnte.

      Er horchte an der Tür.

      Nichts regte sich hinter ihr.

      Vorsichtig legte er die Hand auf die Klinke und drückte sie ganz behutsam ein wenig nach unten. Sie quietschte etwas.

      Martin hielt inne und horchte wieder.

      Noch immer drang kein Laut heraus. Dann drückte er die Klinke ganz herunter und öffnete die Tür.

      Zuerst wagte er kaum hinzuschauen; er hatte Angst, dass das Jüngste Gericht auf ihn herniederfahren würde. Doch als nichts geschah, riskierte er einen Blick.

      Der Graf war nirgendwo mehr zu sehen. Nur sein seltsamer Geruch schwebte noch in dem engen, niedrigen Zimmer.

      Pater Hilarius lag auf dem Boden.

      Er gab kein Lebenszeichen mehr von sich.

      3. Kapitel

      Sie hatte Hunger. Seit sie gestern Morgen nach Volkach gekommen war, hatte sie nichts mehr gegessen. Das Einzige, was ihr den Magen gefüllt hatte, war das schal schmeckende Wasser aus dem Brunnen am Marktplatz gewesen. Es war Maria nicht einmal gelungen, eine Mohrrübe oder eine Gurke zu stehlen; die Händler passten auf ihre kümmerlichen Waren auf wie der Teufel auf seine gefangenen Seelen.

      Auch der strahlende Sonnenschein vermochte Maria nicht aufzuheitern. Dieses Städtchen mit seinen verwinkelten Gassen und seiner unebenen Pflasterung, in deren Mulden stinkende Abfälle schwammen, war nicht nach ihrem Geschmack, aber sie hatte gehofft, hier wenigstens für einige Tage Proviant und vielleicht sogar eine wohlgefüllte Geldkatze zu finden. Doch stattdessen drohte sie inmitten der quiekenden Schweine, der blökenden Schafe, der gackernden Hühner und all der Köstlichkeiten des Feldes zu verhungern.

      Sie saß auf den kalten Stufen des Brunnens und stützte den Kopf in die Hände. Wenn das Leben gerecht wäre, würde einer der Bauern, die auf dem Marktplatz lautstark ihre Waren anpriesen, sich ihrer erbarmen und ihr etwas zustecken. Doch selbst auf demütigste Fragen und Bitten hin hatten sie das junge Mädchen mit den hübschen braunen Locken und den genauso braunen Augen weggejagt wie einen räudigen Hund. Nein, das hier war kein guter Ort – weder für jemanden, der auf die Gunst anderer angewiesen war, noch für jemanden, der bereit war, sich diese Gunst zur Not auch unrechtmäßig zu verschaffen.

      Doch da trat ein Licht in das Leben Marias.

      Keine zehn Meter von ihr entfernt ging ein hochgewachsener, dürrer Herr in einem verschwenderisch bestickten Umhang über den Markt und warf nur rasche, beiläufige Blicke auf das reichhaltige Angebot. Maria amüsierte sich über seinen wunderlichen Kopfputz: eine riesige Pfauenfeder hing von seinem Barett herab und nickte wie aus eigener Kraft, ob der Herr nun den Kopf bewegte oder nicht.

      Er roch nach Geld, ja er stank geradezu danach.

      Sofort stand Maria auf. Ihre Gedanken überschlugen sich. Niemand grüßte den vornehmen Herrn, der von Zeit zu Zeit stehen blieb und in die Runde blickte, als suche er jemanden, wobei er jedes Mal geistesabwesend mit dünnen, langen Fingern durch seinen sauber geschnittenen Bart fuhr. Bestimmt war er kein Einheimischer. Wie konnte sie an ihn herankommen? Sie war sicher, dass er einen gut gefüllten Geldsack um den Bauch trug – einen Sack, von dessen Inhalt Maria monatelang leben könnte. Sie schritt die zwei Stufen der Brunneneinfassung herunter und tat so, als suche auch sie etwas, bis sie sah, dass der vornehme Herr sich wieder in Bewegung setzte.

      Sie stürzte ihm so schnell nach, dass sie fast mit einem Bauern zusammengestoßen wäre, der ein laut grunzendes Schwein an der Leine führte. Maria schlug einen kleinen Haken, taumelte und musste sich an einem finster dreinblickenden Mann festhalten, der wie ein Scharfrichter aussah.

      Als sie wieder nach vorn schaute, war der vornehme Herr verschwunden.

      Maria stieß einen Seufzer der Verzweiflung aus. Obwohl sie doch gar keinen Plan gehabt hatte, wie sie ihn berauben konnte, hatte sie sich schon im Besitz seines unanständig vielen Geldes gesehen. Wo mochte er nur abgeblieben sein?

      Da sah sie ganz hinten, am anderen Ende des Marktes eine über allen Häuptern tanzende Feder. Das musste СКАЧАТЬ