Der schwarze Atem Gottes. Michael Siefener
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Название: Der schwarze Atem Gottes

Автор: Michael Siefener

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783864020551

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СКАЧАТЬ ihm war, als höre er ein fernes, böses Lachen.

      Fackeln brannten an den Wänden des unterirdischen Gewölbes. Martin war noch nie in einem solch unheimlichen Raum gewesen. Natürlich gab es auch im Kloster finstere Keller, in deren Schatten es raschelte und huschte, doch hier herrschte eine völlig andere Atmosphäre. Hier waren es nicht die ungewissen Dinge, die Furcht erweckten, sondern die gewissen, die klar und deutlich zu sehenden: das Streckbrett, der Folterstuhl mit den unzähligen Nägeln auf der Sitzfläche, die unscheinbare Rolle an der Decke, über die das Seil gelegt war, an dem der Angeklagte nun mit noch immer auf den Rücken gebundenen Händen hochgezogen hing, sodass es ihm die Schultern auskugelte, die vielen Bein- und Daumenschrauben, die noch auf ihren Einsatz warteten, die säuberlich auf einem kleinen Tisch neben der Tür aufgereihten Mundbirnen in verschiedenen Größen und einige Instrumente, deren Gebrauch er nicht aus den Erklärungen erraten konnte, die ihm Pater Hilarius bereits im Kloster gegeben hatte.

      Dem Angeklagten, an dessen Namen sich Martin schon nicht mehr erinnerte, waren die Marterinstrumente gezeigt worden, aber auch das hatte ihn nicht zum Reden gebracht. Daraufhin hatte Pater Hilarius angeordnet, dass er aufgezogen werden sollte. Man hatte ihm einen schweren Steinklotz an die Beine gebunden, und jetzt zerrten die beiden Büttel heftig an dem Seil, das dem Zauberer die Arme hinter dem Rücken hochriss. Der Nachrichter, dem die Folterung eigentlich oblag, stand stumm und mit finsterer Miene daneben. Er mochte es offensichtlich nicht, wenn man sich in seinen Aufgabenbereich einmischte.

      Die Schreie des Zauberers waren markerschütternd.

      »Gestehst du nun endlich deine Schandtaten?«, rief Pater Hilarius. Um ihn herum standen der Richter und die Schöffen. Der Notar hielt sich etwas abseits. Es gab kein Geständnis, das er hätte aufschreiben können. Außer den Schreien gab der Angeklagte nichts von sich. Pater Hilarius wandte sich Bruder Martin zu und murmelte: »Der Teufel hat ihn verstockt.«

      »Man muss ihm nur noch ein paar Gewichte an die Beine hängen«, brummte der Nachrichter und überkreuzte die Arme vor dem ausladenden Brustkorb.

      »Nehmt ihn ab«, befahl der Pater stattdessen. Der Nachrichter zog ein grimmiges Gesicht, machte aber keine Einwände.

      Die Büttel ließen das Seil gleichzeitig los, sodass der Zauberer mit einem heftigen Schlag auf den Boden prallte. Sein Schreien ging in ein Röcheln über.

      Pater Hilarius kniete sich neben ihn und sagte: »Du solltest jetzt besser gestehen, denn auf der nächsten Folter wirst du dich nach der vergangenen zurücksehnen wie nach einem lauen Sommerabend.« Martin sah, wie der gekrümmt am Boden liegende Mann den Kopf schüttelte.

      Dann wurde er auf den Nagelstuhl gesetzt, und gleichzeitig legte man ihm Bein- und Daumenschrauben an. Blut quoll unter den Fingernägeln und aus den Schienbeinen hervor. Er schrie, wimmerte, heulte, aber er sagte noch immer nichts.

      Erst als alle Schrauben ein weiteres Mal angezogen wurden, rief der Angeklagte: »Halt! Ich gestehe!«

      Sofort befahl Pater Hilarius den Schergen, die Schrauben zu lösen und den Zauberer auf einen gewöhnlichen Stuhl zu setzen. Dann stellte er sich vor den Geschundenen und fragte: »Bist du nun bereit, deine schändlichen Taten zur höheren Ehre Gottes zu gestehen?«

      »Du sagst es. Zur höheren Ehre Gottes«, keuchte der Mann. »Alles habe ich zur höheren Ehre Gottes getan.«

      Pater Hilarius sprang auf. »Besudele nicht den Namen des Allmächtigen!«, schrie er außer sich vor Wut. »Willst du etwa behaupten, dass du mit deinen schändlichen Zaubereien Gott dienen wolltest? Das ist Blasphemie!«

      »Nein«, stöhnte der Zauberer. »Ich gestehe, dass ich Zauberei getrieben und die Mächte der Finsternis angerufen habe. Doch es ist nur zu einem guten Zweck geschehen.« Er krümmte sich vor Schmerzen auf dem Stuhl zusammen.

      »Weißt du nicht, dass es ein schreckliches Verbrechen ist, mit bösen Mitteln Gutes tun zu wollen?«, sagte Pater Hilarius, der seine Wut wieder unter Kontrolle gebracht hatte.

      »Wenn der Himmel schweigt, muss man die Hölle befragen, um die Welt zu retten.«

      »Um die Welt zu retten? Hat dir die Folter etwa auch das Hirn ausgerenkt?«

      »Die Apokalypse …« Weiter kam der Zauberer nicht mehr. Er fiel von dem Stuhl herunter und geradewegs vor die Füße des Paters. Martin, der neben ihm stand, wollte einen Schritt zurückweichen, doch Hilarius packte ihn mit erschreckender Schnelligkeit am Arm und hielt ihn fest. »Schau genau hin«, zischte er seinem jungen Gehilfen zu. »So sieht ein Geschöpf der Finsternis aus.«

      Die Büttel hoben den Mann auf und setzten ihn wieder auf den Stuhl. Hilarius kniete sich, wobei ihm sein Bauch beträchtliche Schwierigkeiten machte, und brachte sein langes, geierhaftes Gesicht nahe an das des Zauberers heran. »Was meinst du mit der Apokalypse?«, fragte er und packte den Mann bei den rundlichen Wangen.

      Der Zauberer schaute Pater Hilarius an. In seinem Blick lagen Angst und Erschöpfung. »Der Untergang …«, sagte er leise.

      »Genauer«, forderte der Geistliche.

      Der Zauberer seufzte auf. »Der Untergang der Welt ist vor Gottes Augen eine beschlossene Sache. Die Engel wissen es und die Dämonen auch, doch die Engel sagen nichts. Also haben wir die Dämonen beschworen. Aber mit den lächerlichen Hexereien, die man mir vorwirft, habe ich nichts zu tun.«

      »Wie bist du dann in den Geruch der Hexerei gekommen?«, fragte Pater Hilarius mit falscher Anteilnahme.

      »Ich habe meine Experimente weitergeführt, seit ich in dieser Stadt bin. Ihr wisst doch, wie die Leute reden, wenn sie nicht verstehen, mit was man sich beschäftigt.«

      »Ach, weiß ich das? Mir scheint eher, dass die Leute vollkommen recht mit ihren Beschuldigungen haben. Schließlich hast du zugegeben, Dämonen beschworen zu haben. Du weißt, dass das als Pakt mit dem Teufel anzusehen ist, und auf diesen steht – wie du sicherlich ebenfalls weißt – der Tod durch Verbrennen.« Pater Hilarius stand auf, trat einen Schritt von dem Zauberer zurück und sagte dann beiläufig: »Und wie heißt noch gleich dein Zaubergenosse? Ich fürchte, ich habe den Namen schon wieder vergessen.«

      »Ich hatte ihn nicht genannt«, sagte der kleine Mann trotzig und verzog die ausgekugelten Schultern, wobei sich sein Gesicht zu einer grauenhaften Schmerzensmaske verzerrte. Martin wurde unwillkürlich an gewisse Darstellungen des Herrn am Kreuz erinnert. »Ich kann ihn nicht genannt haben, weil ich keinen Genossen habe.«

      »Ach?« Hilarius zog die Augenbrauen in gespieltem Erstaunen hoch. »Ich erinnere mich aber genau, dass du vorhin gesagt hast, ihr habet die Dämonen beschworen. Habt ihr das nicht auch alle gehört?«, fragte er die anderen Anwesenden. Ein zustimmendes Gemurmel setzte ein.

      Es lag etwas Gehetztes im Blick des Zauberers. »Da müsst Ihr Euch verhört haben«, sagte er schnell.

      »Dann hoffe ich, dass sich der Nachrichter nicht auch verhören wird, wenn ich ihm sage, dass er dich auf dem Streckbrett nicht allzu heftig aufziehen soll«, meinte Pater Hilarius darauf mit einem hämischen Grinsen.

      Einige Handgriffe genügten, um den Zauberer auf dem leicht geneigten Streckbrett anzubinden, und schon drehte der Nachrichter mit offensichtlicher Freude an der oberen Winde. Wieder schrillten die Schreie des Gefolterten durch das Gewölbe. Martin hielt sich die Ohren zu, aber Suitbertus warf ihm einen warnenden Blick zu. Ihm schien dieses grässliche Schauspiel nichts auszumachen, dabei war er nur ausnahmsweise als weiterer Gehilfe des Paters tätig. Seine eigentliche Aufgabe bestand darin, dem alten Mönch zusammen mit СКАЧАТЬ