Wie Satan starb . Artur Landsberger
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Название: Wie Satan starb

Автор: Artur Landsberger

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ ließt ihr nachstellen, suchtet auf raffinierteste Weise sie zu Fall zu bringen. Auch das gelang nicht. Jetzt hetztet ihr den Vater gegen sein Kind. Damit hattet ihr mehr Glück. Dieser einfache Mann war leicht zu verwirren. Von dem Glauben an einen verbotenen Umgang mit Peter, den ihr ihm wie ein Gift beibrachtet, bis zu der falschen Vorstellung, daß sein Kind eine Dirne sei, war nur ein Schritt. Er warf Aenne aus dem Haus. Aber die Mutter, die zu ihrem Kinde hielt, ging mit. So war es für euch nur ein halber Triumph. Was tatet ihr nun? Ihr stecktet euch hinter die Mutter. Und als die, die das Herz ihrer Tochter kannte, sie zu keinem Verzicht auf Peter bringen wollte, da triebt ihr die Aenne auf infame Weise aus ihrer Stellung und sorgtet dafür, daß sie auch anderswo nirgends mehr ankam. Ihr glaubtet: was Gewalt nicht erreicht, erzwingt am Ende der Hunger. Aber mehr als der Hunger fraßen an der Alten die Sorge um ihr Kind und die Sehnsucht nach ihrem Mann. Es dauerte nicht lange, da setzte eines Tages das gequälte Herz aus. Jetzt schwankte Aenne wohl, die sich für den Tod der Mutter mit verantwortlich fühlte. Aber schließlich erwies sich doch wieder die Liebe zu Peter als stärker. Ein um das andere Mal wiederholte sie: ›Ein Wort von Peter, daß sein Gefühl für mich die geringste Aenderung erfuhr – und ich trete zurück, ohne daß jemand ein Wort zu verlieren braucht‹. – Da setztet ihr die famose Verlobung mit Margot Rosen in Szene, und um sie dem standhaften Peter mundgerecht zu machen, verdächtigtet ihr Aenne. Margot Rosen saß in Berlin, Peter in Südwest: er kannte sie kaum. Und so sagte er nicht ja, nicht nein; und so verlockend nach der für seine Karriere ja nicht gleichgültigen materiellen Seite hin die Partie war – er machte seine Entscheidung von Aenne abhängig. Da wandtet ihr euch an den verkommenen Baron Seifert, um den ihr sonst in einem weiten Bogen herumgingt, und verspracht ihm Geld und hetztet ihn auf sie. Dieser Hund« – Frau Julie zitterte am ganzen Körper – »nie, solange ich lebe, habe ich solch ein Wort für einen Menschen gebraucht, aber es ist zu gut für ihn, denn dieses verkommene Subjekt« – Frau Julie senkte den Kopf, dämpfte die Stimme und sagte: »Es soll nicht über meine Lippen kommen, was er mit ihr tat. – Zu Tode gehetzt, in ihrer höchsten Not flüchtete sie zu dir, Martin,« wandte sich Frau Julie an den Medizinalrat, »und du tatest, was als Mensch deine Pflicht war – du führtest sie zu mir! Und nun erst erfuhr ich all das, was ich eben geschildert habe. Aber darüber hinaus: ich lernte einen Engel kennen, gütig, klug – aber ohne Kraft mehr zum Leben. – Das hattet ihr aus ihr gemacht! Da schämte ich mich – zum erstenmal in meinem Leben. – Nie empfand ich mehr die Sinnlosigkeit aller gesellschaftlichen Vorurteile. Ich verglich Margot Rosen mit ihr und wußte, wo für meinen Jungen das Glück lag. Ich hatte nur noch ein Gefühl: sie ihm zu erhalten und dafür zu sorgen, daß er an ihr gutmachte, was ihr an ihr gesündigt hattet. Auch ich! Denn wenn ich eure Mittel auch nicht kannte, ich kannte euch! Ich hätte mich darum kümmern müssen. Aber mit soviel Liebe ich sie nun umgab, so heilig ich ihr auch versicherte, daß ich sie als Peters Braut und mein Kind betrachte – sie lächelte nur und schüttelte den Kopf. Und als ich hinausging, um Papier und Feder zu holen und an Peter zu telegraphieren, war sie fort. – Eine halbe Stunde später stand ich in einer kleinen, sauberen Stube vor einer Chaiselongue, fiel in die Knie und küßte die Lippen seiner toten Braut. Ich fühlte in dieser Stunde wie eine Mutter, die ihr Kind verliert. Und als ich ihr die Augen geschlossen hatte und aufstand – ihr wißt, ich bin nicht fromm – da faltete ich die Hände und sagte so laut, daß ich vor mir selbst erschrak: Gott gib, daß wir die Schande überleben.«

      Alle starrten Frau Julie an und schwiegen. Sie richtete sich hoch auf und sagte:

      »Nun, mein Gebet hat sich erfüllt! Wir haben die Schande überlebt! Aber wenn ihr euch noch so hochmütig gebärdet, vergeßt nie, daß wir allesamt schuldig und Verbrecher sind.«

      Sie winkte ihrem Bruder, dem Medizinalrat. Er ging auf sie zu und reichte ihr den Arm. An der Tür wandte sie sich um und sagte:

      »Das also soll das letztemal gewesen sein! Und nun gute Nacht, Kinder! Ich bin müde.« – Sie bewegte leicht den Kopf, sagte noch einmal »gute Nacht« und ging aus dem Zimmer.

      »Gute Nacht, Mama!« sagten gedämpft ein paar Stimmen, als sie am Arme des Medizinalrates durch die Tür schritt.

      II

      Als Frau Julie draußen war, herrschte zunächst Totenstille. Der Landrat zündete sich wieder eine Zigarette an und sah, als er das Streichholz löschte und auf den Tisch legte, unabsichtlich seinem Onkel, dem Justizrat, ins Gesicht. Schnell zog er das Etui noch einmal aus der Tasche, reichte es über den Tisch und sagte:

      »Bitte!«

      Der Justizrat lehnte ab; der Landrat verzog das Gesicht und glitt in den Sessel zurück.

      Nach einer Weile fragte Ilse von Zobel:

      »Was soll nun werden?«

      »Das hast du ja eben gehört,« erwiderte der Landrat, und Baron Zobel bestätigte:

      »Deutlich genug war ja eure Mama.«

      »In manchem hat sie recht,« erklärte Hilde, und Ilse nickte mit dem Kopf und sagte:

      »Die arme Mama!«

      Der Justizrat sah nach der Uhr und stellte fest:

      »Es ist halb acht,« worauf auch Zobel und der Landrat ihre Uhren zogen und sagten:

      »Wahrhaftig!«

      Der Justizrat stand auf, knöpfte seinen Rock zu, dachte einen Augenblick nach und sagte:

      »Falls ihr mich braucht, ich bin zu Hause.«

      Er gab allen die Hand und ging. Als er draußen war, sagte Zobel:

      »Wollen wir nicht auch gehen?«

      »Na und?« fragte Ilse und sah ihn an.

      »Das geht doch nicht,« erklärte Hilde.

      »Warum nicht?« fragte der Landrat.

      »Erstens haben wir Margot Rosen herbestellt.«

      »Ach du lieber Gott,« sagte Zobel, verzog das Gesicht und trat vor den Likörschrank.

      »Und dann,« fuhr Ilse fort, »wir müssen doch wissen, was wird.«

      »Gar nichts wird,« sagte Zobel und goß sich einen Likör ein. »Was soll denn werden?«

      »Mir auch bitte.« sagte der Landrat, trat an seinen Schwager heran, goß erst einen, dann einen zweiten uralten Meukow herunter, wischte sich mit seinem Batisttuch den Mund, klemmte das Monokel fest, stemmte die Arme in die Hüften, beugte sich ein wenig nach vorn und sagte:

      »Diese verfluchte Rührseligkeit! Machen wir uns doch klar, was ist denn eijentlich jeschehen?«

      »Nun fang nur du nicht auch noch an!« wehrte Zobel ab und goß sich einen Chartreuse ein.

      »Jott bewahre! Fällt mir nich ein. Mir steht’s bis da! Aber unter uns: Tatbestand? Tippmamsell – Regierungsassessor. Das landesübliche Verhältnis. Statt auf Schmuck und Sekt mehr auf Jefühl jestimmt. Schon faul. Die Sache vertieft sich. Familie jreift ein. Ihre verfluchte Pflicht und Schuldigkeit. Jeder, der auf sich jibt, hält seinen Stall rein. Und ’n Stammbaum ist schließlich keine Hühnerleiter. Sondern eine verdammt ernst zu nehmende Sache. Die Karriere des Jungen stand auf dem Spiel. Bei seinen Verbindungen konnte er’s mal zum Staatssekretär oder Botschafter bringen. Wir haben’s in Jüte versucht, indem wir ’ne Abfindung boten. Wir waren wahrhaftig nich kleinlich. Aber nee! Nu jerade nich! – Was sollten wir tun? Sollten wir nachjeben und uns mit der Pedellstochter verschwägern? Mama war jlücklich so weit. Sie öffnete die Arme, die Mätresse verwandelte sich in eine Märtyrerin und flog ihr als Schwiejertochter in die Arme. СКАЧАТЬ