Wie Satan starb . Artur Landsberger
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Название: Wie Satan starb

Автор: Artur Landsberger

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ bedingt doch aber nicht, daß ihr nun auch alle gleich am selben Tage dort sein müßt.«

      »Bei einer fünfjährigen Trennung,« stimmte der Justizrat seinem Neffen, dem Baron Zobel, bei, »spielen ein paar Wochen mehr am Ende auch keine Rolle.«

      »Kinder! ich will euch mal was sagen,« erklärte Frau Julie bestimmt. »Ich begreife durchaus euren Standpunkt, der auf den ersten Blick vielleicht sogar die Logik für sich hat. Aber, wo Gefühle sprechen, setzt bekanntlich die Logik aus. Ich fahre!! Und zwar so, daß ich möglichst noch vor Peter in Genf bin.«

      »Das ist unmöglich,« erwiderte der Medizinalrat. »Du könntest ihm schon rein zeitlich nur bis Luzern entgegenfahren. Aber auch das erreichst du kaum, da du zur Reise einen Paß benötigst.«

      »Den ich mir innerhalb einer Stunde verschaffen kann,« erwiderte Frau Julie. »Also nochmals, Kinder: ich reise! und von euch braucht mich niemand zu begleiten. Ich nehme mir meine Jungfer und meinen Diener mit. Ihr braucht meinetwegen also keinen Augenblick in Sorge zu sein.«

      Hilde und Ilse suchten zu widersprechen. Aber Frau Julie ließ keinen Einwand gelten, und als sie schließlich sagte:

      »Im übrigen ist es auch nur das Natürliche, daß Peter nach so langer Trennung zuerst einmal mit seiner Mutter allein ist,« erwiderte der Landrat:

      »Jewiß! An sich schon. Luzern ist ja schließlich nicht Costarika. Man bleibt sich in erreichbarer Nähe. Und gegen das Tempo wäre auch nichts einzuwenden. Denn, daß wir den Jungen in die Finger bekommen ehe etwa fremde Einflüsse auf ihn einwirken, das scheint mir bei seiner Sensibilität . . .«

      »Wie bitte?« unterbrach ihn frotzelnd der Medizinalrat. »Darf ein derart tollwütiger Vaterlandsparteiler . .«

      »Erlaub’ mal!« setzte sich der Landrat zur Wehr.

      »Verzeih, lieber Neffe! wenn ich nicht fürchten müßte, dein patriotisches Gefühl zu verletzen, so hätte ich natürlich gesagt: darf ein so fanatischer Sprachreiniger wie du Worte wie Sensibilität gebrauchen?«

      Der Landrat stutzte und verbesserte schnell:

      »Ae . . . ich . . . e . . . meine natürlich . . . na, wie sagt man gleich?«

      »Empfindsamkeit,« sprang ihm seine Frau bei.

      »Richtig!« erwiderte der Landrat. »Ganz recht! das wollte ich natürlich sagen: Empfindsamkeit. Also bei seiner Empfindsamkeit – obgleich das Wort wohl doch nicht ganz das trifft, was ich eigentlich sagen wollte . . .«

      »Ah!« rief lachend der Medizinalrat.

      »Also jedenfalls bei seiner Veranlagung, die sich in den Jahren gewiß noch stärker ausjeprägt hat, halte ich es für durchaus notwendig, daß ihn gleich bei seiner Ankunft einer von uns in die Finger bekommt.«

      »Nun also,« sagte Frau Julie.

      »Nur, ob du da die Geeignete bist – nimm’s mir nicht übel, Mama, – bei aller Hochachtung, aber das glaube ich nicht.«

      »Wie? ich, seine Mutter, wäre nicht die Geeignete? – Ja, Anton, ist es denn möglich, daß du das im Ernste sagst?« fragte Frau Julie entsetzt.

      »Du befindest dich begreiflicherweise jetzt in einem – na, sagen wir mal Freudenrausch – das soll kein Vorwurf sein. Als Mutter, da ist das am Ende sogar natürlich – wennjleich ich offen sagen muß, daß du dich nach meinem Jefühl – und ich bin auch nicht von Stein – als deutsche Mutter dennoch etwas gar zu hemmungslos deiner Freude hingibst.«

      »Soll ich in meinem Hause etwa mit meinen Gefühlen für mein Kind zurückhalten?« fragte Frau Julie erregt.

      »Verzeih!« entschuldigte sich der Landrat und griff nach Frau Julies Hand, um sie zu küssen. Sie zog sie zurück.

      »Er meint es ja nicht so,« verteidigte ihn seine Frau.

      »Ich fürchte einfach,« fuhr der Landrat fort, »daß du zu weich ihm gegenüber sein wirst.«

      »Kann man zu einem Kinde, das fünf, vielleicht grauenvolle Jahre von seiner Heimat, seiner Mutter, von allem, was es liebte, getrennt war, überhaupt weich genug sein?« fragte Frau Julie.

      »Es ist mir wahrhaftig äußerst peinlich, liebe Mama,« sagte der Landrat, »dir deinen Freudenbecher sozusagen verwässern zu müssen. Aber ich sehe weiter. Und da Erfahrungen dazu da sind, daß man aus ihnen lernt, so meine ich: jetzt ist die Jelegenheit, wie vielleicht kein zweitesmal mehr da, um Peter mit fester Hand anzupacken und zu den Grundsätzen zu bekehren, die in unseren Familien Gott sei Dank seit Jahrhunderten bestanden haben.«

      »Laß ihn doch erst einmal zur Besinnung kommen,« fiel ihm der Medizinalrat ins Wort.

      »Heute mehr denn je,« fuhr der Landrat fort, »ist ein fester Zusammenschluß notwendig.«

      »Worin hätte sich Peter denn jemals gegen die Traditionen der Familie vergangen?« fragte Frau Julie erregt.

      »Na, erlaub mal!« wandte sich der Landrat gegen seine Schwiegermutter. »Das reizt denn doch beinahe zu der unhöflichen Frage: hat dein Gedächtnis in den paar Jahren denn derart gelitten? – Was mich betrifft, so ist die ganze Zeit über kein Tag vergangen, an dem ich nicht dankbar mir ins Jewissen jerufen habe, welcher Jefahr wir alle damals mit knapper Not entjangen sind.«

      »Du übertreibst,« rief Ilse; und Hilde, des Landrats Frau, stimmte ihrer Schwester bei und sagte:

      »Maßlos übertreibst du!« – Und halblaut fügte sie hinzu: »Wie immer und in allem.«

      »Das hängt von dem Maß des jesellschaftlichen Reinlichkeitsjefühls ab, mit dem man behaftet ist,« erwiderte der Landrat. »Für eine Familie, die auf sich hält, jibt’s nach meinem Empfinden nichts Aergeres als eine Deklassierung.«

      »Was ist das?« fragte der Medizinalrat spöttisch, und zu seiner Schwester, die stark bewegt war, sagte er: »So rege dich doch darüber nicht auf, Julie!«

      Der Landrat war sichtlich in Verlegenheit.

      »Ah so!« sagte er. »Ich meinte . . . ä . . . ja, wie sagt man da?« – Er fuchtelte mit der Hand in der Luft herum —

      »Na! . . . ä . . . Abgrund ist wohl nicht das richtige Wort dafür. Aber . . . ä. . .« – und dann stieß er mit großer Bestimmtheit hervor: »Niederjang! das trifft’s! Also, ich meine, daß wir ganz einfach die Pflicht haben gegen uns selbst, und heute mehr denn je, uns davor zu schützen, daß nicht durch den Leichtsinn irgendeines von uns – und dieser Eine is in diesem Falle erfahrungsjemäß kein anderer als mein verehrter Schwager Peter – den Niederjang unserer Familie – das heißt: Niederjang is wohl doch nicht das richtige Wort – jedenfalls, ihr wißt, was ich meine – kurz und gut: ich für meine Person habe keine Lust, meinen Namen und meine Karriere und die meiner Kinder den Aventüren . . .«

      »Wie bitte?« zog ihn der Medizinalrat auf. »Karriere, Aventüren! Was sind das für Worte!«

      »Ae,« verbesserte sich der Landrat schnell. »Ich wollte sagen, den Abenteuern – das heißt, es ist wohl doch mehr. Denn, wenn es das nur wäre – Jedenfalls: jetzt ist Zeit und Jelegenheit, dem ein für alle Male einen Riegel vorzuschieben.«

      »Was willst du eigentlich?« fuhr ihn Frau Julie, die sich nicht länger beherrschen konnte, in einem Tone an, den niemand an ihr kannte.

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