Die Mühle zu Husterloh. Adam Karrillon
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Название: Die Mühle zu Husterloh

Автор: Adam Karrillon

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ des Läufers, und diese ließ sich nicht ungern helfen. Zuweilen drängte sich beim Heben und Stemmen Hüfte an Hüfte, und es schien, als ob aus dieser Vereinigung eine Stärke geboren würde, der nichts widerstehen könne. Aber auch ein mollig weiches Empfinden umhüllte wärmend den Körper des Mädchens, wie die Flamme den Stab. Suse fühlte sich auf seidenen Wolken hoch über die Erdensorgen getragen und wiegte sich in süße Zukunftsträume, wenn sie die klagende Weise seines Liedes hörte:

      »Jetzt geh ich ans Brünnele, trink aber nit,

      Da such ich meinen herztausigen Schatz,

      Find ihn aber nit.«

      Es ist wahr, dass sie in solch sentimentaler Stimmung durch das Grunzen der Ferkel oder das Glucksen der Henne noch über den Hof gelockt werden konnte. Manchmal lief sie nach dem Brunnen und holte Wasser, obwohl kein Mensch durstig und keiner da war, der sich zu waschen begehrte. Es war nicht zu verkennen, dass ihre sonst so elastischen Schritte auf der Treppe mehr Geräusch machten als vordem, und es war kein Kunststück, wenn der Sänger in der Mühlstube das Lockende dieser Schritte heraushörte und das Bedürfnis empfand, im Mondschein sein Geld zu zählen.

      So kam es, dass die zwei Menschen zu ihrem beiderseitigen Erschrecken manchmal im Schatten der Häusergiebel wider einander trafen und sich langsamer trennten, als man aus dem erschreckten Aufschrei des Mädchens eigentlich hätte vermuten sollen. So kam es aber auch, dass die anderen Insassen der Mühlstube, wenn sie nicht gerade Karten spielten oder ihren Namen in die Tischplatte schnitten, von Neugier getrieben den Mehlstaub von den Scheiben wischten und das Paar ein wenig belauerten. Was Wunder, dass es nach kurzer Zeit im Dorfe ein Gemunkel gab, und dass Röse Ricke mit ihrem unter sieben Siegeln der Verschwiegenheit geborgenen Geheimnis wie ein Schwärmer durchs Dorf schwirrte und explodierte, so oft sie wider einen Menschen schoss, der ihr prinzipiell versprach, keiner Menschenseele irgend etwas von der interessanten Neuigkeit zu erzählen. So kam es, dass das süße Geheimnis der unvorsichtigen Suse bald wie ein Gemeingut auf der Straße lag und dass aller Welt zur unumstößlichen Gewissheit wurde, was den Hauptbeteiligten noch recht zweifelhaft war.

      Mutter Höhrle geriet, als sie von dem, was sich vorbereitete, erfuhr, in einen wahren Paroxysmus der Wut. Sie konnte sich Suse nun einmal nicht anders denken, als an der Seite eines Gatten, der eine Vorstecknadel am Busen trug. Und nun kam einer, dessen Stiefel gerüstert waren und dessen Vater auf einem Pachthof der Kirchschaffnei saß, und wagte es, die Augen zu einem Spross aus dem erlauchten Hause der Schütteldich zu erheben. Suse hatte in den Augen der Mutter allen Wert verloren. Sie war wie ein Löffel, von dem das Silber abgescheuert ist, während ein blinder Messingglanz sich sehen lässt. Wer konnte auch ahnen, dass die Schwester eines zukünftigen Kirchenfürsten sich zu einem Menschen niederbeugen würde, der nichts sein Eigen nannte als kräftige Schenkel und plumpe Fäuste, Dinge, die doch höchstens einen Vater Höhrle entzücken konnten.

      Und dann die Dreingabe einer hergelaufenen Sippschaft, die wie der Vogel auf dem Baume eines Pachtgutes saß und auffliegen musste, sobald ein Rechnungssupernumerarius am Stamm schüttelte.

      »Den Leuten muss man zeigen, wer sie sind,« sagte sie, und als es sich traf, dass sie im Gang des Kirchenschiffes an der Mutter von Susens Erkorenem vorüberrauschte, warf sie verächtliche Blicke um sich und hustete großartig, um anzudeuten, dass sie nur nötig hätte auszuspeien, um kriechendes Gewürm von solcher Sorte wie im Auswurf eines Schlammvulkanes zu ersticken.

      Mit diesem gebildeten Betragen erreichte sie, dass in Susens Verehrer der Stolz erwachte, dass er zwar dem Mädchen nicht entsagte, aber sein Liebeswerben auf bessere Tage zurückstellte und schließlich von der Mühle Unglück erhoffte, was ihr Glück ihm verweigerte.

      Für Vater Höhrle war damit ein Licht erloschen, auf das er im Nebel seiner Ängste und Sorgen zusteuerte. Susens Wohl und die Zukunft des Hauses Höhrle schienen ihm auf den Schultern des jungen Mannes wie auf zwei starken Pfeilern zu ruhen.

      Gequält und gefoppt von den Enttäuschungen, die das Leben mit sich bringt, wollte er sich, ein verwundeter Krieger, aus dem Kampfe zurückziehen, zufrieden mit der Auszugswohnung über den Schweineställen und mit der Aussicht, seinen Sohn zu einem tüchtigen Menschen heranreifen zu sehen. Das war nun alles, alles wieder zerstört, zum mindesten in weite Ferne gerückt und zwar durch den Unverstand seines eigenen Weibes, der keine Ahnung dämmerte von dem, was den Schlaf seiner Nächte kürzte und Falten in sein Gesicht grub, dass er borkig und zerrissen aussah wie der Stamm einer Eiche. Denn ach, es wollte kein Segen ins Haus ziehen, trotzdem der Bach sich schäumend in der Turbine wälzte und die neuen Stühle wie wütend zwischen ihren rotierenden Walzen das Mahlgut quetschten. Man hatte bei all den teueren Umbauten einen Umstand übersehen, der sich schwer rächte. Der Weizen, den der vaterländische Boden trug, war zu weich, das stellte sich nun heraus, er »floss« unter der Walze und ward dünn wie Papier, aber er gab sein Mehl nicht her.

      Mordche Rimbach sagte: »Taganróck muss es sein oder Argentinier, der Heimische tut’s nicht,« und er schüttelte den Kopf, dass ihm schier die Ohren abgefahren wären. Aber wo sollte der Müller das Geld hernehmen, um Schiffsladungen fremden Weizens kommen zu lassen?

      Mutlos und verzagt sah er, dass die Mühlstube wieder stiller, ja ganz einsam wurde. So war sie eine Brutstätte trübseliger Gedanken, in der Vater Höhrle verlassen sitzen und sein Soll und Haben täglich überdenken konnte. Vom Lärm des Getriebes umgeben, den er nicht mehr hörte, saß er mit seinen zugestaubten Gehörgängen unter dem Scheine der altväterischen Laterne, die vom rußgeschwärzten Durchzug niederhing, und rechnete an den Fingern sein schweres Soll heraus. Da war der Aufwand für die Mühlknechte und den Mühlarzt, da waren Steuern in allen Namen und unter jedem Vorwand, ein wahrer Straßenraub unter gesetzlichen Formen. Da war der Aufwand für Hans, der erst nach Jahrzehnten eine Rente versprach und dann nur seiner Person, schwerlich dem, der seine Ausbildung mit so saurer Arbeit ermöglichte. Da waren Luxusausgaben, die auf dem Konto seiner Frau standen, die er aber nicht schmälern durfte, ohne das magere Paradies seines Ehehimmels in eine Wüste voller Schrecken zu verwandeln. Da waren die Zinsen für das von Schütteldich verbürgte Darlehn bei der Sparkasse, die mit zur Tafel gingen und den Löffel in die Schüssel senkten, bevor noch irgendjemand vom Hause Höhrle sein Tischgebet gesprochen.

      Sein Haben war nahe beisammen. Da lagen ums Haus herum die Äcker und die Wiesen, schön gepflegt, aber sie lohnten bei den erhöhten Forderungen der Taglöhner nur mit geringen Zinsen den Aufwand von Mühe und Geld. Da war der Wald hinter dem Hause, in dem die mächtigen Eichen ihre Arme zum Himmel reckten und unvorsichtige Wolken fingen, die sich der Mutter Erde zu sehr genähert hatten. Er war die Sparkasse in jedem wohlgeordneten Bauernhaushalt. Es war eine heilige, aus der Urväter Zeiten überkommene Tradition, dass er die Aussteuer und das Nadelgeld der Töchter zu liefern hatte. Hatte er das getan, so ließ man ihm wieder Ruhe, und die Wunden, die man ihm geschlagen, vernarbten, bis die Enkel das Lieben gelernt. Vater Höhrle hing mit frommer Scheu an dem althergebrachten Brauche, und leichter wohl hätte er eines der zehn Gebote übertreten, die am Sinai unter Blitz und Donner gegeben waren, als das ungeschriebene Gesetz, dessen strikte Handhabung die hundert Augen all der Nachbarbauern kontrollierten.

      Da war die Mühle, vordem so einträglich, als noch der Landmann mit allen seinen Lebensbedingungen im eignen Grund und Boden wurzelte und aus ihm seine Nahrung sog wie Apfel- und Birnbaum. Aber seitdem Groß und Moos den verfeinerten Genuss boten, schienen sich die Bauernmäuler geändert zu haben. Es war nicht zu glauben, aber es gab Leute, die empfindsam geworden waren gegen den Reiz der Kleie auf dem Zahnfleisch. Den Anfang machten die Frauen mit ihrem Kirchweihkuchen, dann kamen die Fastnachtskrapfen daran, und schließlich wurden die sturzblechernen Bauernmägen, die vordem Schuhnägel verdauten, nervös. So wich das gediegene Schwarzbrot dem Produkte der Firma Groß und Moos und verschwand genau so wie der blauleinene Kittel, der vor der Schabwolle floh, die ihre Auferstehung aus Lumpen feierte. Die neue Zeit, den Papierkragen als Wimpel am Fockmast, steuerte ihr Schifflein in die entlegensten Gebirgstäler. Vater Höhrle wusste, dass sein Gebet von jenem Sonntag nicht erhört war. Traurig und in einer Allerseelenstimmung ging er an sein Hauptbuch, СКАЧАТЬ