Название: Handbuch Joint Venture
Автор: Torsten Fett
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811441323
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4.1.3 Entwicklungs- und Einführungsphase des IFRS 11
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Im September 2007 veröffentlichte das IASB seine detaillierten Planungen über die inhaltlichen Neuerungen bzw. Änderungen mit der Herausgabe des Standardentwurfs ED 9 Joint Arrangements.[63] In der bis zum 11.1.2008 weltweit stattgefundenen Kommentierungsfrist kritisierten verschiedene Interessengruppen vor allem vehement die Abschaffung der Quotenkonsolidierung.[64] In einer „comment letter“-Analyse von Ünal lehnten 53 % von 107 Kommentierenden (insgesamt auswertbar: 110 CL) die Abschaffung der Quotenkonsolidierung ab. Im Vergleich dazu fiel die prozentuale Ablehnung bei der Frage zur neuen Terminologie und der Abschaffung der ausschließlichen Rechtsformabhängigkeit wesentlich geringer aus. Als Argumente für ihre starke Ablehnung gaben die Teilnehmer zusammengefasst folgende Gründe an: die Quotenkonsolidierung spiegelt den wirtschaftlichen Gehalt der Anteile besser wider; es erfolgt eine Gleichstellung von assoziierten Unternehmen und Joint Ventures – trotz des im IFRS definierten Unterschieds im Einfluss; das Konvergenzziel mit US-GAAP wird nicht erreicht, da dort für zwei Branchen (Öl- & Gasindustrie und Bau & Konzession) eine Ausnahmeregelung besteht, die die Anwendung der Quotenkonsolidierung erlaubt. Etwas mehr als die Hälfte der Teilnehmer, die der Kommentierungsaufforderung des IASB folgten, gehörten genau einer dieser beiden Branchen an. Der Abschluss des Projekts erfolgte mit der Veröffentlichung von IFRS 11 im Mai 2011.[65]
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Die Anwendung des Standards ist verpflichtend für die Geschäftsjahre mit Beginn am oder nach dem 1.1.2013 durchzuführen. Eine frühere Anwendung ist nur in Kombination mit der Anwendung des gesamten Consolidation-and-Disclosure-Packages erlaubt (vgl. IFRS 11.C1). Die Anerkennung und Übernahme dieser Standards in das europäische Recht fand im Dezember 2012[66] innerhalb des nach Art. 3 der Internationalen Rechnungslegungsstandards-Anwendungsverordnung durchzuführenden förmlichen Verfahrens (das sog. Komitologieverfahren) der EU-Kommission statt.[67] Erst diese Transformierung führt zur Rechtsverbindlichkeit, da das IASB bzw. FASB nicht-hoheitliche und vom nationalen Gesetzgeber unabhängige Institutionen darstellen. Für die Aufstellung des Konzernabschlusses nach IFRS sind kapitalmarktorientierte Unternehmen bereits seit 2005 nach Art. 4 der Verordnung verpflichtet. Im Gegensatz zum IASB sieht die EU eine verpflichtende Erstabwendung erst ab dem 1.1.2014 vor.[68] Die EU folgt damit dem Ratschlag des EFRAG für eine Verschiebung der Erstanwendung.[69] Dennoch muss für die Vorperiode die Anwendung zum Zwecke des Vergleichs erfolgen.[70]
4.1.4 Rechnungslegungsstandard IFRS 11 im Überblick
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Ziel des IFRS 11 ist es, den Unternehmen mit gemeinschaftlich geführten Beteiligungen prinzipienorientierte Regelungen für die Rechnungslegung vorzugeben (vgl. IFRS 11.1). Zur Erreichung des Ziels gibt der Standard folgende Vorgehensweise vor: Im ersten Schritt ist zu prüfen, ob es sich bei der Beteiligung überhaupt um eine gemeinsame Vereinbarung (Joint Arrangement) handelt. „Dies setzt insbesondere voraus, dass die relevanten Entscheidungen von mehreren Investoren nur gemeinsam getroffen werden können.“[71] Trifft dies zu, dann folgt im nächsten Schritt die Klassifizierung der gemeinschaftlichen Vereinbarung als gemeinschaftliche Tätigkeit (Joint Operation) oder als Gemeinschaftsunternehmen (Joint Venture), abhängig von den Rechten und Pflichten, die sich aus der Vereinbarung für die Partnerunternehmen ergeben.[72]
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Liegt ein Equity Joint Venture vor, dann spricht vieles für das Vorliegen eines Joint Venture im vorstehenden Sinne.[73] Allerdings stellt die rechtliche Selbstständigkeit im neuen Standard nur noch eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung mehr für ein Gemeinschaftsunternehmen dar. Vertragliche Vereinbarungen sowie sonstige Sachverhalte und Umstände sind nun zusätzlich auf ihren wirtschaftlichen Gehalt zu überprüfen und bestimmen, wie die bilanzielle Einbeziehung im Einzelabschluss- und Konzernabschluss der Partnerunternehmen zu erfolgen hat.
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Zudem enthält der Standard spezielle Regelungen für Lieferungs- und Leistungsbeziehungen zwischen Partnerunternehmen und Joint Arrangement.[74] Umfangreiche Übergangsregeln, z.B. für die Umstellung von der Quotenkonsolidierung auf die Equity-Methode, sind außerdem unter IFRS 11.C2 bis 11.C13 enthalten.
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Abb. 5:
Klassifizierung und Bilanzierung von Joint Arrangements im Überblick[75]
4.2.1 Merkmale von Joint Arrangement
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Gemäß IFRS 11.5 liegt eine gemeinsame Vereinbarung von mindestens zwei Parteien[76] vor, wenn
– | eine vertragliche Vereinbarung (Contractual Arrangement) |
– | zur gemeinschaftlichen Beherrschung (Joint Control) besteht.[77] |
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Für die vollstreckbare vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien, die eine notwendige Bedingung nach IFRS 11.5 (a) i.V.m. IFRS.B2-B4 darstellt, ist keine bestimmte Form vorgeschrieben.[78] Aufgrund der stärkeren Bindungswirkung wird in der Praxis häufig die schriftliche Form – beispielsweise in Form von Verträgen oder Sitzungsprotokollen – vor der mündlichen Form bevorzugt (IFRS 11.B2). Zudem reichen rein faktische Verhältnisse – wie ein gleichgerichtetes Verhalten mehrerer Parteien über einen längeren Zeitraum – nicht als Nachweis für ein gemeinschaftliches Vorgehen aus (de facto Joint Control). Deshalb wird ein Beleg über die gemeinschaftliche Steuerung in irgendeiner Art erforderlich sein.[79] Neben schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen den Parteien können auch gesellschaftsrechtliche Normen für sich oder in Verbindung mit Verträgen eine gemeinsame Vereinbarung grundlegend sein. Nach bestehendem deutschem Recht wird dies überwiegend bei BGB-Innengesellschaften bzw. BGB-Außengesellschaften sowie Kapital- und Personenhandelsgesellschaften der Fall sein (IFRS 11.B2-B3).[80] Bestandteile einer Vereinbarung sind in der Regel z.B. der Zweck, Tätigkeit und die Dauer der gemeinsamen Vereinbarung oder der Entscheidungsprozess, aus dem sich die gemeinschaftliche Beherrschung begründet (vgl. IFRS 11.B4).[81]
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Ein Vertrag begründet nämlich nach IFRS 11.5 (b) i.V.m. IFRS 11.7-13 „nur dann eine gemeinschaftliche Vereinbarung, wenn durch diesen eine gemeinschaftliche Beherrschung[82] (Joint Control) vereinbart wurde (hinreichende Bedingung).“[83] СКАЧАТЬ