Название: Ein kunterbunter Streifzug durch den Jahreskreis
Автор: Dieter Kremp
Издательство: Автор
isbn: 9783960085560
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Haselnuss, Birke und Erle gehören alle zur Familie der Birkengewächse. Jeder dieser drei Bäumen war für die Menschen das Sinnbild eines bestimmten Punktes im Kreislauf des Lebens. Die Haselnuss stand am Anfang als Baum der Kinder und der Zeugung, die Birke verkörperte die Jugend, das Wachstum und Entstehen, die Erlen symbolisierte das Alter, welches schon mit dem Geheimnis des Todes vertraut wird.
Das Fest der Birke wird bei uns schon seit uralter Zeit gefeiert, denn die Heimat dieses Baumes sind die nördlichen, gemäßigten und arktischen Gebiete. Auf Island und Grönland waren die Birken sogar einmal die einzigen Bäume. In diesen Ländern, in denen Väterchen Frost besonders arg wütet, ist die Freude groß über den Frühling mit seinen ersten, sich begrünenden Bäumen: Weide und Birke. Während die Weide auch das Absterben symbolisiert, war die Birke ein Baum der reinen Freude. Ihr Fest im Frühling war jedes Mal ein Freudenfest der Wiedergeburt und der Hochzeit zwischen Himmel und Erde. Manchmal werden Birken am Waldrand auch mit Frauenkleidern behängt und so zur leibhaftigen Frühlingsgöttin gemacht.
Frische Birkenzweige wurden zur Lebensrute, mit der die jungen Burschen durchs Dorf zogen. Wer mit einer solchen Lebensrute „geschlagen“ wurde, war vor Krankheit für das weitere Jahr geschützt.
Selbst ein eisiger Winter kann der Birke nicht schaden, denn ihre luftgepolsterte Rinde ist ein guter Kälteschutz. Kein Laubbaum ist so winterhart wie die Birke. Außerdem ist die Birke besonders wasserdurchlässig. Die Rinde blättert nicht in dicken Schuppen ab, sondern sie schält sich elegant in papierähnlichen Querbändern. Dieses „Baumpapier“ war früher ein billiges Schreibmaterial.
Vom Birkenholz dagegen lässt sich nicht viel Rühmliches berichten. Es ist nicht von bester Qualität. Sehr selten wird es zum Möbelbau verwendet. Deshalb gilt es bei Forstmeistern oft „als Unkraut im Wald“. Aber durch den eingelagerten Birkensaft im Innern des Holzes brennt dieses auch in frischem und nassem Zustand und ist ein Geheimtipp für alle, die es im offenen Kamin verbrennen.
Im Frühling hat die Birke in Blättern und Saft die meisten Heilkräfte und bietet sich für eine Frühjahrskur geradezu an. Ihre Heilstoffe bilden zusammen eine gelungene Kombination, die belebend und reinigend auf den menschlichen Körper wirkt. Blase und Niere werden angeregt, doch hilft sie ebenso bei Rheuma, Gicht, Arthritis, Nieren- und Blasensteinen. Schon bei den Germanen galt der Birkensaft als Schönheitstrunk.
In meiner Kindheit habe ich zusammen mit meinem Großvater den Birkensaft abgezapft. Er schnitt die Rinde an einer der oberen Wurzeln an, hängte ein Fläschchen hinein und fing den tropfenden Saft auf. Daheim wurde dann im Frühjahr jeden Morgen vor dem Frühstück Birkensaft getrunken. „Gemolken“ werden die Stämme und Wurzeln von Ende März bis Mitte Mai, wenn die Säfte in den Stamm steigen. Eine kräftige Birke übersteht das Anzapfen ohne Schaden, wenn es nur alle zwei Jahre geschieht. Nach einem „Aderlass“ von zwei Liter Birkensaft muss das Loch wieder gut verschlossen werden, da er sonst „verbluten“ kann. Dafür nimmt man Baumwachs.
Der frische Saft ist eine glasklare Flüssigkeit, die schwach süßlich schmeckt. Zu einer Trinkkur genehmigt man sich täglich zwei Schnapsgläschen voll. Der Saft beginnt schnell zu gären, so dass er im Kühlschrank aufbewahrt werden muss. Birkensaft kann auch äußerlich verwendet werden. Er ist ein gutes Waschmittel für schlecht heilende Wunden und Hautausschlag. Will man ihn das ganze Jahr über zur Verfügung haben, so gibt man ein Drittel der Menge hochprozentigen Alkohol hinzu. Auch als haarwuchsförderndes Mittel ist der Birkensaft noch populär.
Für einen Birkenblättertee sammelt man die jungen, noch klebrigen Blätter. Durch ihren hohen Gehalt an ätherischen Ölen strömen sie einen balsamischen Duft aus. Von den getrockneten Blättern reichen zwei Teelöffel auf eine Tasse Wasser. Man übergieße die Blätter mit dem kochenden Wasser und lässt zehn Minuten ziehen. Man trinkt drei Tassen täglich. Eine Frühjahrskur sollte drei Wochen dauern.
WO SCHLÜSSEL AN DEN ZWEIGEN HÄNGEN
Wenn wir uns an den Kalender der Natur halten, dann beginnt der Vorfrühling mit dem Stäuben der Haselkätzchen. Die langen, gelben und hängenden Pollenkätzchen, im Volksmund auch Baumel- oder Troddelkätzchen genannt, sind die männlichen Blüten des Haselstrauches. Die weiblichen Blüten dagegen sind unscheinbare kleine, rote, knospenartige Gebilde. Ist es zur Blütezeit der Hasel trocken und zudem oftmals etwas windig, liegen im Herbst viele Haselnüsse unter den Haselsträuchern.
Einmal hatte der Haselstrauch fast ganz Deutschland bedeckt. Licht, hell und haselgrün war der Wald vor rund 8000 Jahren. Dann kam die Klimaänderung und der Haselwald verschwand. Haselsträucher befinden sich hierzulande am Waldrand, an Wegrändern und in der Nähe menschlicher Behausungen. Zusammen mit dem Holunderstrauch durfte der Haselstrauch früher in keinem Bauerngarten fehlen. Die elastischen und leicht biegsamen Äste des Haselstrauches werden seit Jahrtausenden als Wünschelruten verwendet. Mit ihnen suchten die Rutengänger Asiens und Europas nach Wasseradern, positiven und negativen Energiefeldern in der Erde. Die Volkssage, nach der am blühenden Haselstrauch im zeitigen Frühjahr silberne Schlüssel hängen, mit denen man Schatztruhen öffnen kann, ist eine schöne Umschreibung dieses alten Brauches. Dem Volksglauben nach wurde dem Haselstrauch auch eine blitzabwehrende Kraft zugesprochen. Bei Ausbruch eines Gewitters steckte man deshalb Haselzweige ans Fenster. Wurde man draußen auf dem Feld von einem Gewitter überrascht, steckte man sich einfach einen Haselzweig an den Hut.
Bei den keltischen Druiden war der Haselstrauch der weißen Göttin geweiht, deren Dienst neun Priesterinnen ausführten. So ist der Haselstrauch selbst mit der Zahl neun verbunden, denn er trägt, so sagt man, erst im neunten Jahr erste Früchte. Die Haselnüsse, erst in Verbindung mit der fruchtbar machenden Göttin und später losgelöst von diesem Kult, galten als Symbol der Fruchtbarkeit und der sexuellen Kraft. In Volksliedern und Reimen wird noch heute das Nüsseknacken mit der sexuellen Kraft in Verbindung gebracht.
Mancher Bauer kennt heute noch den Spruch: „Wenn es im Herbst viel Haselnüsse gibt, gibt es im kommenden Jahr viel Kinder.“ Oder es heißt bei uns: „Mit dem Hannes in die Nüsse gehen!“ Hildegard von Bingen empfahl Haselkätzchen sogar zur Therapie der Unfruchtbarkeit des Mannes. Der Gebrauch der Hasel für medizinische Zwecke ist jedoch in Vergessenheit geraten. Bekannt ist lediglich die schweißtreibende Wirkung der Blütenkätzchen.
In heimischen Vorgärten wird heute gerne die Korkzieherhasel angepflanzt. Dieser dekorative Strauch wird dann im zeitigen Frühling gerne mit bunten Eiern behangen, um die Osterzeit einzuläuten.
NATUR KANN HEILEN
Es eilt ihm ein schlechter Ruf voraus, jedoch zu Unrecht. Der sprichwörtlich wetterwendische April, der Launing unserer Vorfahren, bringt uns vielmehr um die Monatsmitte meist anhaltend sonnige Tage und damit den Vorgeschmack des kommenden Sommers. Wie der Wonnemonat Mai ist der April ein Monat der Blumen und Blüten.
„Das Blühen will nicht enden. Es blüht das fernste, tiefste Tal: Nun, armes Herz, vergiss der Qual! Nun muss sich alles, alles wenden.“ – So wie Ludwig Uhland in seinem Gedicht „Frühlingsglaube“ haben Dichter aller Zeiten das Erwachen der Natur enthusiastisch begrüßt.
Volkslieder und Sprichwörter erzählen uns vom wundersamen Trost der Bäume: „Wo das Glück zu Hause ist, da dürfen Blumen lachen, Bäume tanzen, Bäche klatschen, Wiesen weinen, Berge hüpfen und Sterne winken.“ Das sind Erfahrungen, die gerade jetzt – angesichts der gefährdeten Schöpfung – in uns immer lebendig werden: „Die Natur ist die größte Zauberin, die Malerin der schönsten Bilder. Sie ist auch unsere Ernährerin. Gib auf sie acht! So lange noch Zeit ist.“
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