Mütter. Anja Bagus
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Название: Mütter

Автор: Anja Bagus

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isbn: 9783944180786

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      „Nein, mal im Ernst. Wie hast du gelernt, mit sowas umzugehen?“

      „So schwer ist das ja nicht. Unser neuer Nachbar hat es mir gezeigt. Er ist spontan auf einen Kaffee vorbeigekommen.“

      „Schon wieder?“

      „Ja, und morgen gehen wir essen.“

      „Nun gut. Aber, hast du auch noch andere Bilder in den Rahmen eingefügt? Zum Beispiel eins mit einem Ritter auf einem Pferd oder wie er zum Ritter geschlagen wird?“

      „Nein, nur das eine. Wieso fragst Du?“

      „Ach nichts, schon gut.“

      Seine Mutter lachte und schaute wieder zum Fernseher. Thor ging in sein Zimmer. Wenn das Bild mit der Hochzeit von seiner Mutter war, so musste er das richtige, prophezeiende Bild gestern übersehen haben. Voll gespannter Erwartung setzte er sich vor den Rahmen und wollte die ganze Serie noch einmal durchsehen. Doch schlief er dabei immer wieder ein. Ein neues Bild tauchte nicht mehr auf.

      Stattdessen erwachte er mitten in der Nacht noch einmal und sah in dem Rahmen das Bild von Vanessa und ihm auf dem Dies Academicus. Da hoffte er nur noch eins – dass sie zu ihrer Verabredung dasselbe schwarze Kleid anziehen würde, das sie auf dem Foto trug.

       Ende

      HEIKE SCHRAPPER aus Hemer im Sauerland schreibt Kurzgeschichten von Trash bis Tiefsinn, übersetzt, korrigiert und lektoriert und ist gern auf Veranstaltungen der deutschen Fantastik-Szene unterwegs. Ihre Geschichte „Gotteskrieger“ erlangte 2014 den dritten Platz beim „Deutschen Phantastik Preis“.

       Der göttliche Keksteig

      Als die Göttin 200 000 Jahre nach der vereinbarten Zeit immer noch nicht beim Kaffeekränzchen erschienen war, beschloss die Nachbarin, mal anzurufen und zu fragen, wo sie bleibe.

      „Ach, Schatz, das tut mir wirklich total leid“, antwortete die Göttin (die Nachbarin fand, dass sie etwas gehetzt klang), „aber ich wollte dir so gerne ein paar selbst gebackene Kekse mitbringen. Und sie werden und werden einfach nicht perfekt.“

      Die Nachbarin seufzte. Sie kannte die hohen Ansprüche, die die Göttin immer an ihre Kreationen stellte.

      „Was ist denn das Problem?“, fragte sie.

      „Tja, ich habe mir zuerst ein Rezept überlegt. Das Beste aller möglichen Rezepte natürlich. Dann habe ich alle Zutaten im Bioladen besorgt, sie gemischt, zu einem göttlichen Keksteig verknetet und angefangen, daraus die Kekse zu formen. Aber sie sind alle so verschieden! Nicht zwei von ihnen enthalten genau die gleiche Menge an Elementarteilchen von auch nur einer einzigen Zutat. Geschweige denn, dass sie alle von jeder Zutat genau den ihnen zustehenden Anteil enthielten … Jetzt habe ich schon zigtausend Mal den Teig zu Keksen geformt, und nie waren sie bereit zum Backen. Immer musste ich sie wieder neu verkneten. Hätte ich doch bloß direkt einen Kuchen gemacht …“

      „Und wenn du sie einfach so backst, wie sie …“, begann die Nachbarin, aber natürlich wurde sie sofort unterbrochen.

      „Ich habe doch diesen ganzen Aufwand nicht für unperfekte Kekse veranstaltet!“, rief die Göttin entrüstet. „Ich bin die Göttin! Ich trage Verantwortung. Mir bedeutet das Wort Berufsethos noch etwas. Ich …“

      „Sicher, Liebes, sicher“, beeilte sich die Nachbarin zu beschwichtigen. „Aber gerade weil du so gewissenhaft bist, sind es bestimmt jetzt schon ganz hervorragende Kekse. Frag sie doch einfach mal; vielleicht sind sie ja völlig zufrieden damit, wie sie sind. Vielleicht warten sie seit Jahrtausenden darauf, endlich gebacken zu werden.“

      „Was weiß ein unperfekter, roher Keks denn schon von der Kunst des Backens?!“, schnaubte die Göttin. „Die meinen doch, wenn sie einigermaßen gleichmäßig geformt sind und nicht sofort auseinanderfallen, dann können sie sich direkt aufs Blech legen. Glaubst du vielleicht, die denken auch nur ansatzweise an das Gelingen des Gesamtrezeptes? Wie auch? Die kennen das Rezept ja nicht einmal. Aber solange sie dermaßen unvollkommen sind, kann man auch nicht erwarten, dass sie Verantwortung für ihre Mitkekse übernehmen. Ich muss einfach noch ein bisschen länger kneten und formen. Irgendwann wird es schon werden, das hab ich im Gefühl. Ein paar waren schon fast richtig.“ Die Göttin klang jetzt verhalten optimistisch.

      „Na, dann wollen wir mal hoffen, dass der ganze Teig nicht vorher explodiert“, sagte die Nachbarin munter. „Was schätzt du denn, wie lange es wohl noch dauert, bis du rüberkommst?“

      „Vielleicht bin ich in zehn-, zwanzigtausend Jahren schon bei dir. Sobald die Kekse im Ofen sind, ziehe ich mich um. Huch – ich glaube, einer von ihnen hat mir gerade zugezwinkert.“

      „Wie schön. Aber falls sie nichts werden, mach dir bloß keinen Stress. Ich habe Teilchen vom Bäcker geholt.“ Die Göttin und die Nachbarin beendeten ihr Telefongespräch.

      Zu dieser Zeit fühlten ungefähr zwanzig Prozent der Kekse eine seltsame Mischung aus Unzufriedenheit, Hoffnung und dem Verdacht, etwas Entscheidendes nicht zu durchschauen. Etwa dreißig Prozent glaubten, sie wären bereits gebacken. Alle anderen wussten nicht, dass sie Kekse waren.

       Ende

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