Vom Stromkartell zur Energiewende. Peter Becker
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Название: Vom Stromkartell zur Energiewende

Автор: Peter Becker

Издательство: Bookwire

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Серия: ZNER-Schriftenreihe

isbn: 9783800593729

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СКАЧАТЬ in den Vordergrund. „Privatisierung“ hieß: Übernahme der „Rosinen“ durch westdeutsche und europäische Konzerne, Abwicklung von rund 3.500 von insgesamt etwa 14.000 Betrieben im Treuhand-Portfolio. Anstelle einer erhofften Aufbesserung des Bundesetats wies die THA einen Verlust von rund 250 Mrd. DM auf. Die THA habe die „Drecksarbeit der Abwicklung“ erledigt, so der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Lücke. Politisch die Weichen gestellt habe aber die Bundesregierung. Die Hauptkritik: zu schnell stillgelegt.65 „Die Betriebe hätten viel mehr Zeit für eine Sanierung gebraucht.“ Der von Oskar Lafontaine angestrebte phasenweise Übergang wäre dafür das Richtige gewesen. Aber es kam alles anders, vorangetrieben insbesondere von der Entscheidung der Bundesregierung für einen Wechselkurs 1:1, den auch die finanzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Ingrid Matthäus-Maier, befürwortete.

      Matthäus-Maier:

       2. Ausnahme: der Stromvergleich

      Die Kombinatsdirektoren beschlich aber parallel ein großer Defätismus. Es war nämlich offen, ob ihre veralteten Anlagen den nächsten Winter überstehen würden. Außerdem: Wie standen sie mit diesen Netzen vor „dem Westen“ da? Technische Hilfe, die die westdeutschen Konzerne anboten, wurde daher dankend entgegengenommen. Vor diesem Hintergrund entstand der erste Entwurf der Stromverträge, gefertigt von dem visionären Rechtsabteilungsleiter Dr. Dingeldey bei PE in Hannover (der leider viel zu früh verstorben ist). PE und Bayernwerk wussten, dass der Bund in Gestalt der Abteilungsleiterin Ria Kemper aus dem Bundeswirtschaftsministerium diese Annäherungen positiv begleitete. So wurden schon frühzeitig die Weichen für den Komplettkauf der ostdeutschen Stromwirtschaft durch die westdeutschen Stromkonzerne gestellt. Und es war kein Wunder, dass die Konzerne deren Restrukturierung nach ihren Regeln gestalten wollten – also denen des Monopols.

      Die Volkskammer wollte aber etwas ganz Anderes, nämlich die Rekommunalisierung der örtlichen Stromversorgungen wie zu Zeiten der DDR, aber auch auf modernem technischen Niveau. Das sollte mit den Kommunalisierungsregelungen im Treuhandgesetz (§ 1 Abs. 3), der Kommunalverfassung und dem Kommunalvermögensgesetz abgesichert werden. Nur – wie geschildert – die Parlamentarier wurden übergangen. Die Kommunalverfassungsbeschwerde, organisiert von „Entrepreneuren“ in einigen ostdeutschen Kommunen und wenigen engagierten Helfern aus dem Westen, und der Stromvergleich setzten aber doch die Intentionen der Volkskammer um: Ein riesiger Erfolg, „von hinten durch die Brust ins Auge“, weil außerhalb der Kontrolle der Konzerne und mit Hilfe des Verfassungsgerichts, das sich mit dem Stromvergleich sein „Standing“ in den neuen Bundesländern erarbeitet hat, wurden die Weichen anders gestellt.

      Die THA blieb allerdings zuständig für die weitere Abwicklung des Stromvergleichs in Sachen Gas. Denn es war nicht gelungen, den Stromvergleich eins zu eins auf den „Gasvergleich“ zu übertragen. Vielmehr mussten die ostdeutschen Kommunen ihre Gasstadtwerke nach dem Ertragswert erwerben, freilich unter Anrechnung ehemaliger Vermögenswerte und staatlicher Übernahme der Altlasten. Trotzdem liefen noch Jahrzehnte Prozesse zum Sujet.

      So gehören der Stromvergleich und die Bildung der ostdeutschen Stadtwerke zu den wenigen wirtschaftlichen Highlights der Einigung. Ob das allen Kommunen klar ist? Denn sie waren das Gegenstück zu den Privatisierungen und aktivierten mit der Gründung von zahlreichen Stadtwerken die ostdeutschen „Selbstheilungskräfte“.

      Es gab nur einen – signifikanten – Unterschied: Die mutigen Gründer, Bürgermeister und Stadtwerksdirektoren, blieben „gegnerfrei“, während die ängstlichen Beteiligungen akzeptierten, vor allem der Regionalversorger. Immerhin war damit die Intention des Treuhandgesetzes verwirklicht – ein großer Erfolg, der freilich in der ganzen Diskussion um die THA keine Rolle spielt. Aber er lief ja auch an ihr vorbei und war Angelegenheit von – danach – freundschaftlich verbundenen „Ossis“ und den Beratern aus dem Westen.

      Wunderbar.

      65 Der Tagesspiegel vom 1.3.2015. 66 Böick, Die Treuhand, Idee – Praxis – Erfahrung 1990–1994, 2. Aufl. 2018 (Diss.). 67 Signal zum Bleiben, in: Die ZEIT, 19.11.1990, zit. n. Böick, S. 164. 68 Böick, S. 168. 69 Elektrizitätswirtschaft (EW) 2005, Heft 21/22, 80ff.

      14. Kapitel

      Die Liberalisierung der Energiemärkte