Vom Stromkartell zur Energiewende. Peter Becker
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Название: Vom Stromkartell zur Energiewende

Автор: Peter Becker

Издательство: Bookwire

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Серия: ZNER-Schriftenreihe

isbn: 9783800593729

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СКАЧАТЬ meinen. In der Energiewirtschaft war alles anders. Die Liberalisierung der Energiemärkte wurde von Brüssel erzwungen. Deutschland wäre aus eigener Kraft wohl nie zur Einführung von Wettbewerb fähig gewesen. Aber die Lobbyisten schlugen schon bei der Konzeption der Richtlinien zur Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte zu. Die Einführung von Wettbewerb hätte vorausgesetzt, dass die nationalen Monopolisten privatisiert und dabei so entflochten worden wären, dass Wettbewerb möglich würde. Davon war aber keine Rede. Im Gegenteil: In Deutschland nutzten die Konzerne die Möglichkeit zu „Großfusionen im engen Oligopol“, wie der Kartellrechtler Möschel schrieb.70 So wuchs die Macht der Konzerne ins Schrankenlose. Auch die Einführung des Börsenhandels für Energie wurde von den Konzernen genutzt. Sie strickten sich die Börse so, dass die Preise gesteuert werden konnten. Zwar gab es zu Beginn der Liberalisierungsphase einen Betriebsunfall: EnBW und RWE lieferten sich Wettbewerb aus Gründen, die sie im Nachhinein sicherlich lieber ungeschehen gemacht hätten. Aber danach wurde umso konsequenter reiner Tisch gemacht. Die Verbraucher hatten keine Chance.

       1. Vorspiel I in Deutschland

      Das war der Startschuss für das Bundeskartellamt. Aufgegriffen werden sollten Konzessionsverträge an der Bundesgrenze, die die Einfuhr billigerer Energie aus Mitgliedstaaten nach Deutschland behinderten. Der erste Angriff auf den Gebietsschutz sollte an der deutsch-französischen Grenze in Kehl starten. Er wurde aber wegen der bekannten Abneigung der Electricité de France gegen Direktbelieferung deutscher Verbraucher aufgegeben. Aufgegriffen wurde vielmehr ein Konzessionsvertrag des RWE-Konzerns mit der Stadt Kleve aus dem Jahr 1971, mit dem die ausschließliche Belieferung der 50.000 Einwohner und der Industrie Kleves über 55 Jahre festgelegt worden war. Der wirtschaftliche Vorteil für die Kunden in Kleve wäre bemerkenswert gewesen: Industriekunden mussten seinerzeit fast 28 Pf/kWh bezahlen, während der angrenzende niederländische Versorger nur 19,1 Pf/kWh verlangte. Es sollte „ein Pilotfall“ werden, sagte Markert. Erstmalig habe sein Haus auf Art. 85 des EWG-Vertrags zurückgegriffen. Bundeskartellamts-Präsident Wolf sekundierte, es handele sich um ein „wichtiges und grundsätzliches Pilotverfahren mit Domino-Effekt“. Mit der EG-Kommission habe man sich abgesprochen. Allerdings lief der attackierte Konzessionsvertrag wie alle sogenannten „Altverträge“ nach § 103a Abs. 4, der mit der 4. GWB-Novelle eingeführt worden war, nur bis Ende 1994. Hieran scheiterte schließlich das Bundeskartellamt: RWE meldete nämlich den Konzessionsvertrag – trotz der Ankündigung des EG-Wettbewerbs-Hüters Ehlermann – bei der Kommission an, um nach Art. 85 Abs. 3 EWGV eine Freistellung zu erreichen. Das führte zu einem Wechsel der Zuständigkeit; das Bundeskartellamt musste den Fall nach Brüssel abgeben. Der Vertrag wurde dann 1994 nicht mehr verlängert, weil Kleve eigene Stadtwerke gründete. Der Versuch war gescheitert.