Angst macht große Augen. L.U. Ulder
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Читать онлайн книгу Angst macht große Augen - L.U. Ulder страница 17

Название: Angst macht große Augen

Автор: L.U. Ulder

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783738016017

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СКАЧАТЬ da kommst du schon. Dann kannst du gleich selbst versuchen, es ihr zu erklären.“

      „Bring mich zum Auto, Stefan. Schnell!“

      „Aber das Bild, was ist damit?“

      Erst jetzt registrierte er, dass sie kreidebleich war.

      „Zoé hat mich angerufen. Wir müssen sofort nach Hause fahren.“

      „Was ist geschehen?“

      „Es ist etwas mit Valerie passiert, ein Unfall oder schlimmer. Sie muss furchtbar aussehen. Die Kleine war völlig außer sich. Ich konnte sie kaum beruhigen.“

      12.

      Hajo Steinert sah gedankenverloren zu, wie sich die Kollegin Gabriele Gebhardt die alte Thermoskanne schnappte und ihre Tasse viel zu voll einschenkte. Vorsichtig balancierte sie zurück zu ihrem Platz. Er beobachtete gespannt, wie sie Tasse auf die graue Schreibtischoberfläche abstellte, dabei kleckerte und er versuchte dabei, so unbeteiligt wie möglich dreinzuschauen. Danach blickte er in die Runde der versammelten Kollegen und Kolleginnen, die mit ihm zusammen an der Automatenknackerbande dran waren. Die ungewöhnliche Häufung mit immer gleichem Tatablauf hatte zur Bildung dieser Ermittlungsgruppe geführt. Eine derartige Konzentration von Erfahrung und Manpower musste rasch zu dem dringend benötigten Festnahmeerfolg führen, die Erwartungen und die Zuversicht waren enorm. Nun, nach weiteren Taten und zuletzt drei Toten fiel das Resümee eher bedrückend negativ aus.

      Dabei waren die Auswertungen vom Bewegungsbild der Täter und der Tatzeiten so vielversprechend gewesen und genau in der vorausberechneten Nacht hatten sie zugeschlagen, nur nicht an einem der erwarteten Tatorte und das war merkwürdig.

      Die letzte Tat wich durch das Ausweichen nach Niedersachsen völlig von den bisherigen ab, denn allen war klar, dass es sich um dieselbe Tätergruppe, um IHRE Täter handelte. Die Annahme war, dass es sich um eine Gruppe aus Osteuropa handelte, die nur für eine begrenzte Zeit hier herkam, sich in billigen Pensionen oder bei Bekannten aufhielt, Autos und Equipment zusammenklaute und Automaten in die Luft sprengte. Sie waren wie Phantome, die keinerlei Hinweise auf irgendwelche Berührungspunkte in Hamburg und Umgebung außer den verübten Straftaten zurückließen.

      Erschwerend zeichnete sich ab, dass die Täter viel besser organisiert waren, als sie es von vergleichbaren Taten kannten. Die Ermittler hatten bei den Providern die Handyeinwahldaten abgefragt und ausgewertet. In der Nähe der jeweiligen Tatorte wählten sich zur fraglichen Zeit regelmäßig zwei Handys ein. Aber selbst diese Erkenntnis führte ins Leere, jedes Mal waren es andere Rufnummern und IMEI-Nummern gewesen, die keinerlei Rückschluss auf die Besitzer zuließen, weil keine Personaldaten hinterlegt worden waren. Einzige Gemeinsamkeit war, dass sie erst unmittelbar vor der Tat eingeschaltet und gleich nach der Tat wieder ausgeschaltet wurden. Sie dienten einzig der Kommunikation der Täter vor Ort, ein Bewegungsprofil ließ sich mit den spärlichen Daten nicht erstellen. Die Täter wussten genau, was sie taten. Ein riesiges Fragezeichen verbarg sich hinter dem plötzlichen Gewaltausbruch. In der Vergangenheit war es natürlich bereits vorgekommen, dass auf Passanten und zufällig aufkreuzende Zeugen geschossen wurde, bei Blitzeinbrüchen in Juweliergeschäfte zum Beispiel, bislang aber immer nur, um unvorsichtige Beobachter zu vertreiben. Aber hier war ein Zeuge ganz bewusst ermordet worden und obendrein zwei mutmaßliche Komplizen.

      Das warf ein völlig anderes Bild auf das vorher absolut professionelle Handeln.

      Über das Warum hatten sie lange, ergebnislose Diskussionen geführt. Die Mehrzahl der Kollegen schloss sich der Auffassung an, es könnte eine Art Bestrafung für die als Versehen oder als Überreaktion eingestufte Ermordung des alten Mannes sein. Aber je länger Hajo Steinert darüber nachdachte, umso unwahrscheinlicher hielt er diese Variante. Es musste einen anderen Grund geben. Der gescheiterte und beinahe tölpelhafte Versuch, die ermordeten Komplizen zu verbrennen, war ein Zeichen dafür, dass etwas Gravierendes geschehen sein musste, etwas, das zu diesen hektischen, ungeplant wirkenden Abläufen geführt hatte.

      Nichts, wirklich absolut nichts hatten sie bislang ermitteln können, was die eine oder auch andere Theorien stützen könnte.

      Mit den Aufzeichnungen der Überwachungskameras, unmittelbar, bevor sie außer Gefecht gesetzt wurden, ließ sich nichts anfangen. Schemenhafte Gestalten, die so auf keinen Fall identifizierbar waren. Steinert fragte sich zum wiederholten Male, welchen Nutzen Überwachungsgeräte von solch schlechter Auflösung darstellten.

      Die vorgefundenen Spuren und sichergestellten Beweismittel waren sehr überschaubar. Die Täter ließen kein Werkzeug zurück und sammelten auch die Zünder samt Draht wieder ein. In Niedersachsen war ein Zündmechanismus gefunden worden, ein einfacher Brückenzünder für eine Auslösung per Batterie, Massenartikel aus dem Elektronikhandel oder bei EBay. Neu war nur, dass er zurückgelassen wurde, ein weiteres Anzeichen, dass das Geschehen aus dem Ruder gelaufen war. Das wiederholt benutzte Gewebeklebeband, um Ritzen abzudichten und so ein vorzeitiges Entweichen des eingeleiteten Gases zu verhindern, stammte aus dem Baumarkt. Daran festgestellte Faserspuren wiesen lediglich darauf hin, dass die Täter bei der Tatbegehung neuwertige Textilhandschuhe trugen, ebenfalls aus Massenproduktion.

      Der erste gestohlene Pkw, der zweifelsfrei der Tätergruppierung für eine Tat zugeordnet werden konnte, war der in Schleswig-Holstein sichergestellte BMW Kombi. Dass der zufällig anwesende Bauer einen Brand verhindert hatte, war ein Glücksfall. Von der Spurensuche, die die Kollegen des Nachbarbundeslandes sehr akribisch betrieben, erwartete sich Steinert den größten Schub für die Ermittlungen. Er rechnete damit, schon bald DNA von drei oder vier Tätern zu haben.

      Die Schleswig-Holsteiner hatten zudem Isotopengutachten für die beiden Ermordeten in Auftrag gegeben. Durch die Untersuchung von verschiedenen Gewebeproben der Toten, Haare, Nägel, Knochen, Zähne auf bestimmte Bio- und Geoelemente ließen sich Rückschlüsse über Ernährungsweise und Aufenthaltsorte, von der Kindheit bis zum Tod, gewinnen.

      Mit etwas Glück ließe sich eine begrenzte Region feststellen, in der man mithilfe der Fotos der Toten die Ermittlungen ansetzen konnte. Denn dass sie nicht aus der hiesigen Gegend stammten, davon ging Steinert mit Sicherheit aus.

      Die Kollegin Gebhardt, die einige Male laut hörbar ihren Kaffee schlürfte, riss ihn aus seinen Überlegungen.

      „Willst du auf den Zeitungsartikel reagieren?“

      Steinert winkte ab. Der beste Kommentar war in solchen Fällen kein Kommentar. Obwohl es ihn geärgert hatte, sein Bild in der Zeitung zu sehen. Er hatte lange überlegt, wo es wohl gemacht worden sein könnte. Weil es stark vergrößert war, konnte man außer seinem Kopf nur Teile des Wagendaches, in den er gerade einstieg und im Hintergrund eine geklinkerte Hauswand sehen. Auf dem Bild sah er furchtbar müde aus, das fand sogar seine Frau, die ihn gleich morgens im Büro anrief. Da war der Artikel längst Gesprächsstoff in der Dienststelle. Er begann mit der fragenden Überschrift: „Hat die Russenmafia auch den deutschen Norden im Griff?“

      Geschickt stellte die Journalistin einen Zusammenhang zwischen den Taten in Hamburg, dem erschossenen Rentner in Niedersachsen und den beiden aufgefundenen Toten in Schleswig-Holstein her. Irgendjemand schien sie mit Informationen zu versorgen, aber das war ja nichts Ungewöhnliches. Der Artikel war im Großen und Ganzen sachlich gehalten, spekulierte natürlich in verschiedene Richtungen und endete mit dem Satz: „dass das LKA Hamburg in Person von Kriminalhauptkommissar Hajo Steinert federführend die Ermittlungen betreibt, bestätigt die Brisanz der Fälle.“

      Je länger er sich das Abbild von sich angesehen hatte, umso mehr kam er zu der einen Erkenntnis: Das Bild konnte nur am Tatort in Niedersachsen geschossen СКАЧАТЬ