Wandlerin zwischen den Welten. Bianca Wörter
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Название: Wandlerin zwischen den Welten

Автор: Bianca Wörter

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783847654605

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СКАЧАТЬ ich ihn am vorherigen Tag so unfreundlich hatte gehen lassen.

      Er war mir vielleicht nur wenig sympathisch vorgekommen, weil ich ihn noch als meinen 'Rollstuhlmörder' aus meinem Traum im Kopf hatte. Sichtlich erleichtert, dass ich nicht wieder so abweisend war, ließ sich Yan neben mir nieder.

      "Hallo, Alena. Ich hatte gestern Angst, dass du mich als zu aufdringlich abschreiben würdest."

      Aber nein: "Das war mein erster Gedanke."

      "Und jetzt?"

      "Ich sehe keinen Grund, warum wir uns nicht miteinander unterhalten sollten."

      Er hatte wirklich ein bezauberndes Lächeln - warum fiel mir das erst jetzt auf?

      Er hatte kurzes, braunes Haar, das an vielen Stellen durch die Sonne aufgehellt war und herrliche Lichtkontraste tanzten darauf. So langsam kam in mir der Drang durch, mich von meiner besten Seite zeigen zu wollen. Ich zog an meiner Zigarette und schaute Yan an, er ließ gerade seinen Blick über das Wasser gleiten, so wie ich am Tag zuvor.

      'Gut, dann habe ich noch Zeit ihn ein wenig zu mustern', dachte ich frech.

      Plötzlich drehte er seinen Kopf wieder zu mir und sah mich direkt an. Das war der Moment, als mein Herz auf einmal schneller zu schlagen begann und ich mich zwang meinen Blick langsam von ihm abzuwenden anstatt schnell und wie ertappt. Ich spürte, dass er mich nun auch genauer ansah, als ich den Strand nach irgendetwas Wichtigem absuchte. Was er wohl mit seinen Augen sah? Langes, dunkelblondes Haar, das mir bis in den Rücken reichte, dunkelgrüne Augen, eine kecke, nach oben gerichtete Nase - das war meine Außenansicht. Ich war eine hübsche Durchschnittsfrau, die ein betörendes Lächeln auf ihr Gesicht zaubern konnte. Manchmal konnte ich hinreizend, aber auch mal ganz schön reif aussehen, je nachdem, wie ich mich kleidete. Ich suchte Yans Blick. Er sah mir in die Augen, mein Herz setzte ein paar Takte aus und versuchte diesen Fehler mit ein paar schnelleren Schlägen wieder wettzumachen.

      "Ich möchte dir sagen, dass ich nicht hier bin, um mit dir wieder über diesen verrückten Traum zu sprechen, denn wir wissen sowieso nicht, was das war und ob es wieder geschehen wird und ich bin der Meinung, dass wir nichts daran ändern könnten. Vielleicht sollten wir das einfach als Anlass nehmen, dass wir uns kennen gelernt haben", fing Yan an.

      Natürlich – grinste ich. Das hatte ich mir fast gedacht, und obwohl ich am Tag zuvor etwas abgeneigt gewesen war, so wollte ich mir diese Chance an diesem neuen Tag nicht mehr entgehen lassen.

      Ich holte eine Flasche Wasser aus meinem Rucksack heraus und bot Yan einen Schluck an, den er gerne entgegen nahm. Das Eis war durch diese kleine Geste erst einmal gebrochen. Wir unterhielten uns allgemein über die Jobs, die wir ausübten, über das Wetter, über Filme, die wir zuletzt gesehen hatten und viele weitere Themen, die man austauscht, wenn man sich kennen lernt. So erfuhr ich auch, dass er keine Freundin hatte und dass mein Interesse, so schlussfolgerte ich, bei ihm echte Chancen haben könnte. Dann schlug ich vor, dass wir eine Runde ins Wasser gehen sollten, was wir auch taten. Nach dem erfrischenden Bad spazierten wir ein wenig am Wasser herum und lachten viel. Es kam mir in diesen Augenblicken so vor, als ob ich die Hauptperson in einem Kitsch-Roman wäre, aber wie das Leben spielt, geschehen tatsächlich solche Storys. Es war kein Wunder, dass er mich, nachdem ich verzweifelt versuchte die Sonnencreme auch auf meinem Rücken zu verteilen, ohne große Worte aus dieser verzweifelten Lage befreite und diese Aufgabe übernahm. Ich musste zugeben, dass das kein Zufall, sondern pure Absicht meinerseits gewesen war. Klar, dass ich auch seinen Rücken einrieb. Das war das Schöne am Sommer und am Baggersee. Man kam sich ohne Peinlichkeiten recht nahe und niemanden störte es. Ich legte mich nach getaner Arbeit auf den Bauch, Yan saß mit angewinkelten Beinen mir zugewandt und wir unterhielten uns weiter. Nachdem uns irgendwann das Gesprächsthema einmal ausgegangen war, drehte ich mich langsam, ganz langsam auf den Rücken. Yan träumte vor sich hin, starrte dabei ins Wasser, also schloss ich die Augen und lauschte dem typischen Strandlärm: Kinderspielen, Schreien, Weinen, Wasser platschen, Müttergezeter, Knabenkraftausdrücke, Vogelgezwitscher, Schnakengesumme, Libellengesirre und das Rauschen des Blutes in meinen Ohren, in denen sich noch etwas Wasser befand.

      Nachdem das Schweigen zu lang wurde, legte mich auf die Seite, stützte meinen Kopf auf die rechte Hand und erzählte ihm meine Pläne für diesem Sommer: "Ich hab nichts vor, will nur entspannen, gute Bücher lesen, Fahrrad fahren, braun werden, wandern, ein wenig unter die Leute gehen, mich richtig treiben lassen."

      Yan hatte aufmerksam zugehört: "Ich hab diesen Sommer auch nichts geplant. Ich wollte nur raus in die Natur und mich selbst ein wenig verwöhnen."

      Der Tag ging so weiter, wie wir ihn angefangen hatten. Wir schwammen, ließen uns in der Sonne trocknen, gingen spazieren, lagen einfach nur da, dösten und dann war es langsam Zeit zum Aufbrechen. Der Strand hatte sich fast geleert, die Schnaken wurden unerträglich, weil sie in Scharen auftraten und stachen und es waren nur noch vereinzelte Gestalten, wie wir, die die Stellung hielten. Es war kühler geworden, aber ich ließ mir mit dem Anziehen und Einpacken viel Zeit, bis mich die Schnaken mit ihrer verstärkten Streitmacht zum Wahnsinn trieben. Ich sprintete zu meinem Auto, riss die Türen sowie den Kofferraum auf, da sich die Tageshitze noch darin gespeichert hielt. Yan hatte mich bis zum Auto begleitet, er selbst war mit dem Fahrrad da.

      "Sehen wir uns morgen wieder?", fragte er.

      "Warum nicht heute noch, oder hast du schon etwas anderes vor?", fragte ich zurück.

      Er grinste: "Gern. Wo?"

      "Ich würde gern ein Eis essen gehen. Ich lade dich dazu ein. Okay? Um acht Uhr bei Campolino?"

      "Einverstanden."

      Zuhause unter der Dusche überlegte ich doch wirklich die ganze Zeit, was ich anziehen sollte! War ich etwa verliebt? Die Zeit der Schmetterlingsflügel ist die schönste und dieses Gefühl wollte ich so lange wie möglich auskosten. Endlich hatte ich mich für ein kurzes, leichtes Sommerkleid entschieden, das von oben bis unten durchgeknöpft war und mir wegen seiner Lachsfarbe so sehr gefallen hatte. Ich kämmte mein Haar, das durch die verbliebene Hitze des Tages schon beinah getrocknet war und gefiel mir ausnahmsweise einmal von Kopf bis Fuß.

      Ich stand pünktlich um acht vor der Eisdiele und sah ihn auch schon herbeilaufen. Er sah einfach klasse aus, er trug eine lange, leichte, blaue Hose und ein weißes, kurzärmeliges Hemd darüber. Ich musste dennoch etwas über seine Kleidung lächeln, denn es passte irgendwie nicht richtig zu ihm. Ich konnte ihn mir eher in Khakihosen vorstellen, vielleicht noch mit braunem Hut, wie Indiana Jones.

      Die beginnende laue Sommernacht hatte die Menschen aus allen Häusern getrieben und die Eisdiele war hoffnungslos überfüllt. Wir beschlossen, dass wir uns zwei Eistüten besorgen und an den Springbrunnen setzen wollten. Es war zwar auch dort kaum Platz, aber wir konnten uns noch irgendwo dazwischen drängen und genossen die italienisch anmutende Atmosphäre.

      "Ich bekomm schon Frostbeulen auf der Zunge!", jammerte ich.

      "Du konntest ja nicht genug bekommen!", konterte Yan.

      Gespielt beschämt schaute ich zu Boden und grinste innerlich: "Das Angebot ist so umfangreich, dass ich es durchprobieren musste, um beim nächsten Mal die Sorten wählen zu können, die mir am besten schmecken!"

      Es war immer das Gleiche mit mir. Wenn ich vor der riesigen Auswahl stand, dann klang eine Sorte besser als die andere und ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Ich kam nie unter vier bis fünf Kugeln aus. Aber ich überlebte es auch diesmal ohne Frostbeulen und fühlte mich so richtig „Eis-satt".

      Wir liefen langsam durch die Stadt und genossen die mollige Wärme, die noch in den Straßen СКАЧАТЬ