Malleus Proletarum - Der Proletenhammer. Marcello Dallapiccola
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Название: Malleus Proletarum - Der Proletenhammer

Автор: Marcello Dallapiccola

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783844250473

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СКАЧАТЬ Spitznamen alle Ehre, seine Stimme war rau und grollte wie Donner; auch sein Tonfall verhieß nichts Gutes, offenbar was er höchst aufgebracht. Und obwohl der mickrige, schwarzgekleidete Kerl etwas, das nach Waffe aussah in der Hand hielt, hätte Frasther im Ernstfall doch seine ganze Kohle auf den Brüllaffen mit seinem dämlichen Piratenkopftuch gesetzt. Er linste genauer hin: Es schien ein Elektroschocker zu sein, womit das schwarzgekleidete Würstchen da herumwedelte.

      „Das werden wir ja noch sehen, wie lang dein Scheißladen hier noch durchkommt, wenn ich nicht mehr regelmäßig mein Geld hier liegenlasse!“, brüllte der große Kerl mit drohend erhobenem Zeigefinger.

      „Geh jetzt bitte endlich und komm einfach nicht mehr hier herein, nie wieder, okay? Danke!“, antwortete der Kerl mit dem Elektroschocker. Er wirkte wesentlich ruhiger und besonnener als das Piratenkopftuch.

      „Ich geh’ schon, aber das wird dir noch mal leid tun, das kannst du dir hinter die Ohren schreiben!“ Der Zeigefinger des Brüllaffen fuchtelte drohend hin und her.

      „Hallo, kann ich Ihnen behilflich sein?“ Ein ziemlich ausgehungert aussehender, weil spindeldürrer Typ mit einem sehr langen Rotschopf, den er zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, war vor ihm aufgetaucht und lächelte ihn für Frasthers Geschmack fast zu freundlich an. Das Bürschchen trug ein buntes Psychedelic-Hemd mit den Konterfeis der Beatles drauf und eine zerschlissene, beige Cordhose. Sein wild abstehender, roter Bart sah aus, als ob sich dort ganze Generationen von Läusen und Flöhen auf Dauer niedergelassen hatten – mit einem Wort, ein verfluchter Hippie. Offenbar war dieses halbverhungerte Blumenkind Verkäufer in diesem Laden.

      „Was hat er denn angestellt, der Depperte?“, fragte Frasther mit einem amüsierten Seitenblick auf die Szenerie.

      „Er hat ein kleines Mädchen erschreckt, das sich hier eine Techno-CD zur Probe anhören wollte…“, erklärte der Verkäufer mit entschuldigendem Blick.

      „Erschreckt? Weil er den Laden betreten hat?“, schmunzelte Frasther.

      „Nein, er hat das Mädchen angeschrien, dass sie gefälligst nicht so einen Mist anhören soll – ohne unser Eingreifen hätte er sie vermutlich sogar gezwungen, eine seiner Grindcore-Bands anzuhören.“

      Frasther lachte herzhaft auf: „So ein Spinner. Der wird auch immer noch dümmer, je älter er wird…“

      „Nun, es kann eben nicht jeder so vernünftig und besonnen sein, wie Sie oder ich“, schleimte der Verkäufer. „Doch lassen Sie mich bei ihrer Musikauswahl beraten – was suchen Sie denn?“

      „Ja, ich brauch' eine g'scheite Hardrock-Kassette, die ich noch nicht kenne. Hab’ schon lang nichts Neues mehr gekauft und keine Ahnung, was es da so gibt. Eventuell so was in der Art wie Dokken oder Raven?“

      Der Hippie machte große Augen. Das Geschrei, das der Brüllaffe veranstaltete, ging im Hintergrund immer noch unvermindert weiter, wenngleich es der Typ mit dem Elektroschocker inzwischen geschafft hatte, den Durchgedrehten bis auf einen Meter an den Ausgang heranzubugsieren.

      „Äh, da gibt es sicher etwas Neues, wenn mir auch diese Namen im Moment grad’ nichts sagen… ich kann ja mal im Computer nachschauen… aber haben Sie 'Kassette' gesagt?“

      „Hier würd’ ich nichts kaufen, in diesem Scheißladen, das sind Wucherer – der 'Mühler-Shop' am Stadtrand hat alle CDs um zwei bis drei Kröten billiger und eine bessere Auswahl hat der obendrein!“, brüllte der Wildgewordene herüber.

      „Na, dann würde ich vorschlagen, du gehst jetzt einfach zum 'Mühler-Shop', kaufst dort soviele CDs, wie’s dir beliebt und lässt uns hier in Ruhe…“, erwiderte das schwarzgekleidete Würstchen.

      „Ja, klar, Kassetten, keine CDs!“, antwortete Frasther brav dem Verkäufer und ignorierte das Geschrei. Jetzt hielten die beiden Streitenden inne und sahen fragend zu ihm herüber.

      „Was, Kassetten?“, fragten sie synchron. Der Hippie, der neben Frasther stand, blickte etwas ratlos zu den beiden hinüber und zuckte mit den Schultern.

      „Da gibt’s nix zum deppert schauen, ich hör' meinen Sound von Kassette, scheiß auf das ganze neumodische Zeug!“, erklärte Frasther lapidar. Dann wandte er sich wieder an den Hippie: „Und, hast' jetzt was für mich oder nicht?“

      „Wie gefällt Ihnen die Musik, die Sie gerade hören?“ Er deutete auf die Lautsprecher, aus denen gerade ein für Frasthers Empfinden unsägliches Gedudel ertönte. „Das ist die neue von Allan Brown, Progressive Anti-Bebop in seiner edelsten Form, ein musikalischer Avantgarde-Genuss der Sonderklasse…“

      „Kann schon sein, aber solange diese beiden Idioten hier“, er deutete auf das Piratenkopftuch und den Schwarzgekleideten, die bereits wieder laut miteinander wurden, „sich gegenseitig anbrüllen, hört man hier drin sowieso nix – und vor allem ist mir dein produktiver Antipop sowieso wurscht, ich will ordentliche Musik hören, kapiert? Anständigen Hardrock, mit stampfendem Rhythmus, scharfen Gitarrenriffs und einem ordentlichen Sänger, der sich die Lunge aus dem Leib brüllt!“

      Der Rotbart warf ihm einen kurzen Seitenblick zu. „Ich seh' mal im Computer nach, ob ich was für Sie finde“, sagte er und huschte davon.

      Frasther schüttelte den Kopf: Computer – hatte denn heutzutage keiner mehr ein eigenes Hirn? In einem Plattenladen zu arbeiten, konnte doch nicht so gottverdammt schwer sein.

      Seufzend trat er an einen Stapel, der mit “Metal S–Z“ beschriftet war und begann die Albumtitel durchzublättern. Jede Menge Totenköpfe, manchmal waren auch grimmig dreinblickende, langhaarige Typen mit weiß geschminkten Gesichtern, die ihre Gitarren wie Knarren in den Händen hielten, abgebildet. Jedoch nichts dabei, was er kannte. Hardrock war auch nicht mehr das, was er mal gewesen war: Seit so viele unterschiedliche Metal-Stile dazugekommen waren, kannte sich da doch keine Sau mehr aus. Manche von diesen Stilrichtungen bestanden nur aus wuchtigem Gedröhne und heiserem Grabes-Gegurgel, andere hackten rasend schnell auf die Trommeln und kreischten herum, als ob sie soeben einer Anstalt entsprungen wären. Es ging eben wirklich alles in den Arsch, sogar die Musik.

      „Von den Bands, die Sie genannt haben, gibt es nichts Neues, die werden hier als 'inaktiv' beziehungsweise 'aufgelöst' geführt…“, fing der Verkäufer einen Satz an und fuhr sich mit der Hand durch das Gestrüpp in seinem Gesicht.

      Der Knabe war wirklich phänomenal dünn, fiel Frasther auf – vermutlich hatte er psychische Probleme und litt an Essstörungen oder sowas; auf jeden Fall war es nicht normal, dass ein Mann mit Bart dermaßen untergewichtig durchs Leben schritt. Vielleicht hatte der arme Kerl eine Hopfen-Allergie und durfte kein Bier trinken? – Das würde das Fehlen jeglichen Bauchansatzes zumindest halbwegs erklären… Während er so sinnierte und der Hungerturm in den CD-Stapeln wühlte, schaffte es der schwarzgekleidete Kerl mit dem Elektroschocker, den laut protestierenden Brüllaffen aus dem Laden hinauszubugsieren. Kopfschüttelnd ließ er die Ladentür zuschnappen, dann verstaute er den Schocker irgendwo hinter dem Tresen.

      „… ich befürchte, dass es sehr schwierig sein wird, überhaupt etwas auf Kassette zu bestellen“, vollendete der Hippie seinen Satz. „Sie könnten aber doch auch eine CD kaufen und sie danach auf Tonband überspielen. Da hätten sie auch eine bessere Klangqualität“, fing er an, Frasther Dinge aufschwatzen zu wollen, nach denen er gar nicht gefragt hatte.

      Frasther drehte sich um und brüllte den Kerl an: „Ja, glaubst du denn, ich schaff' mir jetzt extra so ein Gerät an? Was seid ihr denn für ein Musikladen? Habt nicht mal Kassetten im Angebot und der schlaue Herr Computer da kann keine bestellen? Was sind denn das für Zustände?!“

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